| # taz.de -- Wolfgang Seibert vor Gericht: Der Falschspieler | |
| > Als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg suchte Wolfgang Seibert | |
| > Anschluss an die linke Szene. Seine jüdische Familiengeschichte hatte er | |
| > erfunden. | |
| Bild: 2013: Wolfgang Seibert, damals noch Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde … | |
| Es ist gut fünf Jahre her, dass der damalige Vorsitzende der Jüdischen | |
| Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert, nach öffentlichem Druck [1][von | |
| seinem Amt zurücktrat]. Der Spiegel [2][hatte aufgedeckt], dass viele | |
| Elemente von Seiberts vorgeblicher Biografie erfunden waren – dazu zählte | |
| die Erzählung, seine Großeltern seien Auschwitz-Überlebende gewesen und | |
| sein Großvater habe auf Seiten der Republik im Spanischen Bürgerkrieg | |
| gekämpft. Auch sei Seibert kein echter, sondern lediglich ein „gefühlter | |
| Jude“, so der Titel des Spiegel-Artikels, das Zitat stammt von ihm selbst. | |
| Seitdem wurde über den Fall wie auch weitere vergleichbare Fälle öffentlich | |
| diskutiert. Über das Phänomen falscher und imaginierter Familiengeschichten | |
| zur NS-Verfolgung veröffentlichten wir – als ehemalige Weggefährten | |
| Seiberts und wissbegierige Autoren – im Mai 2022 den Gesprächsband | |
| „Phantastische Gesellschaft“. Behandelt wurde darin auch die Verantwortung | |
| des Publikums in Fällen falscher oder erfundener Familiengeschichten. | |
| Mit der nun erfolgten [3][Verurteilung von Wolfgang Seibert durch das | |
| Amtsgericht Itzehoe] wegen Untreue in 173 Fällen gerät ein anderer Aspekt | |
| in den Vordergrund: Geld. Zur Verhandlung stand die Veruntreuung von | |
| 19.342,57 Euro in den Jahren 2016 bis 2019. Dabei handelt es sich um | |
| Finanzmittel, die der Gemeinde zur Verfügung gestanden hätten. Abseits | |
| eines Verfahrens wegen des falschen Tragens eines Doktortitels ist dies der | |
| erste öffentliche Prozess, der Seiberts Fälschungen zum Thema hat. | |
| Als Erklärung des Handelns Seiberts reichten uns Motive der illegalen | |
| Aneignung von Geld nie aus. Wer in Deutschland schnell und ohne viel | |
| Aufwand zu Geld kommen will, versucht es vermutlich nicht in einer kleinen | |
| jüdischen Gemeinde nördlich von Hamburg. Die offenbar später erfundenen | |
| Familiengeschichten zur NS-Verfolgung waren nicht geeignet, über ein | |
| Nischenpublikum und das Feuilleton hinaus Aufmerksamkeit zu generieren, die | |
| sich auch monetär bedeutend nutzbar hätte machen lassen. Anders war es bei | |
| anderen „falschen Juden“ wie [4][Bruno Dössekker], der unter dem Namen | |
| Binjamin Wilkomirski als angeblicher Holocaust-Überlebender bekannt | |
| wurde. Er schrieb eine „Autobiografie“, die in neun Sprachen übersetzt | |
| wurde und von der immerhin über 67.000 Exemplare verkauft wurden. Der | |
| „autobiografische“ Bericht der belgischen Schriftstellerin [5][Misha | |
| Defonseca] kam 2007 sogar als Film in die Kinos. | |
| ## Fragwürdige Instrumentalisierungen | |
| Weder die These des US-Autors Norman Finkelstein von der | |
| „[6][Holocaustindustrie]“ noch die von dem Historiker Dirk A. Moses | |
| behauptete obsessive Fixierung auf die Holocaust-Erinnerung als | |
| „[7][Katechismus der Deutschen]“ beschreiben ansatzweise adäquat, wie es um | |
| die „Erinnerungskultur“ zum Nationalsozialismus bestellt ist. Die | |
| Auseinandersetzung ist viel weniger von Sprech- oder gar Denkverboten | |
| gekennzeichnet als durch Unwissenheit und fragwürdige | |
| Instrumentalisierungen. Uns trieb vor allem um, wie zu erklären ist, welche | |
