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# taz.de -- Studie zu Hitze auf der Nordhalbkugel: Ja, das ist die Klimakrise
> In vielen Regionen war es zuletzt sehr heiß. Vielerorts wäre solches
> Wetter ohne von Menschen verursachte Treibhausgase praktisch nicht
> möglich gewesen.
Bild: Die Klimakrise macht das Wetter schon jetzt extrem
Berlin taz | Die [1][extreme Hitze im Juli] war weitgehend
selbstverschuldet: Der Klimawandel hat sie viel wahrscheinlicher gemacht,
zeigt eine [2][Studie] der Forschungsinitiative World Weather Attribution.
Klimawissenschaftler:innen haben darin das Wetter in Südeuropa,
Nordamerika und China untersucht. In vielen Regionen kletterten die
Temperaturen über 45 Grad Celsius, also in absolut gefährliche Sphären für
den menschlichen Körper.
Das Ergebnis war besonders für die jeweils heißesten Phasen in Südeuropa
und Nordamerika prägnant. Diese wären ohne die menschlichen
Treibhausgas-Emissionen „praktisch unmöglich“ gewesen, schreiben die
Forscher:innen. In China hat der Klimawandel die Hitze 50-mal
wahrscheinlicher gemacht.
So außergewöhnlich die Temperaturen erschienen sein mögen – ab jetzt seien
solche Hitzewellen nicht mehr selten, warnen die Studienautor:innen.
Schließlich ist die Menschheit weit davon entfernt, die Unmengen an
Treibhausgas in der Atmosphäre wieder abzubauen. Im Gegenteil: Bislang
steigen die Emissionen im weltweiten Schnitt weiter.
In Nordamerika sind Hitzewellen wie in diesem Juli laut der Studie derzeit
ungefähr alle 15 Jahre zu erwarten, in Südeuropa alle 10 Jahre, in China
sogar alle 5 Jahre. Je nachdem, wie lange die Welt noch braucht, um ihre
Treibhausgase in den Griff zu bekommen, könnte sich das noch deutlich
verschärfen.
## 1,2 Grad wärmer als vor der Industrialisierung
Alle 2 bis 5 Jahre kämen solche extremen Hitzephasen in den drei Regionen
laut Studie auf einer um durchschnittlich 2 Grad erhitzten Erde vor.
Aktuell ist die Erde durchschnittlich etwa 1,2 Grad heißer als zu
vorindustriellen Zeiten.
Lange galt es als schwierig, solche konkreten Aussagen über einzelne
Wetterereignisse zu treffen. Wetter schwankt eben. Es gab schon immer ab
und an Hitzewellen und es wird künftig noch manchmal ungewöhnlich kalt sein
– auch wenn seit vielen Jahrzehnten zweifelsfrei klar ist, dass ersteres
durch den Klimawandel statistisch gesehen viel häufiger und letzteres
seltener wird.
Um auch Einzelfälle bewerten zu können, haben Klimaforscher:innen
sogenannte Attributionsstudien entwickelt. In denen untersuchen sie das
fragliche Wetterereignis bis in seine meteorologischen Details und prüfen
mithilfe von Klimamodellen, wie wahrscheinlich deren Auftreten war.
Dann simulieren sie in den Modellen eine Realität ohne menschliche
Treibhausgase, ohne 1,2 Grad Erderwärmung. Tritt das Wetterereignis dort
mit geringerer Wahrscheinlichkeit oder praktisch gar nicht auf, kann man
den Unterschied auf den Klimawandel zurückführen – so wie im Falle der
aktuellen Hitzewellen auf der Nordhalbkugel.
World Weather Attribution hat mittlerweile zahlreiche dieser Studien
durchgeführt. Das Besondere an der Herangehensweise der Initiative: Sie
veröffentlicht die Studien selbst statt in Fachmagazinen, um die
Öffentlichkeit möglichst schnell mit den Ergebnissen zu versorgen und nicht
erst nach einem langwierigen Publikationsprozess. Das heißt allerdings
auch, dass die Studien nicht durch die üblichen Prüfverfahren von
unbeteiligten Fachkolleg:innen gehen. Es werden allerdings nur Methoden
genutzt, die diese Prüfverfahren sehr wohl durchlaufen haben.
