# taz.de -- Entscheidung über Bundeshaushalt: Einig unsozial | |
> Die Erhöhung des CO₂-Preises ohne sozialen Ausgleich ist ungerecht. Die | |
> Ampel muss endlich Geringverdiener durch ein Klimageld entlasten. | |
Bild: Die FDP will kein Geld für den Umverteilungsmechanismus freigeben. Weil … | |
Wenn man Klimaschutz so betreibt wie die Ampelkoalition, muss man sich | |
nicht wundern, wenn einem die WählerInnen davonlaufen. Die Einigung von | |
SPD, Grünen und FDP zum Haushalt 2024 risikiert, dass weniger Menschen den | |
Klimaschutz unterstützen. Denn sie ist sozial ungerecht und eine | |
Steilvorlage für die CDU, aber auch für die AfD. | |
Das größte Aufregerthema im Haushaltspaket ist, dass der CO₂-Preis für | |
Heizöl, Gas, Benzin und Diesel zum 1. Januar stärker steigt als bisher | |
geplant. Das ist gut fürs Klima, weil dadurch Brennstoffe mit viel | |
Treibhausgasen weniger verwendet werden. Aber den Aufpreis muss jeder | |
zahlen, unabhängig vom Einkommen. Gerade weil sie so wenig verdienen, | |
zahlen ärmere Menschen einen größeren Anteil ihres Budgets für Energie. | |
Deshalb trifft sie der CO₂-Preis stärker als wohlhabendere. In der Praxis | |
wird es so laufen: Viele Reiche werden weiter ihre Häuser mit Gas auf 22 | |
Grad heizen, Menschen mit niedrigeren Einkommen dagegen werden sparen und | |
die Temperatur senken müssen. | |
Für die ganz Armen, die Bürgergeldempfänger, übernimmt der Staat zwar die | |
Heizkosten. Aber auch diese Gruppe wird stärker belastet, weil die | |
Koalition ebenfalls den Milliardenzuschuss zu den Stromnetzentgelten | |
streicht und so Elektrizität verteuert. Zudem treiben höhere Energiekosten | |
die Preise zum Beispiel von Lebensmitteln in die Höhe. Das wird die | |
Inflation befeuern, die in Deutschland immer noch deutlich über dem | |
Zielwert von 2 Prozent liegt. | |
Nun argumentiert die Ampelkoalition, die Erhöhungen seien nur gering. „Im | |
Vergleich zu 2023 dürfte sich der Liter Benzin um [1][rund 4,3 Cent] und | |
der Liter Diesel um rund 4,7 Cent verteuern“, schreibt der Allgemeine | |
Deutsche Automobil-Club (ADAC). Das wären rund 3 Prozent des heutigen | |
Preises. Für einen vierköpfigen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von | |
20.000 Kilowattstunden Gas bedeutet der höhere CO₂-Preis Mehrkosten von 60 | |
Euro netto im Jahr, hat das Vergleichsportal [2][Check24] berechnet. Dazu | |
kommen um die 60 Euro zusätzlich für den Strom. Diese Zahl hat der | |
Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz für einen Durchschnittshaushalt mit 3.500 | |
Kilowattstunden Jahresverbrauch genannt. | |
## Die FDP bremst | |
Das sind für viele VerbraucherInnen in der Tat überschaubare Beträge. Aber | |
Geringverdiener werden auch diese schmerzen. Vor allem aber haben [3][die | |
Erhöhungen ein großes Verhetzungspotenzial]. Schließlich lässt sich mit | |
Recht behaupten, dass sie unsozial sind. Nicht umsonst kritisieren diesen | |
Punkt nicht nur AfD und CDU, sondern auch die Vereinte | |
Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), der Sozialverband VdK und die | |
Linkspartei. | |
Die Kritik stößt auf Resonanz. Schon vor der Haushaltseinigung sahen 55 | |
Prozent der BundesbürgerInnen durch die Energie- und die Verkehrswende den | |
sozialen Zusammenhalt in Gefahr, wie eine am Donnerstag veröffentlichte | |
Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Nur rund 20 Prozent empfinden den | |
Angaben zufolge die Art der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen als | |
„gerecht“. | |
Deshalb muss die Koalition dringend das Klimageld einführen. Damit könnte | |
der Staat einen großen Teil des CO₂-Preises an die BürgerInnen | |
zurückzahlen. Arm wie Reich würden den gleichen Betrag erhalten, obwohl | |
Bezieher niedriger Einkommen in der Regel weniger Treibhausgasemissionen | |
verursachen und deshalb absolut gesehen weniger für den CO₂-Preis zahlen. | |
Das wäre der soziale Ausgleich, der den Rückhalt für den Klimaschutz in der | |
Bevölkerung stärken würde. | |
Die Ampelparteien haben so einen Mechanismus auch in ihrem | |
Koalitionsvertrag vereinbart. [4][Aber gerade die FDP bremst], weil ihr | |
Finanzminister Christian Lindner angeblich keinen Weg findet, um das Geld | |
auch jedem Haushalt in Deutschland auszuzahlen. Das ist lächerlich. | |
Österreich hat das Problem schon gelöst. In Wirklichkeit will die FDP | |
einfach nicht das Geld für diesen Umverteilungsmechanismus freigeben. Weil | |
da ja mal Arme auf Kosten von Reichen profitieren würden. | |
15 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/auto-kaufen-verkaufen/kfz-steuer/co2-… | |
[2] https://www.check24.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/gaspreise-2024… | |
[3] /Einigung-im-Haushaltsstreit/!5976205 | |
[4] /Debatte-ueber-Buergergeld/!5974050 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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