# taz.de -- Arbeit für Geflüchtete im Theater Bremen: Speisen und Menschen au… | |
> In der Kantine des Theaters sollen Menschen mit Flucht- oder | |
> Migrationserfahrung deutsch lernen und für die Arbeit in der Gastronomie | |
> geschult werden. | |
Bild: Kausar Mireh vom Bürgerzentrum kocht mit Fußballer Valdez, Koch Schadew… | |
BREMEN taz | Auf dem Tisch steht frisches Brot mit Kürbis, Curry und | |
Walnuss, dazu Dips: veganer Tomatenaufstrich, vegane Mayo, Frischkäse mit | |
Paprika und Walnuss. „Belegte German Stullen“ heißt das auf der Webseite | |
des neuen Projekts „Lichtgrenze“ in der Kantine des [1][Theater am | |
Goetheplatz in Bremen]. Das Haus will gemeinsam mit dem Bürgerzentrum Neue | |
Vahr umsetzen, was für andere Betreiber*innen hart ist – und dabei | |
geflüchteten Menschen helfen, Deutsch zu lernen und sich für den | |
Arbeitsmarkt zu qualifizieren. | |
„Kantinen für kleine Gruppen sind sehr schwierig zu betreiben“, sagt | |
Theater-Geschäftsführerin Swantje Markus. Dazu kommt hier: Die | |
Öffnungszeiten variieren je nach Vorstellungsbeginn. Mal sind das Orchester | |
und der Chor da, mal eben nicht. „Wir brauchten jemanden, der Herzblut | |
mitbringt und Verständnis für die Theaterabläufe hat.“ | |
Mit Saher Khanaqa-Kükelhahn und ihrem Team aus dem Bürgerzentrum Neue Vahr | |
hat das Theater solche Leute gefunden. In der Neuen Vahr, einem Bremer | |
Stadtteil, in dem etwa 50 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund | |
haben und Arbeitslosigkeit und Armut überdurchschnittlich sind, betreibt | |
das Bürgerzentrum bereits ein Café – doch eine richtige Kantine ist neu für | |
alle. | |
Seit sechs Wochen läuft das Projekt „Lichtgrenze“. In Zukunft sollen auch | |
sechs Praktikant*innen hier arbeiten, für ein halbes Jahr. Die | |
Voraussetzungen: Lust auf Gastronomie, Flucht- oder Migrationserfahrung – | |
und ein Bildungsgutschein vom Jobcenter. Ganz frisch angekommene Menschen | |
können daher nicht direkt hier starten. | |
## Gelungene Integration gegen politische Hetze von rechts | |
Deutsch lernen mit Arbeit zu verbinden, hält Khanaqa-Kükelhahn für | |
sinnvoll. Zumal der Gastro-Bereich händeringend Personal sucht. „Wir müssen | |
Menschen mit Fluchterfahrung da einsetzen, wo sie gebraucht werden.“ | |
Gleiches gelte für die Pflege und andere Bereiche. „Viele Kompetenzen | |
können nicht ausgeschöpft werden, weil die Sprache fehlt.“ | |
Wenn Migration dagegen gelingt, so ihre Hoffnung, könnte das auch der | |
[2][politischen Stimmung gegenüber Geflüchteten] entgegenwirken. Die | |
Mitarbeitenden bekommen nach der Zeit ein Zertifikat, mit dem sie sich bei | |
anderen Arbeitgeber*innen vorstellen können. | |
Der Betriebsrat des Theaters ist begeistert. Mitarbeitende hätten sich | |
jahrelang immer wieder über die Kantine beschwert, erzählt eine | |
Betriebsrätin. Das Thema gehörte somit zum Kerngeschäft. „Jetzt sind wir | |
wahnsinnig glücklich. Neben gutem Essen gibt es hier auch noch herzliche | |
Worte.“ Für Mitarbeitende, aber eben auch für die Öffentlichkeit. | |
Die erste Praktikantin ist schon da. Sie heißt Homa Vakhshineh, kommt aus | |
dem Iran, und will hier lernen: „Die Sprache und kochen und alles.“ | |
Khanaqa-Kükelhahn sagt, dass die nächsten nach und nach kommen sollen, bis | |
es Ende des Jahres vier bis sechs sind. Eine Warteliste gibt es bereits. | |
