# taz.de -- Soziale Ungleichheit: Reiche treiben Klimakrise massiv an | |
> Die Erde steuert auf fast drei Grad Erhitzung zu, zeigt ein UN-Bericht. | |
> Die Unterschiede, wer wie viel zur Klimakrise beiträgt, sind groß. | |
Bild: Hoher Treibstoffverbrauch, nur zum Spaß: Motorboot bei der Classic Week … | |
BERLIN taz | Privatjets, Jachten, klimatisierte Villen, große Autos, Pools: | |
Das reichste Prozent der Menschheit verursacht durch seinen Lebensstil etwa | |
so viel CO2-Emissionen wie die „unteren“ zwei Drittel. Auf der einen Seite | |
stehen rund 77 Millionen Menschen, auf der anderen 5 Milliarden. Das ist | |
[1][Ergebnis einer Studie] der Entwicklungsorganisation Oxfam, die am | |
Montag erschienen ist. | |
Zum weltweit reichsten Prozent gehören demnach Menschen mit einem | |
Jahreseinkommen über 140.000 US-Dollar. Die Daten stammen von 2019. Das | |
reichste Prozent war damals für fast 16 Prozent der CO2-Emissionen | |
verantwortlich. Diese Menschen haben also deutlich überproportional zur | |
Klimakrise beigetragen. | |
Das globale Gefälle zeigt sich im Kleinen auch in Deutschland. Hierzulande | |
liegt der CO2-Ausstoß insgesamt hoch, im Schnitt bei ungefähr 10 Tonnen pro | |
Person und Jahr, während klimaverträglich nur 1 bis 2 Tonnen wären. Der | |
Unterschied zwischen Menschen mit viel und mit wenig Geld ist laut Oxfam | |
aber auch hier enorm. Das reichste Prozent in der Bundesrepublik verursacht | |
demnach im Schnitt CO2-Emissionen von 83,3 Tonnen pro Person und Jahr, etwa | |
15-mal so viel wie die ärmere Bevölkerungshälfte. | |
„Durch ihren extremen Konsum befeuern die Reichen und Superreichen die | |
Klimakrise, die mit Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen die | |
Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen bedroht, insbesondere in den | |
einkommensschwachen Ländern des Globalen Südens“, sagte Manuel Schmitt von | |
Oxfam Deutschland. Sein Fazit: „Um die Klimakrise zu bewältigen, müssen | |
Regierungen auch die extreme Ungleichheit in der Welt überwinden, denn | |
extremer Reichtum ist eine wesentliche Triebkraft für die Klimakrise.“ | |
## Derzeit drohen 2,5 bis 2,9 Grad Erderhitzung | |
Um deren Bekämpfung steht es nicht gut. Im Vorfeld der Weltklimakonferenz, | |
die in der kommenden Woche in Dubai startet, gab das Umweltprogramm der | |
Vereinten Nationen (Unep) seinen jährlichen [2][„Emissions Gap Report“] – | |
einen Bericht also, der die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim | |
Klimaschutz vorrechnet. | |
Demnach steuert die Welt auf eine Erhitzung von durchschnittlich 2,5 bis | |
2,9 Grad gegenüber vorindustriellen Zeiten zu. Versprochen haben die | |
Regierungen etwas anderes: Laut dem Pariser Weltklimaabkommen soll bei | |
„deutlich unter 2 Grad“ Schluss sein, möglichst sogar bei 1,5 Grad. | |
„Es gibt keine einzige Person oder Volkswirtschaft auf dem Planeten, die | |
der Klimawandel nicht berührt“, sagte Unep-Chefin Inger Andersen am Montag. | |
„Wir müssen aufhören, unerwünschte Rekorde bei Treibhausgas-Emissionen, | |
globalen Temperaturen und Extremwetterereignissen zu erzielen“, so die | |
Expertin. „Wir brauchen andere Rekorde: beim Reduzieren von Emissionen, | |
beim ökologischen und gerechten Übergang und bei der Finanzierung von | |
Klimaschutz und Klimaanpassung im globalen Süden.“ | |
Auch UN-Chef Antònio Guterres appellierte an die Regierungen. „Wir wissen, | |
dass es noch möglich ist, die 1,5-Grad-Grenze zur Realität zu machen“, | |
sagte er am Montag. Allerdings: Laut dem Weltklimarat IPCC müssten sich die | |
Emissionen in den sieben Jahren bis 2030 etwa halbieren, um 2050 praktisch | |
bei null zu liegen. „Dafür ist es nötig, die vergiftete Wurzel der | |
Klimakrise zu ziehen: fossile Energie“, mahnte Guterres. „Und es verlangt | |
nach einer gerechten Energiewende.“ | |
Es ist einer der absehbaren Streitpunkte in Dubai: Können sich die Staaten | |
endlich darauf einigen, den Ausstieg aus den fossilen Energien schriftlich | |
zu vereinbaren? Vor allem am Protest von Ölländern ist das bisher | |
gescheitert. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate, die Gastgeber des | |
Gipfels, sind dagegen. | |
Derzeit liegt die Welt bei etwa 1,2 Grad Erderhitzung. Nachweislich haben | |
die bereits deutlich angestiegenen Temperaturen schon [3][zahlreiche | |
Hitzewellen], [4][aber auch Starkregen] und Überschwemmungen sowie Dürren | |
begünstigt – und damit zu Toten, Verletzten sowie zu enormen Schäden | |
geführt. | |
21 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.oxfam.org/en/press-releases/richest-1-emit-much-planet-heating-… | |
[2] https://www.oxfam.org/en/press-releases/richest-1-emit-much-planet-heating-… | |
[3] /Studie-zu-Hitze-auf-der-Nordhalbkugel/!5950755 | |
[4] /Ursache-fuer-Naturkatastrophe-in-Libyen/!5958272 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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