# taz.de -- Ursache für Naturkatastrophe in Libyen: Klimakrise hat Megaregen v… | |
> Mehr als 11.000 Tote: In Mittelmeerländern haben Niederschläge zu | |
> Flutkatastrophen geführt. CO2-Emissionen haben dazu beigetragen. | |
Bild: Der 69-jährige Libyer Hassan Kassar zeigt ein Bild seiner in den Fluten … | |
BERLIN taz | Die Fluten im Mittelmeerraum waren nicht einfach Zufall: Die | |
vor allem durch die Nutzung fossiler Energieträger ausgelöste Klimakrise | |
hat in der vergangenen Woche zu den enormen Regenfällen beigetragen. Das | |
hat eine [1][Schnellstudie] der Forschungsinitiative World Weather | |
Attribution ergeben. | |
Besonders in Libyen wären die extremen Niederschläge ohne Klimawandel | |
untypisch gewesen. Die Erderhitzung hat ihr Auftreten 50-mal | |
wahrscheinlicher gemacht. In dem nordafrikanischen Land sind laut Vereinten | |
Nationen [2][mehr als 11.000 Menschen durch die Fluten gestorben], das | |
Schicksal von 10.000 Vermissten ist noch unbekannt. | |
In Griechenland, Bulgarien und der Türkei hat der Klimawandel den | |
Starkregen immer noch zehnmal wahrscheinlicher gemacht. Auch dort starben | |
jeweils mehrere Menschen. „Der Mittelmeerraum ist [3][ein Hotspot der | |
Klimarisiken]“, sagte die Klimaforscherin Friederike Otto vom Londoner | |
Imperial College, die World Weather Attribution mitgegründet hat und | |
leitet. | |
Die Gruppe weist allerdings auf „große mathematische Unsicherheiten“ bei | |
den Ergebnissen hin. Das Problem: Die Niederschläge hätten auf relativ | |
kleinen Flächen stattgefunden, was die meisten Klimamodelle nicht gut | |
abbilden könnten. | |
## Wie man den Klimawandel im Wetter findet | |
Lange war es praktisch unmöglich, bei einzelnen Wetterereignissen | |
überhaupt einen konkreten Anteil des Klimawandels zu benennen. Zwar war | |
bekannt, dass beispielsweise Hitzewellen durch mehr Treibhausgase in der | |
Atmosphäre statistisch gesehen häufiger werden, weil es physikalisch gar | |
nicht anders sein kann – aber manchmal hätte es natürlich auch ohne | |
Klimakrise extremes Wetter gegeben. | |
Das ansatzweise auseinanderzudividieren ist erst möglich, seit es Computer | |
mit enormer Rechenleistung und immer bessere Klimamodelle gibt. Der | |
entsprechende Zweig der Klimawissenschaft [4][heißt Attributionsforschung]. | |
Wissenschaftler:innen untersuchen dabei das fragliche Wetterereignis | |
bis in seine meteorologischen Details und prüfen mithilfe von | |
Klimamodellen, wie wahrscheinlich deren Auftreten war. Dann simulieren sie | |
in den Modellen eine Realität ohne menschliche Treibhausgase, ohne 1,2 | |
Grad Erderwärmung. Tritt das Wetterereignis dort mit geringerer | |
Wahrscheinlichkeit auf, kann man den Unterschied auf den Klimawandel | |
zurückführen. | |
Wie sicher es gelingt, den natürlichen und den menschengemachten Anteil an | |
extremem Wetter auseinanderzuhalten, hängt im Wesentlichen von zwei | |
Faktoren ab: wie groß das Wetterereignis ist und wie komplex. Extreme Hitze | |
tritt zum Beispiel oft recht großräumig auf und hat nur einen Parameter: | |
die Temperatur. Das eignet sich deshalb besonders gut für | |
Attributionsstudien. Bei anderen Wetterereignissen ist das teils | |
komplizierter. | |
World Weather Attribution führt die Studien in Eigenregie durch – und | |
veröffentlicht sie auch selbst statt in Fachmagazinen. Das hat den Vorteil, | |
dass die Wissenschaftler:innen die Öffentlichkeit schon kurz nach | |
Extremwetterereignissen informieren können. Es heißt auch, dass die Studien | |
nicht durch die üblichen Prüfverfahren von unbeteiligten | |
Fachkolleg:innen gehen. Es werden aber nur Methoden genutzt, die diese | |
Prüfverfahren schon durchlaufen haben. | |
Noch eine Anmerkung ist den Forschenden wichtig: dass die Auswirkungen von | |
extremem Wetter nicht nur von dessen Stärke abhängen, sondern auch von den | |
Gegebenheiten vor Ort. Dass der Regen in Libyen zu einer solchen | |
Katastrophe geführt hat, habe also auch damit zusammengehangen, dass | |
Flutgebiete bebaut waren, dass Wälder stark abgeholzt wurden, dass | |
Bürgerkrieg herrscht. So waren sehr viele Menschen den Wassermassen | |
schutzlos ausgesetzt, als zwei Dämme brachen. | |
20 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.worldweatherattribution.org/interplay-of-climate-change-exacerb… | |
[2] /Flutkatastrophe-in-Libyen/!5961417 | |
[3] /Studie-zu-Hitze-auf-der-Nordhalbkugel/!5950755 | |
[4] /Klimawandel-und-Wetter/!5953602 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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