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# taz.de -- Debatte um ein Parteiverbot: Mit allen Werkzeugen gegen die AfD
> In der Debatte um ein AfD-Verbot fordert Thüringens Innenminister, einen
> Antrag zu prüfen. Im Bundestag wird Widerstand gegen die Partei
> angekündigt.
Bild: Äußerte sich nicht zum Verbot: Bundesinnenministerin Faeser im Bundestag
Berlin taz | Die [1][AfD-Verbotsdebatte] nimmt weiter Fahrt auf. Auch in
den Ländern mehren sich Stimmen, die fordern, ein Verbotsverfahren gegen
die Partei zu prüfen. „Die AfD ist bei uns in Thüringen vom
Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft“, sagte
[2][Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD)] der taz. „Sie hat das Ziel,
die freiheitlich demokratische Grundordnung abzuschaffen. Auch bundesweit
gibt es bei der Partei in dieser Frage immer weniger Zweifel.“ Natürlich
müsse man die Partei inhaltlich stellen. „Aber wir kommen gar nicht
drumherum, auch einen Verbotsantrag zu prüfen.“
Neben der Bundesregierung und dem Bundestag könnte auch der Bundesrat einen
Verbotsantrag vor dem Bundesverwaltungsgericht stellen. Vor Maier hatten
sich schon Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und
[3][Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD)] für eine Verbotsprüfung
ausgesprochen.
Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schloss ein
Verbotsverfahren nicht aus, verwies aber auf die hohen Hürden und warnte,
dieses dürfe „kein Bumerang werden“. Saarlands Ministerpräsidentin Anke
Rehlinger (SPD) forderte, „die Sicherung von Beweisen und die Prüfung auch
rechtlicher Mittel, wo unsere Verfassung verteidigt werden muss“. Aber auch
sie erklärte, ein Verbotsverfahren dürfe man nur anstoßen, wenn es sicher
zum Erfolg führe, sonst verschaffe man der AfD „einen desaströsen Erfolg“.
Am Donnerstag hatten [4][50 Bundestagsabgeordnete nach einer taz-Umfrage]
gefordert, ein AfD-Verbotsverfahren zu prüfen. Um das Thema auf die
Tagesordnung des Parlaments zu setzen, braucht es 37 Abgeordnete. Offen ist
noch, ob sich die 50 Parlamentarier, die sich über alle Fraktionen
verteilen, darauf verständigen.
## Bundestag verspricht Solidarität
Über den Umgang mit der AfD debattierte am Donnerstag auch der Bundestag in
einer Aktuellen Stunde, auf Antrag von SPD, Grünen und FDP. Der Titel:
„Wehrhafte Demokratie in einem vielfältigen Land“. Fast alle der
demokratischen Redner*innen bezogen sich dabei auf den ersten Artikel
des Grundgesetzes, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Der SPD-Abgeordnete und Parteivorsitzender versprach Mitbürger*innen
mit migrantischem Familienhintergrund: „Wir passen auf euch auf. Wir werden
nicht zulassen, dass diese Menschen vertrieben werden. Wir stellen uns
schützend vor unsere Nachbarn, unsere Freunde, unsere Arbeitskollegen.“
Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann.
Wie sie das anstellen wollen? Das wird in weiten Teilen der Debatte nur
vage erkennbar. Es brauche eine bessere Politik, forderte der
Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Torsten Frei, und meint damit
vor allem die Bundesregierung. Diese Botschaft vertritt auch Philipp
Amthor. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD lehnten beide ab, man müsse die
Partei „politisch bekämpfen“. Und selbst wenn ein Verbotsverfahren
eingeleitet würde, könne dies aus ihrer Sicht nur die Bundesregierung
veranlassen.
Immer wieder störte die AfD die Debatte mit Gegenrufen. Teils betont den
Redner*innen abgewandt, wirkte es, als würde sie die gereizte Stimmung
einiger Parteimitglieder auf die [5][Correctiv-Recherche] überspielen
wollen. Vize-Fraktionschef Bernd Baumann kehrte das Treffen bei Potsdam
unter den Tisch und machte sich in seiner Rede mit der CDU gemein. „Was
irgendein Redner vorträgt, kann nicht der CDU oder AfD vorgeworden werden.“
Baumanns abschließende Worte klangen wie eine Drohung: „Der Wind dreht
sich. Für Deutschland kommt was Neues, ob sie wollen oder nicht.“
Mehrere Redner*innen der demokratischen Fraktionen kündigten dagegen
ihren Widerstand gegen Rechtsextremismus und die AfD-Politik an. Die Frage
blieb aber auch hier, wie dieser konkret aussieht.
In der taz-Umfrage hatten sich vor allem Abgeordnete der SPD, Grünen und
Linken für eine Prüfung eines AfD-Verbotsantrags ausgesprochen – [6][aber
auch drei von der Union und zwei der FDP]. In letzteren Fraktionen herrscht
insgesamt aber eine große Skepsis bis Ablehnung. Unions-Fraktionschef
Friedrich Merz nennt die AfD-Verbotsdebatte eine „Scheindebatte“, die AfD
müsse man politisch bekämpfen.