| Geschichten Wolfgang Seibert über sich verbreitete und wer ihm, wie wir, | |
| bereitwillig zuhörte. Es handelte sich teilweise um durchaus | |
| klischeebeladene Narrationen von Auschwitz bis linker Militanz. | |
| Gleichzeitig brachen einige Splitter seiner Erzählung mit der allseits an | |
| Jüdinnen und Juden gerichteten Erwartungshaltung. Seine Familiengeschichte | |
| war die eines wehrhaften, linken Judentums in Deutschland. Anders auch als | |
| der Journalist Fabian Wolff, [8][dessen falsche Geschichte in diesem Sommer | |
| publik gemacht wurde], äußerte sich Seibert dezidiert israelsolidarisch. | |
| Dies waren Eigenschaften, die ihn im Feld der bundesdeutschen | |
| Erinnerungspraktiken zum Nationalsozialismus eher zu einer Ausnahme | |
| machten, als dem gefragten Bild versöhnlicher Nachfahren von | |
| Holocaust-Überlebenden zu entsprechen. | |
| Doch war persönliche Bereicherung gar ein Motiv für seinen Vorsitz der | |
| Gemeinde? Und wurden die vielen neuen Gemeindemitglieder, die meist keine | |
| Sprach- und Landeskenntnisse hatten und auf Menschen wie Seibert angewiesen | |
| waren, zum Vehikel dieser Bereicherung? | |
| „Wir treten dafür ein, verfolgten Juden in der DDR Asyl zu gewähren“, hie… | |
| es in einem Beschluss der letzten Volkskammer der DDR im Jahr 1990. In der | |
| „vereinten“ Bundesrepublik wurde diese Regelung 1991 bestätigt und | |
| anschließend umgesetzt. Seitdem sind etwa 220.000 Jüdinnen und Juden sowie | |
| Menschen mit jüdischen Vorfahren aus der ehemaligen Sowjetunion als | |
| „Kontingentflüchtlinge“ eingewandert. Ihre Anwesenheit trug maßgeblich da… | |
| bei, dass neue jüdische Gemeinden gegründet wurden, so auch in | |
| Schleswig-Holstein. Im Dezember 2002 gründeten 17 Mitglieder, unter ihnen | |
| Wolfgang Seibert, die liberale Jüdische Gemeinde Pinneberg mithilfe der | |
| Gemeinde des Kreises Segeberg und des Schleswig-Holsteinisches | |
| Landesverbandes. Sie wuchs schnell auf etwa 200 Mitglieder an, die genaue | |
| Zahl war jedoch nun ebenfalls Gegenstand des Gerichtsprozesses gegen | |
| Wolfgang Seibert. Auch israelische Staatsbürger kamen hinzu. Im Januar 2005 | |
| schloss der Landesverband einen Staatsvertrag mit der Landesregierung | |
| Schleswig-Holstein, der die finanzielle Versorgung der jüdischen Gemeinden | |
| sicherstellt. Ebenfalls 2005 erhielt die Gemeinde von der Stadt Pinneberg | |
| einen jüdischen Friedhof. Das Gemeindezentrum wurde 2010 fertiggestellt. | |
| „In Pinneberg sprach sich die Gründung der neuen jüdischen Gemeinde schnell | |
| herum, und viele der jüdischen Immigranten aus den Ländern der ehemaligen | |
| Sowjetunion kamen zu uns“, wurde Seibert in einem Artikel in der Jüdischen | |
| Allgemeinen von 2012 zitiert. In der Folge organisierte die Gemeinde unter | |
| anderem auch Deutschkurse für ihre Mitglieder. Nach Drohungen durch | |
| Rechtsextreme sowie einen Islamisten erhielt Seibert 2011 polizeilichen | |
| Personenschutz. | |
| 2013 verübten Unbekannte in der Nacht vom 9. auf den 10. November einen | |
| Anschlag auf das Gemeindezentrum. Seibert wurde daraufhin [9][in der taz | |
| mit den Worten zitiert,] der „materielle Schaden“ sei bloß das eine, viel | |
| verheerender sei die „symbolische Wirkung“. | |
| Nun stellt sich vor Gericht die Frage, ob Seibert selbst in diesen Jahren | |
| nicht nur symbolischen, sondern auch materiellen Schaden angerichtet hat. | |
| Am Donnerstag wurde vor dem Landgericht Itzehoe über die Veruntreuung aus | |
| der Gemeindekasse verhandelt. Die ursprüngliche Klage lautete sogar auf | |
