# taz.de -- FAQ zum richtigen Heizen: Die Wohnung darf nicht auskühlen | |
> Auch der längste Spätsommer endet mal und die Heizsaison beginnt. Dabei | |
> kann man einiges falsch machen und dann droht Schimmel. | |
Bild: Mauzi mags mollig. Um die Ökobilanz müssen sich die Menschen kümmern | |
Draußen wird es kälter, drinnen auch. Ist es angesichts der Klimakrise und | |
hoher Kosten sinnvoll, die Heizung möglichst lange auszulassen? | |
Nein. „Wer friert, sollte die Heizung anstellen“, sagt Alexander Steinfeldt | |
von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online, die mit | |
öffentlichen Mitteln finanziert wird. Wichtig sei, sich wohlzufühlen. Bei | |
manchen ist das auch bei kühleren Raumtemperaturen mit dickem Pulli und | |
Wärmflasche der Fall. Bei anderen nicht – sie sollten heizen. | |
Welche Temperatur ist gut? | |
Wer gesund und fit ist, kommt gut mit 19 bis 20 Grad aus. Ältere und | |
geschwächte Menschen oder kleine Kinder brauchen es allerdings wärmer. „Die | |
Temperatur in der Wohnung sollte nicht dauerhaft unter 15 bis 16 Grad | |
liegen“, sagt Steinfeldt. Dann droht Schimmel. Die Wohnung über längere | |
Zeit komplett auskühlen zu lassen, ist deshalb keine gute Idee. | |
Ist [1][die Energiekrise] vorbei? | |
Im Vergleich zum Herbst 2022 ist die Lage entspannt. Die Bundesregierung | |
hat das vergangene Jahr genutzt, um das Land gegen Engpässe zu wappnen. Die | |
Gasspeicher sind sehr gut gefüllt, Deutschland ist nicht mehr auf | |
russisches Gas angewiesen und hat andere Lieferanten gefunden. | |
„Dank dieser guten Vorbereitung können wir relativ optimistisch auf die | |
kommenden Monate blicken“, sagt Kerstin Andreae vom Bundesverband der | |
Energie- und Wasserwirtschaft. „Volle Speicher allein sind jedoch keine | |
Garantie, dass wir gut über den Winter kommen.“ Es gibt Restrisiken, die | |
jederzeit eine erneute Energiekrise hervorrufen können. Das wäre etwa der | |
Fall, wenn der Winter sehr hart wird. Energie zu sparen bleibt also wichtig | |
– auch wegen des Klimas und der Kosten. | |
Was ist mit den Preisen? Explodieren die wieder? | |
Danach sieht es nicht aus. Nach einer Analyse von co2online sind die Preise | |
für Gas im vergangenen Jahr im Schnitt um 80 Prozent gestiegen. Von diesem | |
hohen Niveau aus seien sie um rund 11 Prozent gesunken, sagt Alexander | |
Steinfeldt. „Sie liegen aber immer noch deutlich über den Kosten vor der | |
Krise.“ | |
Zudem werden die Preise durch zwei staatliche Maßnahmen wieder steigen: die | |
Anhebung des CO2-Preises – der nächste Schritt erfolgt am 1. Januar 2024 – | |
und die Rücknahme der Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme. Der | |
CO2-Preis wird sich auch auf Heizöl auswirken. Laut des Öl-Branchenverbands | |
en2x liegen die Heizölpreise in Deutschland seit Herbstbeginn im | |
Bundesdurchschnitt bei knapp 1,20 Euro je Liter (für einen | |
Beispielhaushalt, der 3.000 Liter bestellt). „Wie es weitergeht, lässt sich | |
nicht vorhersagen“, sagt der Verband. | |
Um die Kosten zu dämpfen, hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf | |
Gas und Fernwärme vorübergehend von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Jetzt | |
[2][soll diese Senkung statt zum 31. März 2024 schon zum 31. Dezember 2023 | |
aufgehoben werden]. Welche Folgen hat das? | |
Nach Angaben eines Sprechers des Bundesfinanzministeriums bringt die | |
vorzeitige Anhebung dem Fiskus knapp 2,5 Milliarden Euro. Für einen | |
Vierpersonenhaushalt mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im | |
Jahr bedeutet das eine zusätzliche Belastung von bis zu 100 Euro. | |
Beschlossen ist das allerdings noch nicht. „Das vorzeitige Auslaufen des | |
ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen bedarf eines Beschlusses | |
des Gesetzgebers“, sagt der Sprecher. „Hierzu dauert das parlamentarische | |