Auch die FDP-Abgeordnete und Spitzenkandidatin zur Europawahl, Marie-Agnes
Strack-Zimmermann, sagte der taz, sie sei gegen ein Verbot, weil sich die
AfD dann in einer Opferrolle inszenieren und dies auf fruchtbaren Boden
fallen könnte. „Wir nehmen den Fehdehandschuh auf und werden die AfD
politisch stellen als das, was sie ist: keine Alternative, sondern eine
Gefahr für Deutschland.“
## Die Wagenknecht-Gruppe lehnt ein AfD-Verbot ab
Ablehnend gegenüber einem Verbot zeigen sich auch [7][die
Linken-Abtrünnigen um Sahra Wagenknecht]. Die Forderung nach einem
AfD-Verbot sei „völlig falsch“ und schon die Diskussion darüber gefährli…
erklärte Wagenknecht zuletzt. Unliebsame Parteien zu verbieten, weil sie zu
stark würden, sei mit einer freien Gesellschaft unvereinbar. Sevim Dağdelen
sagte der taz, die Verbotsdebatte sei „ein hilfloser Versuch, vom Versagen
der Ampel abzulenken“. Amira Mohamed Ali erklärte, ein Verbotsverfahren sei
der falsche Weg. „Es braucht ein besseres Politikangebot, von dem sich die
Menschen wieder wirklich vertreten fühlen.“ Und Christian Leye erklärte,
ein Verbotsverfahren wirke, als werfe man „politisch das Handtuch“. Die
Ursache für den AfD-Erfolg sei „das Versagen der Politik“ und auch „ein
Versagen der Opposition, glaubwürdig für eine andere Politik zu stehen“.
Auch die Bundesregierung äußert sich bisher zurückhaltend zu einem
AfD-Verbotsverfahren. Die Pläne der AfD seien ein „menschenverachtender
Alptraum, den wir alle gemeinsam verhindern müssen“, sagte
SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag in der aktuellen
Bundestagsdebatte. Deshalb handle die Regierung. Ein Parteienverbot oder
ein auch debattierter Grundrechtsentzug bei Staatsfeinden, etwa bei Höcke –
zwei demokratische Werkzeuge, die im Grundgesetz verankert sind – spricht
Faeser in ihrer Rede nicht direkt an.
Dafür sagte sie, die Regierung nutze alle Instrumente, die der Rechtsstaat
zur Verfügung stelle. „Wir zerschlagen rechtsextreme Netzwerke. Wir
entfernen Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst. Wir bekämpfen
rechte Propaganda und Verschwörungstheorien aller Art.“ Und Faeser
versprach, die Opfer rechter Gewalt und die Menschen, die sich bedroht
fühlen, nicht alleinzulassen.
Auch die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grünen) ergriff das Wort und
bedankte sich bei den vielen Menschen, die bei den Protesten gegen rechts
und gegen die AfD in der vergangenen Woche [8][zu Zehntausenden auf die
Straße gingen]. „Wir werden die Vielfalt dieses Landes verteidigen“, sagte
Paus. Mit dem [9][Demokratiefördergesetz] werde man Initiativen noch weiter
und besser finanziell stärken.
## Skepsis auch in den Ländern
In den Ländern gibt es trotz der jüngsten Vorstöße von Regierungsvertretern
wie Georg Maier auch Skepsis. Diese teilt auch Maiers Kabinettskollege,
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der zuletzt auf die
hohen Hürden eines Verbots verwies. Auch Bayerns Markus Söder (CSU),
Baden-Württembergs Winfried Kretschmann (Grüne), Brandenburgs Dietmar
Woidke (SPD) oder Niedersachsens Stephan Weil (SPD) äußerten sich
ablehnend. „Ein gescheitertes Verbot würde dem Rechtspopulismus einen ganz
erheblichen Auftrieb verleihen“, warnte Weil.
Auch Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte der taz: „Öffentlich
ein Verbot der AfD zu diskutieren, bringt uns in der Sache nicht weiter.“
Bei einem Verbotsverfahren müssten „zu Recht sehr hohe rechtliche Hürden
genommen werden“. Bisher seien aber nur drei AfD-Landesverbände – die in
Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – vom Verfassungsschutz als erwiesen
rechtsextrem eingestuft worden. „Solange der Bund und die übrigen 13
Bundesländer noch nicht der Einstufung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen folgen können, bin ich skeptisch, dass die hohen
verfassungsrechtlichen Hürden für ein Verbotsverfahren derzeit genommen
werden können“, so Schuster.
Georg Maier dagegen forderte, nicht nur die Thüringer Landesregierung,
sondern auch die anderen Bundesländer müssten sich über einen Umgang mit
der AfD verständigen. Die Entwicklung der Partei sei „brandgefährlich“.
„Wir können dem nicht schlafwandlerisch zuschauen.“
18 Jan 2024
## LINKS
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[7] /Wagenknecht-Partei-gegruendet/!5982170
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[9] /Massnahmen-gegen-Rechtsextremismus/!5978971
## AUTOREN
Konrad Litschko
Adefunmi Olanigan
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