| einen sechsstelligen Betrag, den die Staatsanwaltschaft jedoch nur in | |
| Teilen als erwiesen ansah. | |
| Seibert hat sich mit seiner erfundenen Familiengeschichte etwas angeeignet, | |
| was für andere sehr schmerzhaft ist: die familiäre Erfahrung von Verfolgung | |
| und Gewalt, die durch transgenerationale Weitergabe für viele Nachgeborene | |
| Teil ihrer Gegenwart ist. Er verkörperte zudem ein jüdisches, linkes | |
| Projekt. Über einen längeren Zeitraum war es ihm gelungen, die Pinneberger | |
| Jüdische Gemeinde in außerparlamentarische linke Politik einzubinden und | |
| eine gemeinsame Position zu vertreten. Wie viel Rückhalt diese | |
| Zusammenarbeit in der Gemeinde hatte, auch darüber gibt es nun sehr | |
| unterschiedliche Meinungen. Öffentliches Auftreten birgt für Jüdinnen und | |
| Juden in Deutschland immer noch eine große Gefahr in sich. Für einige war | |
| daher auch ein Kritikpunkt an Seibert als Gemeindevorsitzendem, sich in | |
| dieser Form öffentlich zu positionieren. Zu sehr sahen sie dadurch die | |
| Gemeinde in der Öffentlichkeit und befürchteten weitere Angriffe. | |
| Durch seine Fälschung hat Seibert einen großen Teil seiner politischen | |
| Arbeit entwertet und die vorher bereits geäußerten Befürchtungen bestätigt. | |
| War für uns lange Zeit noch sein Anspruch, – mit falschen Mitteln – für | |
| emanzipatorische Politik einzutreten, eine vorstellbare Motivation, stellt | |
| das Gerichtsverfahren diese Motivlage infrage. Es ist aus heutiger | |
| Perspektive nicht mehr sicher, was ihn motiviert hat. | |
| Bei einer vor Kurzem gemeinsam durchgeführten Veranstaltung betonte Miklós | |
| Klaus Rózsa, ein gemeinsamer Weggefährte, er hege in Gegensatz zu anderen | |
| „falschen Juden“ keinen Groll gegen Seibert. Das liege an den politischen | |
| Positionen, die sie auf gemeinsame Podien gebracht haben: Wolfgang Seibert | |
| trat immer als israelsolidarischer Antifaschist in Erscheinung. Das | |
| unterscheidet ihn von einigen anderen Akteur:innen wie Fabian Wolff, | |
| dessen Erfolg eben auch darin begründet lag, dass er durch die von ihm | |
| erfundene Zugehörigkeit seine Sprechposition glaubte zu legitimieren. | |
| Gleichzeitig wurde seinen Argumentationen durch seine erfunden | |
| Zugehörigkeit mehr Bedeutung zugesprochen. Seine antiisraelischen Artikel | |
| entsprachen vor allem dem Bedürfnis eines nichtjüdischen Publikums. | |
| Inhaltliche Sorgfalt oder überzeugende Argumentation waren weniger wichtig | |
| als seine vorgebliche Zugehörigkeit zum Judentum. | |
| Ähnlich wie Wolff machte sich Seibert das Bedürfnis seines Publikums | |
| zunutze, die Nähe einer Sprechposition zu suchen, die der eigene | |
| familiäre Kontext nicht ermöglicht. Er entsprach damit einem Bedürfnis | |
| nach Identifikation mit den Opfern, das angesichts der Gewaltgeschichte des | |
| Nationalsozialismus nachvollziehbar, aber weder erkenntnisfördernd noch | |
| moralisch integer ist. Die Überbetonung der Sprechposition kann zur | |
| Instrumentalisierung ebenjener Erzählung führen und eine Auseinandersetzung | |
| basierend auf Empathie verstellen. Gerade in Deutschland jedoch hat die | |
| Opfererzählung in Bezug auf den Nationalsozialismus auch entlastende | |
| Funktionen für die Gesellschaft: Sie umgeht die Auseinandersetzung mit | |
| Täterschaft. Und sie knüpft an bereits während des Krieges etablierte | |
| Erzählungen nichtjüdischer deutscher Opfer an, etwa von Bombardierungen, | |
| Flucht und Vertreibung. | |
| ## Differenz zwischen Tätern und Opfern | |