Für Robert Schadeweg, den festangestellten deutschen Koch, kam der Job | |
ebenfalls wie gerufen. Er hat jahrelang für Kinder gekocht, was auch | |
„frustrierend“ sein kann, wie er sagt. Das Angebot war für ihn der | |
Auslöser, den alten Job an den Nagel zu hängen. „Hier finde ich meine | |
Kreativität wieder.“ | |
Neben ihm kocht am Montag Ex-Werder-Stürmer Nelson Valdez. Es gibt | |
traditionelle Sopa Paraguaya, vergleichbar mit einer Art Kartoffelauflauf | |
oder Tortilla. Valdez kam selbst mit 17 ganz allein von Paraguay nach | |
Deutschland. „Er ist ein super Vorbild“, sagt Khanaqa-Kükelhahn. Valdez | |
betreibt mit seiner Stiftung eine Suppenküche in seinem Heimatdorf, will | |
dort jetzt auch eine Schule bauen. | |
Die Kantine ist im Keller des Theaters versteckt; wer hierhin kommt, muss | |
vorher von ihr gehört haben. „Es spricht sich rum“, sagt Geschäftsführer… | |
Markus. Durch Kontakte erfahren auch die umliegenden Behörden davon, die | |
Kunsthalle, andere Läden. „Der perfekte Weg durchs Haus wird noch gesucht.“ | |
Derzeit muss man zum Pförtner gehen und dann den Schildern folgen. | |
## Der Oktober ist südamerikanisch inspiriert | |
Wer den Weg findet, bekommt [3][neben den Kleinigkeiten auch | |
Hauptgerichte], immer vegetarisch und vegan, selten mit Fleisch. Die | |
Hauptgerichte wechseln, in jedem Monat soll eine andere Kultur Inspiration | |
geben. Aktuell ist südamerikanischer Monat, davor war arabischer. | |
Projektkoordinator Rami Abou Asse erklärt, dass man damit verschiedene | |
Menschen ansprechen will – auch im Theater selbst sind viele Kulturen | |
vertreten. Mehr Verständigung untereinander ist das Ziel. „Wer ist nicht | |
neugierig auf gutes Essen?“ Es gibt aber auch „normales Essen“, sagt | |
Khanaqa-Kükelhahn. „Auflauf, Nudeln, Currywurst.“ | |
Die Küche ist für die Gäste durch Glasscheiben einsehbar. 6,30 Euro kostet | |
ein Hauptgericht, eine kleine belegte German Stulle 2,20 Euro. Gewinne | |
machen will hier niemand, erlaubt wäre das wegen der Fördermittel, die das | |
Bürgerzentrum organisiert hat, sowieso nicht. Die Einnahmen müssen die | |
festen Stellen decken, für die Praktikant*innen zahlt das Jobcenter. | |
Die Räume kosten nichts. Und das Theater hat Rami Abou Asse als | |
Projektkoordinator selbst angestellt. | |
Er organisiert unter anderem das kulturelle Rahmenprogramm: Koch- oder | |
Tanzkurse, Spieleabende, die Auslegung von Büchern von | |
Schriftsteller*innen passend zum kulinarischen Monat. | |
Auch [4][das Café Global], im Bürgerzentrum Neue Vahr bereits etabliert, | |
soll hier gastieren. Es vermittelt Kontakte zwischen Geflüchteten und | |
Ehrenamtlichen. | |
Tango-Schnupperkurs: 24. Oktober, 18 bis 20 Uhr | |
Salsa-Schnupperkurs: 27. Oktober, 19 bis 22 Uhr | |
Anmeldungen unter [email protected] | |
Café Global: 7. November | |
Reguläre Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8.30 bis 20 Uhr, Samstag 10 bis | |
13 und 17 bis 20 Uhr, Sonntag 17 bis 20 Uhr | |
10 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Dokumentartheater-Happy-Nights/!5964211 | |
[2] /Rechtsruck-nach-den-Landtagswahlen/!5965661 | |
[3] https://lichtgrenze.eatbu.com/?lang=de | |
[4] https://www.bzvahr.de/veranstaltungen/cafe-global/ | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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