# taz.de -- Neue Denkfabrik für Klimaschutz: Nahverkehr statt E-Auto-Prämie | |
> Ein neuer parteiübergreifender Thinktank macht sich Gedanken, wie | |
> Klimaschutz für alle funktionieren kann. Denn derzeit klappt das nicht. | |
Bild: Nahverkehr für alle, statt E-Autos für viele: Haltestelle in München | |
BERLIN taz | Klimaschutz ist derzeit kein Thema, das Begeisterung weckt. | |
Das erleben die Grünen schmerzlich. Für die Mehrheit der Deutschen ist das | |
wichtigste politische Problem derzeit die (zu hohe) Zuwanderung. | |
[1][Klimawandel und Umweltschutz folgen laut ARD-Deutschlandtrend] vom | |
Oktober erst auf Platz zwei. | |
Dass Klimaschutz so in Verruf geraten ist, daran ist auch die Politik | |
schuld. Findet jedenfalls der SPD-Politiker Thomas Losse-Müller. „Wir haben | |
uns zu wenige Gedanken gemacht, wie wir Klimaschutz sozial gerecht | |
realisieren“, so Losse-Müller zur taz. Und meint damit auch die Ampel und | |
seine eigene Partei, die SPD. | |
Der [2][schleswig-holsteinische Oppositionsführer, der als Spitzenkandidat | |
gegen Daniel Günther von der CDU verlor,] hat nun zusammen mit | |
Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaftler:innen einen | |
Sozial-Klimarat gegründet. Die neue Denkfabrik soll sich Gedanken machen, | |
was in der Klimapolitik schiefläuft und was besser werden muss. Die These: | |
Damit Klimaschutz für alle funktionieren kann, muss er auch Teil der | |
öffentlichen Daseinsvorsorge sein und gemeinschaftlich finanziert werden. | |
Auf der Auftaktveranstaltung des neuen Thinktanks am Dienstag diskutieren | |
etwa SPD-Parteichef Lars Klingbeil und die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. | |
Zu Wort kommen aber auch Vertreter:innen von Fridays for Future, der | |
gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung oder die Vorsitzenden der | |
Sozialverbände Deutschlands, VdK und SoVD. | |
## Klimaschutz als Daseinsfürsorge | |
Losse-Müller und sein neuer Thinktank haben vorab eigene Thesen formuliert, | |
die der taz vorliegen. Mit der gegenwärtigen Klimapolitik geht | |
Losse-Müller, der erst 2020 von den Grünen zur SPD wechselte, in dem Papier | |
hart ins Gericht. „Für sehr viele Haushalte ist bislang nicht klar | |
aufgezeigt, wie sie aus eigener Kraft klimaneutral werden können“, heißt es | |
in den Thesen, die der taz vorliegen. Die Höhe der notwendigen | |
Investitionen in klimaneutrale Wärme und Mobilität übersteige ihre | |
Möglichkeiten oftmals bei Weitem. | |
Losse-Müller und seine Mitstreiter:innen schlagen ein radikales | |
Umdenken vor: Weg von der kleinteiligen und individuellen Förderung hin zu | |
breiten Investitionen in staatliche Infrastruktur in Wärme und Mobilität. | |
„Klimaschutz muss als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge verstanden | |
werden“, heißt es in dem Papier. Denn: „Für die meisten Haushalte sind | |
öffentliche Infrastrukturen die einzige Möglichkeit, überhaupt klimaneutral | |
leben zu können.“ | |
Vereinfacht könnte man sagen: Die Politik soll sich um Nahverkehr für alle | |
kümmern, statt E-Autos für viele zu finanzieren und sich auf den Ausbau von | |
Wärmenetzen statt Wärmepumpen konzentrieren. | |
## Staat ist in der Pflicht | |
Die bisherige Klimapolitik mit dem Fokus auf individuellen Anreizen sieht | |
der SPD-Politiker sogar zum Teil kontraproduktiv. Je mehr Haushalte mit | |
Solar- und Wärmepumpen in ihre eigene Klimapolitik investieren könnten, | |
desto höher seien die Kosten für diejenigen, die das nicht schafften und | |
weiter auf das Netz angewiesen seien, heißt es in dem Papier. Ähnliches | |
gelte für den Nahverkehr und dem Umstieg auf E-Pkw. | |
Der Volkswirt sieht daher den Staat in der Pflicht. „Leistungsfähige | |
öffentliche Infrastrukturen sind eine zentrale Voraussetzung für sozial | |
gerechten Klimaschutz. Sie müssen gegenüber individuellen | |
Anpassungsstrategien priorisiert werden.“ Damit der Staat in der Lage ist, | |
die notwendigen Investition zu stemmen, fordert Losse-Müller staatliche | |
Kredite und sozial gerechte Steuererhöhungen. | |
Das wollen im Grunde auch SPD und Grüne. Die Ampel praktiziert aber derzeit | |
das Gegenteil: Sie hat sich im Koalitionsvertrag zu Einhaltung der | |
Schuldenbremse verpflichtet und Steuererhöhungen ausgeschlossen. Viel | |
Diskussionsbedarf also. | |
14 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-moma-102… | |
[2] /Wahl-in-Schleswig-Holstein/!5849196 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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