| Das Bedürfnis, sich mit Opfern zu identifizieren, stellen Personen wie | |
| Seibert in gesteigerter Form dar. In ihrem Handeln jedoch entsprechen sie | |
| dem Bedürfnis der breiten Gesellschaft, sich der historischen Verantwortung | |
| zu entziehen. Dazu gehörte es, sich unabhängig von Fakten auf die | |
| „unschuldige“ Seite der Geschichte schlagen zu können. Auf diese Weise | |
| entflohen solche Personen dem Spannungsfeld einer fundamentalen Differenz | |
| zwischen Opfern und Tätern – ein wesentliches Kriterium historischer | |
| Verantwortung. | |
| Das unregelmäßige Aufdecken und die anschließende Skandalisierung von | |
| falschen und erfundenen Familiengeschichten im Kontext des | |
| Nationalsozialismus deutet darauf hin, dass die deutsche Gesellschaft bis | |
| in die Gegenwart durch die NS-„Vergangenheit“ geprägt ist. Während sich | |
| zuletzt auf der einen Seite ein regelrechter Aufarbeitungsstolz etabliert | |
| hat, dient das neurechte Schlagwort „Schuldkult“ immer häufiger der | |
| Abwertung der als hegemonial bezeichneten „Erinnerungskultur“. Anschläge | |
| auf Erinnerungsorte zum Nationalsozialismus häuften sich in diesem Jahr | |
| besonders. Auch die Parole „[10][Free Palestine from German guilt]“ | |
| entspringt teilweise dem Wunsch, diese Vergangenheit auf sich beruhen zu | |
| lassen. | |
| Der Jüdischen Gemeinde Pinneberg hat Seibert zweifelsfrei Schaden zugefügt, | |
| sowohl intern als auch öffentlich. In den vergangenen vier Jahren kam es | |
| innerhalb der Gemeinde immer wieder zu Auseinandersetzungen, die als Folgen | |
| der Fälschung von Seibert zu sehen sind. Gleichzeitig ist es politisch | |
| verantwortungslos und indiskutabel, der Öffentlichkeit im Kontext der | |
| Schoah Geschichten zu erzählen, über deren Herkunft man sich nicht sicher | |
| ist. Dies entbehrt jeder Verantwortung gegenüber der Geschichte der | |
| NS-Vernichtung, ihres Nachlebens und Fortwirkens – vor allem aber wird das | |
| Leid der Opfer für die Inszenierung der eigenen Person instrumentalisiert | |
| und missbraucht. | |
| Und auch die persönliche Aneignung von Geld, das für jüdisches Leben | |
| bestimmt war, offenbart die Gleichgültigkeit gegenüber dem historischen | |
| Hintergrund, namentlich des Raubs an Jüdinnen und Juden im | |
| Nationalsozialismus. Hier klaute nicht nur jemand Geld und Sachwerte, | |
| sondern es waren auch in ihrer Mehrheit zugewanderte, aus den Ländern der | |
| ehemaligen Sowjetunion stammende Mitglieder der Gemeinden, die Schaden | |
| erlitten. Einigen von ihnen dürfte auch die sowjetischen Enteignungen und | |
| Zwangskollektivierungen teils explizit jüdischen Vermögens familiär | |
| eingeschrieben sein. | |
| Im Deutschen Reich war bereits seit den Novemberpogromen im Jahr 1938 | |
| jüdisches Vermögen staatlicherseits und auch privat geplündert worden. Ab | |
| der deutschen Besatzungsherrschaft 1941 konfiszierten die Besatzer dann | |
| jegliches jüdisches Vermögen und führten es der Kriegswirtschaft zu. Einige | |
| Nationalsozialisten und einheimische Helfer:innen bereicherten sich | |
| persönlich auf diese Weise. Der Raub zog sich durch die gesamte | |
| Besatzungsherrschaft: Häuser, Firmen und Fabriken, Möbel, wertvolle | |
| Gebrauchsgegenstände, Bargeld, Sparbücher, Devisen, Gold und Edelsteine, | |
| Schmuck, Kultureinrichtungen, Bankguthaben. | |
| ## Ressentiments gegen die „Kontingentflüchtlinge“ | |
| Die Zugewanderten aus der ehemaligen Sowjetunion und ihre Nachfahren haben | |
| beileibe nicht alle und nicht nur Geschichten von der NS-Verfolgung zu | |
