# taz.de -- Brandanschläge in Bremen: Gegen den grünen Kapitalismus | |
> Linksradikale haben in Bremen als Protest gegen grünen Kapitalismus | |
> Ladesäulen für E-Autos angezündet. Sie beziehen sich auf eine weltweite | |
> Kampagne. | |
Bild: Wer sein E-Auto hier lädt, fördert den grünen Kapitalismus, finden lin… | |
Bremen taz | An gleich drei Orten in Bremen haben Linksradikale im Sommer | |
offenbar [1][Ladesäulen für E-Autos] in Brand gesetzt. Das wurde jetzt | |
bekannt. Zuerst hatte der Weser Kurier über die drei Anschläge berichtet, | |
bei denen insgesamt fünf Ladesäulen beschädigt wurden. In einem | |
Bekenner*innenschreiben, das schon im Juli auf der Plattform | |
Tumulte.org veröffentlicht wurde, wenden sich die Aktivist*innen unter | |
anderem gegen die „Fortsetzung der extraktivistischen Zerstörung der Erde“. | |
Unter Extraktivismus versteht man ein Wirtschaftsmodell, bei dem natürliche | |
Ressourcen wie Bodenschätze, Pflanzen oder Tiere aus der Natur entnommen, | |
genutzt und vermarktet werden. | |
Die Bremer Linksradikalen beziehen sich auf eine Kampagne, die seit Januar | |
dazu auffordert, die „Infrastruktur des Kapitalismus“ anzugreifen und die | |
„Illusion, der Klimawandel wäre technologisch zu stoppen“, kritisiert. | |
Laut dem Bekenner*innenschreiben haben die Aktivist*innen | |
zunächst Mitte Juni im Bremer Stadtteil Huckelriede eine Schnellladestation | |
auf einem Supermarktparkplatz mit Hilfe von Brandbeschleuniger in Brand | |
gesetzt. Einen Monat später machten sie sich dann in der Bremer Neustadt | |
ans Werk, wo sie ebenfalls eine Ladestation anzündeten. | |
## Polizei ordnet Taten linksextremistischer Szene zu | |
Ein dritter Anschlag, der ebenfalls der Serie zugeordnet wird, ereignete | |
sich Ende August in Bremen-Findorff. Hierfür liegt kein | |
Bekenner*innenschreiben vor. Der Anschlag wird jedoch auch auf der | |
Plattform Tumulte.org erwähnt. Bei dem Findorffer Anschlag wurden drei | |
Ladesäulen beschädigt. | |
Die Bremer Polizei bestätigte der taz am Dienstag die Vorfälle. Ein | |
Polizeisprecher spricht von einem „durchaus neuen Themenfeld“. Er teilte | |
zudem mit, die Polizei ordne die Taten der „linksextremistischen Szene“ zu. | |
Die Ermittlungen durch den Staatsschutz der Bremer Polizei dauern nach | |
eigenen Angaben an. | |
In dem Bekenner*innenschreiben unter dem Titel „Von den Kosten der | |
Energiewende“ weisen die Aktivist*innen darauf hin, wie für die | |
„sogenannte Energiewende“ neue Rohstoffquellen und Minen für Lithium, | |
Nickel und Gold erschlossen und neue Fabriken gebaut werden müssen, um | |
unter anderem Batterien für E-Autos herzustellen. Sie kritisieren | |
„Giga-Fabriken, die das Grundwasser ausbeuten“ und „neokoloniale | |
Importstrategien“ für Wasserstoff aus Namibia und Chile. | |
„Der Wandel, hin zu einem grünen Kapitalismus, geht zwangsläufig mit einer | |
Verschärfung der Ausbeutung von Mensch und Natur einher“, heißt es in dem | |
Schreiben weiter. Unterzeichnet ist der Text mit der Parole „[2][Switch | |
Off! The system of destruction!]“ – auf Deutsch bedeutet das: „Das System | |
der Zerstörung abschalten“. | |
Diese Parole entstammt einem Aufruf aus dem Januar 2023, in dem Unbekannte | |
unter diesem Titel zur Revolte aufrufen. Die Initiator*innen der | |
Kampagne kritisieren, dass die „von den Herrschenden angebotenen Lösungen | |
für die Auswirkungen der ökologischen Krise“ vor allem technologische sind | |
und rufen dazu auf „das System nachhaltig anzugreifen“. | |
## Anschläge auf Kabelschächte der Bahn und 15 Teslas | |
Auf einer gleichnamigen Internetseite werden Anschläge wie die aus Bremen | |
gesammelt, die seit Januar in Deutschland und weltweit mit Bezug auf diese | |
Parole stattgefunden haben. | |
So verübten im September Unbekannte mehrere Anschläge auf Kabelschächte der | |
Bahn und brachten damit den Zugverkehr zwischen Hamburg und Berlin | |
größtenteils zum Erliegen. In einem Bekenner*innenschreiben hieß es, | |
die Anschläge hätten sich [3][gegen „neokoloniale Ausbeutung] und | |
erdzerstörenden Extraktivismus“ gerichtet. Die taz berichtete. | |
Ebenfalls im September setzten mutmaßlich Linksradikale 15 Teslas in | |
Frankfurt in Brand und bezogen sich damit unter anderem auf die | |
Internationale Automobilausstellung, die kurz zuvor in München | |
stattgefunden hatte. Sie kritisierten, dass „die notwendigen Rohstoffe der | |
Akkus von Elektroautos wie Lithium und Kobalt“ in Lateinamerika und Afrika | |
„unter miesen Bedingungen abgebaut werden“. | |
Auch Aktionen aus Frankreich, den USA oder Chile sind auf der Internetseite | |
aufgelistet. | |
Mit ihrer Kritik am Extraktivismus sind die Aktivist*innen nicht | |
alleine. So erklärte der Aktivist und Journalist [4][Peter | |
Emorinken-Donatus] im August gegenüber der taz, wie die Klimakatastrophe | |
mit Kolonialismus und Rassismus zusammenhänge und der koloniale | |
Extraktivismus gegenüber dem Globalen Süden vor Jahrhunderten begonnen habe | |
und noch immer andauere. | |
Auch im Zuge eines Gipfels zwischen der EU und Lateinamerikanischen Staaten | |
im Juli wurde „[5][grüner“ Extraktivismus kritisiert], der unter anderem in | |
Argentinien zu ausgetrockneten Flüssen und verseuchten Böden führt. | |
18 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Einbruch-bei-Neuzulassungen-von-E-Autos/!5964874 | |
[2] https://switchoff.noblogs.org/post/2023/01/01/switch-off-aufruf-zur-revolte/ | |
[3] /Bahnstrecke-Berlin--Hamburg-lahmgelegt/!5959002 | |
[4] /Aktivist-ueber-Oekozide/!5949027 | |
[5] /Neue-Lateinamerika-Agenda-der-EU/!5944739 | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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