# taz.de -- Verschärfung des Flüchtlingspolitik: Faeser forciert Abschiebungen | |
> Die Bundesinnenministerin präsentiert einen Entwurf für beschleunigte | |
> Abschiebungen. Mehrere Länder fordern eine Arbeitspflicht für | |
> Geflüchtete. | |
Bild: Innenminister Nancy Faeser | |
Berlin taz | Bundesinnenministerin [1][Nancy Faeser (SPD)] hat | |
Mittwochnachmittag einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Abschiebungen aus | |
Deutschland beschleunigt werden sollen. Faeser sagte, es gehe darum, | |
„Straftäter und Gefährder konsequenter und schneller auszuweisen und | |
abzuschieben.“ | |
Der Entwurf basiert auf [2][zwei Diskussionspapieren vom August] und sieht | |
unter anderem vor, das Ausreisegewahrsam von derzeit 10 Tagen auf bis zu 28 | |
Tage zu verlängern. Für Straftäter*innen soll das | |
„Ausweisungsinteresse“ zudem „besonders schwer wiegen“, sodass diese | |
Menschen leichter abgeschoben werden können. Auch Mitglieder in kriminellen | |
Vereinigungen sollen einfacher in ihr Herkunftsland zurückgezwungen werden | |
können. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen ein | |
eigenständiger Haftgrund werden. Polizist*innen sollen zudem mehr Räume | |
in Flüchtlingsunterkünften betreten und Privatwohnungen durchsuchen dürfen, | |
um die Identität von Personen festzustellen. | |
Subsidiär Schutzberechtigte sollen künftig jeweils für drei Jahre eine | |
Aufenthaltserlaubnis bekommen, statt nur für eines. So sollen Behörden | |
entlastet werden. Ebenfalls vorgesehen ist, das Arbeitsverbot für | |
Geflüchtete in Erstaufnahmeunterkünften von 9 auf 6 Monate zu reduzieren. | |
Viele andere Arbeitsverbote bleiben aber bestehen. | |
Der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Dirk Wiese, sagte zu | |
Faesers Gesetzesentwurf: „Heute senden wir ein deutliches Signal an | |
diejenigen, die unser Land wieder verlassen müssen: Menschen, die | |
vollziehbar ausreisepflichtig sind, müssen gehen. Ohne Wenn und Aber.“ | |
Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat begrüßte gegenüber der taz die | |
Verkürzung des Arbeitsverbots, forderte aber noch mehr: „Viele Geflüchtete | |
wollen arbeiten, dürfen es aber nicht. Deshalb müssen endlich die | |
Arbeitsverbote im Aufenthaltsrecht ohne Ausnahmen abgeschafft werden, wie | |
im Koalitionsvertrag verabredet.“ Sie kritisierte: „Die Verschärfungen im | |
Abschiebungsrecht, verbunden mit massiven Eingriffen in die Grundrechte der | |
Betroffenen, entbehren jeglicher sachlichen Grundlage und sind | |
unverhältnismäßig.“ | |
## Länder wollen Arbeitspflicht | |
Derweil machen die Länder andernorts in der Flüchtlingspolitik Druck auf | |
die Bundesregierung. Vor der Konferenz der Ministerpräsident*innen | |
am Donnerstag und einem angekündigten Treffen von Kanzler Olaf Scholz mit | |
CDU-Chef Friedrich Merz zur Migrationspolitik am Freitag fordern mehrere | |
Landesregierungen von der Bundesregierung, [3][die Bedingungen für | |
Geflüchtete in den Kommunen zu verschlechtern]. Nach einer | |
Beschlussvorlage, aus der zuerst die Augsburger Allgemeine zitierte und die | |
auch der taz vorliegt, sollen Geflüchtete zur Arbeit verpflichtet werden. | |
Außerdem soll ihnen kein Geld mehr ausgezahlt, sondern ihr Bedarf direkt | |
über Sachleistungen gedeckt werden. Die Beschlussvorlage wurde unter | |
Federführung der rot-grünen Regierung in Niedersachsen verfasst. Die | |
Augsburger Allgemeine berichtet, alle SPD-geführten Länder stützten das | |
Papier. | |
In der Vorlage heißt es, die Regeln müssten so geändert werden, „dass eine | |
Pflicht zur Arbeitsaufnahme gilt, sobald arbeitsfähige Geflüchtete aus der | |
Erstaufnahmeeinrichtung an die Kommunen zugewiesen werden“. Sie sollen dann | |
etwa für gemeinnützige Arbeit herangezogen werden können. Als Begründung | |
für die Forderungen wird im Papier der Fachkräftemangel angeführt. Außerdem | |
solle so die Integration der Geflüchteten beschleunigt werden. | |
Von der im Papier ebenfalls geforderten Einführung von Sachleistungen statt | |
Geldzahlungen für Geflüchtete erhoffen die Verfasser*innen sich die | |
„Reduzierung von Fehlanreizen für irreguläre Migration“. | |
Es gibt allerdings erhebliche Bedenken, ob solche Maßnahmen durch einen | |
bürokratischen Mehraufwand am Ende statt Entlastung der Kommunen eher eine | |
zusätzliche Belastung bedeuten würden. Das Asylbewerberleistungsgesetz | |
erlaube den Ländern schon jetzt, Sach- statt Geldleistungen auszugeben, | |
sagte etwa Rasha Nasr, migrations- und integrationspolitische Sprecherin | |
der SPD-Bundestagsfraktion, der taz: „Sie tun es nicht, da der finanzielle, | |
administrative und personelle Aufwand zu groß ist.“ Ihr Fraktionskollege | |
Hakan Demir sprach sich gegen eine Arbeitspflicht aus. „Die Menschen, die | |
zu uns kommen, wollen arbeiten und dürfen es nicht.“ Die Arbeitsverbote | |
müssten enden. | |
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger sagte der taz: „Die in der | |
Beschlussvorlage enthaltene ‚Zuweisung von Arbeitsgelegenheiten‘ an | |
Geflüchtete kommt einem Arbeitszwang gleich und ist schlicht indiskutabel.“ | |
Auch die Umstellung auf Sachleistungen lehnt Bünger ab. | |
Politiker*innen der FDP dagegen befürworteten zuletzt die Umstellung | |
auf Sachleistungen. Auch CDU und CSU fordern dies seit Jahren immer wieder. | |
Der fluchtpolitische Sprecher von ProAsyl, Tareq Alaows, sagte der taz: | |
„Glauben die Befürworter*innen von Sachleistungen wirklich, dass | |
Menschen wegen 360 Euro monatlich ihr Leben riskieren und nach Deutschland | |
fliehen?“ | |
11 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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