Verfahren an.“ | |
Unternimmt die Bundesregierung denn etwas, um die relativ hohen Heizkosten | |
abzufedern? | |
Um die Kosten unter Kontrolle zu halten, hat die Bundesregierung neben der | |
vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung Preisbremsen für Strom und Gas | |
eingeführt. Für bis zu 80 Prozent des Verbrauchs zahlen Kund:innen | |
höchstens 40 Cent je Kilowattstunde Strom und 12 Cent je Kilowattstunde | |
Gas, die Differenz zum Marktpreis zahlt der Staat. Allerdings liegen die | |
allermeisten Tarife mittlerweile unter diesen Grenzen. | |
Die Preisbremsen sollten ursprünglich zum 31. Dezember auslaufen. Nach | |
Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums will die Bundesregierung sie bis | |
zum 31. März 2024 verlängern. „Die EU-Kommission muss das aber noch | |
genehmigen“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums. Auch wenn die meisten | |
Tarife unter den Grenzen liegen, sind die Bremsen für Verbraucher:innen | |
wichtig. Sie sind eine Art Versicherung gegen plötzlich auftretende | |
Preisspitzen. | |
Ich spare schon sehr beim Heizen, da ist nichts mehr drin. | |
Schön, gut so! Allerdings: Nach den Erfahrungen der Berater:innen von | |
co2online unterschätzen viele Menschen, wie groß das Einsparpotenzial für | |
sie selbst tatsächlich ist. Unter [3][heizspiegel.de] können | |
Verbraucher:innen ermitteln, ob sie vergleichsweise viel oder wenig | |
heizen. | |
Welche Möglichkeiten gibt es, um weniger Energie zu verbrauchen? | |
Zentral ist die Kontrolle der Temperatur. Wichtig ist, dass Heizkörper ein | |
drehbares Thermostat mit Stufen haben. Steht das auf Stufe 3, dann wird im | |
Durchschnitt eine Raumtemperatur zwischen 19 und 21 Grad erreicht. Wird es | |
nach rechts gedreht, weniger; nach links, mehr. Geht das Thermostat | |
kaputt, könnte die Anschaffung eines programmierbaren sinnvoll sein. Damit | |
kann zum Beispiel das automatische Herunterdrehen in der Nacht erreicht | |
werden – was mitunter auch von den aufmerksamsten Verbraucher:innen | |
vergessen wird. | |
Die konsequente Temperaturkontrolle ist effektiv. „1 Grad weniger zu heizen | |
senkt den Energieverbrauch um 6 Prozent“, sagt Alexander Steinfeldt. | |
Heizkörper zu entlüften, dicke Staubschichten sowie wärmeblockierende Möbel | |
und Vorhänge zu entfernen und undichte Fenster mit Dichtungsband aus dem | |
Baumarkt abzudichten schadet auch nicht. Und: Stoßlüften ist | |
energiesparender als Dauerlüften mit auf Kipp gestellten Fenstern. | |
Alle reden von Wärmewende. Aber wo ist sie schon in Sicht? | |
Gemessen [4][am eingebrochenen Absatz von Wärmepumpen] ist die Wärmewende | |
ins Stocken geraten. Im Zuge der Kampagne gegen das neue Heizungsgesetz | |
haben sich viele Kund:innen dafür entschieden, noch schnell eine fossile | |
Heizung einzubauen. Sie werden das wahrscheinlich schon bald bereuen, denn | |
die Preise für fossile Energie werden in den kommenden Jahren stark steigen | |
– das ist politisch gewollt und über den steigenden CO2-Preis programmiert. | |
Trotzdem geht es voran. Etliche Kommunen arbeiten bereits daran, Pläne für | |
den Umstieg vom fossilen Heizen auf klimafreundliches vorzubereiten. Im | |
November berät der Bundestag [5][über einen Gesetzentwurf, mit dem Städte | |
und Gemeinden verpflichtet werden, in den kommenden Jahren solche Pläne | |
aufzustellen]. Wenn diese Konzepte stehen, kann jede:r Verbraucher:in | |
sehen, was die Wärmewende vor Ort bedeutet. | |
28 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /taz-Umfrage-zu-Klima-und-Energiekrise/!5917213 | |
[2] /Mehrwertsteuer-auf-Erdgas-und-Fernwaerme/!5958155 | |
[3] https://www.heizspiegel.de/ | |
[4] /Probleme-bei-der-Waermewende/!5949274 | |
[5] /Bundestag-beschliesst-Heizungsgesetz/!5958943 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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