# taz.de -- Nach Karlsruher Urteil zum Bundes-Etat: Bangen um Bahnsanierung | |
> Die Haushaltskrise betrifft auch die Deutsche Bahn. Dem Staatskonzern | |
> droht ein Milliardenloch. Doch es gibt Ideen, woher Geld kommen könnte. | |
Bild: Das Schienennetz der Bahn braucht dringend Sanierungsarbeiten | |
Berlin taz | Die Turbulenzen in der Haushaltsplanung sorgen auch bei der | |
Deutschen Bahn für Unsicherheit. 12,5 Milliarden Euro sollten aus dem | |
Klima- und Transformationsfonds (KTF) in die Sanierung der | |
Schieneninfrastruktur fließen. Dieses Geld müsse nun schnell anderweitig | |
gesichert werden, fordern der Fahrgastverband Pro Bahn und das | |
Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene. „[1][Das Urteil des | |
Bundesverfassungsgerichts] darf keine Auswirkungen haben auf die Sanierung | |
der Bahn“, sagte Pro-Bahn-Sprecher Detlef Neuß der taz. „Kürzungen können | |
wir uns nicht leisten. Ohne die Finanzierung der Bahnsanierung kommt die | |
Verkehrswende nicht voran“. | |
Das deutsche Schienennetz sei überaltert, sagte eine Sprecherin des | |
Konzerns der Nachrichtenagentur Reuters. Die Bahn kämpfe deshalb mit | |
„massiven Qualitäts- und Kapazitätseinschränkungen“. Das heißt: mit | |
Verspätungen, Ausfällen, Personalmangel. 39,5 Milliarden Euro wollte der | |
Bund lockermachen und belastete Strecken bis 2030 generalsanieren. | |
Nach Informationen aus dem Verkehrsministerium drohen aus dieser Summe | |
jetzt nicht nur die 12,5 Milliarden aus dem KTF herauszufallen. Offenbar | |
wackeln weitere 12,5 Milliarden Euro, mit denen der Bund das Eigenkapital | |
der Bahn aufzustocken plante – auch diese Finanzspritze könnte für | |
verfassungswidrig erklärt werden, das gilt allerdings als höchst | |
umstritten. | |
Am Dienstag traf sich der Aufsichtsrat der Bahn zu einer Sondersitzung. | |
Eine klare Lösung sei dort nicht gefunden worden, hieß es von | |
Teilnehmer:innen. Die für 2024 geplante [2][Generalsanierung der Riedbahn | |
zwischen Frankfurt am Main und Mannheim], einer Kernstrecke des deutschen | |
Schienennetzes, stehe jedoch Stand jetzt nicht auf der Kippe. Die Deutsche | |
Bahn ließ eine Anfrage der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet. | |
## Einnahmen aus Lkw-Maut könnten Sanierung sichern | |
„Die meisten Infrastrukturprojekte haben eine lange Vorlaufzeit“, erklärte | |
Verkehrspolitiker Matthias Gastel (Grüne) der taz. Ausschreibungen, | |
Vergabeverfahren und Umsetzungen seien von langfristiger | |
Finanzierungssicherheit abhängig. „Jetzt wissen wir im November 2023 noch | |
nicht mal, wie viel die Deutsche Bahn im Jahr 2024 kriegen wird. Das ist | |
ein Dilemma“, sagte Gastel. | |
Sein Parteikollege Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen | |
im Bundestag, sieht es optimistischer: Vor Kurzem hat der Bund eine | |
Erhöhung der Lkw-Maut beschlossen. Die Mauteinnahmen dienen als | |
wesentliche Finanzierungsquelle für die Schienensanierung, damit sei ein | |
Großteil der nötigen Gelder jährlich sicher, sagte Gelbhaar. In | |
Regierungskreisen hieß es am Mittwoch außerdem, es sei wahrscheinlich, dass | |
die Ampelkoalition [3][die Schuldenbremse für das Jahr 2023 nachträglich | |
aussetzt]. „Dann hätten wir an sich kein Finanzierungsproblem mehr“, sagte | |
Gastel – vorausgesetzt, die Bundesregierung gebe die geplanten Gelder für | |
die Schienensanierung am Ende der Haushaltsverhandlungen tatsächlich frei. | |
Wenn es nach Pro Bahn und Allianz pro Schiene geht, kann das fehlende Geld | |
aus dem KTF auch anders kompensiert werden: „Die Ideen sind ganz klar“, | |
sagte Neuß von Pro Bahn. „Man könnte die umweltschädlichen Subventionen | |
drastisch kürzen, also endlich eine Kerosinsteuer einführen, Diesel nicht | |
mehr weiter subventionieren und das Dienstwagenprivileg streichen.“ Nach | |
Schätzungen des Fahrgastverbands würde das reichen, um die Lücke zu | |
schließen. Die Bundesregierung hätte [4][Regelungen wie das | |
Dienstwagenprivileg] bisher allerdings nicht sicher als klimaschädlich | |
anerkannt. | |
Das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium erklärte gegenüber der taz, es | |
werde beraten, wie die durch das Urteil entstandene finanzielle Lücke „für | |
wichtige Projekte und Vorhaben im Ressort – etwa die Sanierung der Bahn – | |
geschlossen werden kann“. | |
23 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Karlsruher-Urteil-zu-Klimafonds/!5969800 | |
[2] /Investitionsstau-auf-der-Schiene/!5960470 | |
[3] /Fehlende-60-Milliarden-Euro/!5974821 | |
[4] /Umweltverbaende-gegen-grosse-E-Autos/!5968355 | |
## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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