| erzählen, und doch ist dieser Zusammenhang keineswegs irrelevant. Erst | |
| heute thematisieren viele Nachfahren von „Kontingentflüchtlingen“ die | |
| ressentimentgeladene Stimmung, amalgiert aus antislawischem Rassismus und | |
| dem Narrativ über die „Ostjuden“, die ihnen hierzulande widerfuhr und | |
| widerfährt. Viele damals Eingewanderte leben heute in Deutschland in Armut. | |
| Mehr als 93 Prozent von ihnen sind heute auf Grundsicherung im Alter | |
| angewiesen. Für den Zeitraum von Seiberts Gemeindevorsitz gab es in der | |
| Gemeinde dazu eine Vielzahl von Personen, deren Deutschkenntnisse | |
| eingeschränkt waren. | |
| In Anbetracht des Erbes von „Arisierung“, Raub und Zwangsabgaben erscheint | |
| es besonders perfide, über jüdische Gemeinden in Deutschland Geld an sich | |
| zu nehmen, das einem nicht zusteht. Es besteht ein grundlegender | |
| symbolischer Unterschied zwischen den nun verhandelten Einverleibungen und | |
| früheren nachgewiesenen Betrugsfällen, für die Seibert bereits teilweise | |
| verurteilt wurde. | |
| Für die Beurteilung des Falls Wolfgang Seibert liegen nun, mehr als fünf | |
| Jahre nach Bekanntwerden des Schwindels, neue Fakten vor, mit der auch das | |
| Motiv der persönlichen Bereicherung plausibler wird. Dies reicht allerdings | |
| nach wie vor nicht aus, um das hier beispielhaft erfahrbare Phänomen | |
| hinreichend zu beschreiben. Unklar bleibt im Fall Seibert, ob die Indizien | |
| für einen vorsätzlichen und heimtückischen Plan sprechen. Doch um zu | |
| wissen, dass diese Symbolik triggert, bedurfte es dessen auch nicht. Über | |
| das dafür notwendige Wissen zu den Verbrechen des Nationalsozialismus | |
| verfügte Seibert zweifelsohne. Die moralischen wie erinnerungspolitischen | |
| Fragestellungen, die sein Fall aufwirft, bleiben gesamtgesellschaftlich zu | |
| beantworten. | |
| Während Seibert dem Staat Geld über die jüdischen Gemeinden entzogen hat, | |
| hat er den Nachfahren der Täter:innen, Mitläufer:innen, Profiteur:innen | |
| und Zuschauer:innen des Nationalsozialismus in ihrer | |
| Auseinandersetzung mit ihren Vorfahren nichts „weggenommen“. Es steht ihnen | |
| frei, sich dieser Vergangenheit zu widmen, ohne Mythen zu folgen oder | |
| Geschichten zu erfinden. | |
| Johannes Spohr, 40, ist Historiker und betreibt in Berlin den | |
| Recherchedienst present past zum Nationalsozialismus in Familie und | |
| Gesellschaft. Wolfgang Seibert traf er bei Veranstaltungen zu linkem | |
| Antisemitismus. | |
| Clemens Böckmann, 35, machte seinen Abschluss an der Muthesius | |
| Kunsthochschule in Kiel. Er lebt in Leipzig und forscht zu den | |
| Möglichkeiten biografischen Erzählens. Wolfgang Seibert ist er in Hamburg | |
| begegnet. | |
| 9 Dec 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ruecktritt-nach-Spiegel-Vorwuerfen/!5546072 | |
| [2] https://www.spiegel.de/panorama/wolfgang-seibert-ein-hochstapler-und-seine-… | |
| [3] /Wolfgang-Seibert-vor-Gericht/!5976664 | |
| [4] https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/auf-den-spuren-einer-luege/ | |
| [5] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/frau-gab-sich-als-holocaust-u… | |
| [6] /Protest-gegen-Norman-Finkelstein/!5147339 | |
| [7] /Debatte-um-Erinnerungskultur/!5773157 | |
| [8] /Falscher-Jude/!5946771 | |
| [9] /Anschlag-in-der-Nacht-des-9-November/!5055151 | |
| [10] /Free-Palestine-from-German-Guilt/!5967918 | |
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| Johannes Spohr | |
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