# taz.de -- Protest gegen Norman Finkelstein: Finkelstein darf sprechen | |
> Die einen werfen ihm Antisemitismus vor, andere halten ihn für einen | |
> klugen linken Kritiker: Nächste Woche wird Norman Finkelstein in Berlin | |
> auftreten. Böll- und Luxemburg-Stiftung haben sich bereits distanziert. | |
Bild: Ob er wieder so umlagert sein wird? Finkelstein auf der Pressekonferenz v… | |
Der umstrittene US-amerikanische Politikwissenschaftler Norman Finkelstein | |
wird kommende Woche einen Vortrag in Berlin halten, veranstaltet von | |
mehreren propalästinensischen Initiativen. Finkelstein, dem Kritiker | |
Antisemitismus vorwerfen, soll dabei über den Gazakrieg Anfang 2009 und | |
mögliche Lösungen für den Konflikt im Nahen Osten sprechen. Die schon | |
länger geplante Veranstaltung stand zuletzt auf der Kippe: Mehrere linke | |
Gruppen und die Jüdische Gemeinde zu Berlin hatten dagegen protestiert; | |
daraufhin wurden Raumzusagen zurückgezogen. Nun wird Finkelstein am Freitag | |
einen Vortrag in der Ladengalerie der Tageszeitung Junge Welt halten. Das | |
Ökumenische Zentrum für Umwelt-, Friedens- und Eine-Welt-Arbeit, einer der | |
übrig gebliebenen Veranstalter, erklärte, es freue sich, dass "die Räume so | |
kurzfristig zur Verfügung gestellt" wurden. | |
Unter dem Motto "1 Jahr nach dem Überfall der israelischen Armee auf Gaza - | |
die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung | |
der palästinensischen Bevölkerung" soll Finkelstein einen Vortrag über den | |
Goldstone-Bericht der UN halten, eine Untersuchung über den Gazakrieg. | |
Finkelstein ist in der linken Szene und auch unter Historikern sehr | |
umstritten, seit er im Jahr 2000 das Buch "Die Holocaustindustrie. Wie das | |
Leiden der Juden ausgebeutet wird" veröffentlicht hat. Seine These: Das | |
amerikanische Judentum habe eine sogenannte Holocaustindustrie geschaffen, | |
um sich am Holocaustgedenken zu bereichern und Unterstützung für den Staat | |
Israel zu erpressen. Seine Kritiker wie der Politologe Matthias Künzel | |
halten ihn für einen Antisemiten und Geschichtsrevisionisten. Seine | |
Anhänger sehen in Finkelstein einen ernst zu nehmenden Wissenschaftler. | |
Die für den 26. Februar geplante Veranstaltung sollte ursprünglich in der | |
evangelischen Trinitatis-Kirche in Charlottenburg stattfinden. Nach | |
heftiger Kritik aus der Gemeinde zogen die Verantwortlichen die Zusage für | |
den Raum zurück. Pfarrer Ralf Daniels dazu: "Die Thesen von Herrn | |
Finkelstein sind mit den Vorstellungen der Gemeinde nicht zu vereinbaren." | |
Auch das Bildungswerk der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung hatte seine | |
Zusage revidiert. "Wir haben nicht bedacht, dass es solch einen Zirkus um | |
die Person Finkelstein geben würde", sagte Geschäftsführer Helmut Adamschek | |
der taz. | |
Kurzfristig sollte Finkelsteins Auftritt daraufhin in die Räume der | |
Linkspartei-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung verlegt werden, doch auch sie | |
erteilte den Veranstaltern letztlich eine Absage. "Finkelsteins Thesen sind | |
auch in unserem Haus äußerst umstritten", erklärt Henning Heine, der | |
Sprecher der Stiftung. Man habe die politische Brisanz der Veranstaltung | |
unterschätzt. | |
Finkelstein sei "kein Demagoge, sondern nur ein scharfer Kritiker", hält | |
Joachim Varchmin vom Arbeitskreis Nahost, einem der Veranstalter, dagegen. | |
Die Organisatoren sehen dementsprechend keinen Grund, den Vortrag | |
abzusagen. Sie soll am 26. Februar um 19 Uhr in der Torstr. 6 stattfinden. | |
JOACHIM VARCHMIN, MITVERANSTALTER | |
19 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Zoé Sona | |
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