## Jährlich Zehntausende Hitzetote
„Das Ergebnis dieser Attributionsstudie ist nicht überraschend“, sagt
Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London, Mitgründerin
von World Weater Attribution und Koautorin der aktuellen Studie. „Die Welt
hat nicht aufgehört, fossile Energieträger zu verbrennen, das Klima heizt
sich weiter auf und Hitzewellen werden extremer. So einfach ist das.“
Otto appelliert an die Regierungen, die Emissionen drastisch zu senken und
die Anpassung an die nicht mehr abzuwendenden Folgen des Klimawandels
anzugehen. „Wir haben noch Zeit, eine sichere und gesunde Zukunft zu
sichern, aber wir müssen dringend aufhören, fossile Energie zu verbrennen,
außerdem müssen wir in eine verringerte Vulnerabilität investieren“, sagt
sie. „Wenn wir das nicht tun, werden jedes Jahr Zehntausende Menschen an
hitzebezogenen Ursachen sterben.“
Hitze ist auch jetzt schon eine häufige Todesursache. In Europa sind im
vergangenen Jahr zum Beispiel [3][rund 60.000 Menschen in Verbindung mit
Hitze gestorben, wie Wissenschaftler:innen vom Barcelona Institute for
Global Health] in einer Studie ermittelt haben, die kürzlich im Fachmagazin
Nature Medicine erschienen ist. Mehr als 8.000 dieser Fälle sind demnach in
Deutschland aufgetreten.
„Sommer – da hat man sich früher mal drauf gefreut. Heute wird mit jeder
neuen Hitzewelle klarer, was wir für einen hohen gesundheitlichen Preis
zahlen“, kommentierte der Arzt und ehemalige Komiker Eckart von
Hirschhausen die Ergebnisse der spanischen Wissenschaftler:innen.
Hitzeschlag, Nierenprobleme, Herzinfarkt, Thrombose: Hitze begünstigt und
verschlimmert zahlreiche Verletzungen und Krankheiten.
Dringend würden deshalb Hitzeschutzpläne benötigt, mahnte von Hirschhausen
an. „Wir haben Städte, Gesundheitseinrichtungen, ja unsere gesamte
Infrastruktur gebaut für eine Temperatur-Welt, die es nicht mehr gibt, und
die auch so schnell nicht mehr zurückkommt“, so der Arzt, der mittlerweile
mit seiner Stiftung Gesunde Erde Gesunde Menschen für Klimaschutz eintritt.
Deutschland gehört zu den Ländern, die bislang keinen Hitzeschutzplan
haben, zumindest nicht auf bundesweiter Ebene. Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) [4][hat einen solchen aber im Juni angekündigt].
Details sind noch unklar.
Als Vorbild beim Hitzeschutz gilt beispielsweise Frankreich. Nach dem
Hitzesommer 2003, in dem in Europa schon einmal Zehntausende verfrüht
starben, nahm die Regierung sich des Themas an. Es gibt dort ein
mehrstufiges Warnsystem mit klaren Handlungsvorgaben für die Behörden. Die
Kommunen bieten beispielsweise Hitzeregister an, vor allem für ältere
Menschen. Wer darauf steht, wird im Falle von längeren Hitzestrecken
regelmäßig angerufen und im Notfall zum Beispiel mit Wasser versorgt.
25 Jul 2023
## LINKS
[1] /Globale-Hitzewelle/!5947430
[2] https://spiral.imperial.ac.uk/handle/10044/1/105549
[3] /Studie-zu-Gefahr-durch-Hitze/!5946057
[4] /Lauterbach-startet-Hitzegipfel/!5940037
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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