Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Christian Wehrschütz und der ORF: Reporter ohne Grenzen auf Distanz
> Der Konflikt um den ORF-Ukraine-Korrespondenten Christian Wehrschütz geht
> weiter. Ein Anwalt musste Reporter ohne Grenzen verlassen.
Bild: Christian Wehrschütz berichtet vorerst weiterhin aus der Ukraine – ohn…
Wien taz | Christian Wehrschütz, der alleinige und umstrittene
Ukraine-Korrespondent des ORF, sorgt weiter für Wirbel. Genauer gesagt ist
es diesmal der Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky, dessen Kanzlei
Wehrschütz vertritt. Lansky ist einem möglichen Rauswurf aus dem Vorstand
von „Reporter ohne Grenzen Österreich“ (ROG) durch eigenen Austritt
zuvorgekommen.
Hintergrund ist ein Interessenskonflikt, [1][den die taz kürzlich als
erstes Medium öffentlich machte]: Lanskys Kanzlei vertritt Wehrschütz, hat
dies aber gegenüber ROG nicht offengelegt. Gleichzeitig ist Lansky
vereinsintern als vehementer Fürsprecher Wehrschütz’ aufgetreten.
Der Hintergrund: Wehrschütz’ Akkreditierung als Journalist in der Ukraine
ist bereits vor Wochen abgelaufen. Eine Verlängerung hängt noch in der
Schwebe, nachdem Wehrschütz verbotenerweise die ukrainische Luftabwehr in
Aktion gefilmt hatte. Außerdem bebilderte er einen Beitrag in den
ORF-Hauptabendnachrichten fälschlicherweise mit [2][zwei prorussischen
Propagandavideos]. Schon seit Beginn seiner Entsendung in die Ukraine 2014
wird seine immer wieder als russlandfreundliche wahrgenommene
Berichterstattung kritisiert. Bereits 2019 verlor Wehrschütz seine
Akkreditierung in der Ukraine. Nun könnte ihm das wieder drohen.
## Drohung an Kritiker
Anwalt Lansky wollte dies bekämpfen und forderte ein Vorgehen des Vereins
ROG, in dessen Vorstand er seit Jahren sitzt – ein klarer
Interessenskonflikt. Noch brisanter wird dieser, da Lanskys Kanzlei im
Auftrag von Wehrschütz sogenannte Slapp-Briefe an Kritiker des umstrittenen
Journalisten verschickt. Slapp steht für „strategic lawsuit against public
participation“, also strategische Klagen gegen öffentliche Kritik.
Zuletzt schickte Lanskys Kanzlei Anfang September ein derartiges Schreiben
an einen finnischen Blogger, der sich intensiv mit russischer
Desinformation beschäftigt und einen entsprechenden ausführlich belegten
Beitrag über Wehrschütz schrieb. Der Blogger müsse seinen Beitrag löschen
und entsprechende Aussagen künftig unterlassen, andernfalls werde er
verklagt, heißt es in dem Anwaltsschreiben. Wehrschütz hatte ihm zuvor auf
X (ehemals Twitter), für die breite Öffentlichkeit sichtbar, [3][rechtliche
Schritte angedroht]. Dieses Vorgehen kann nicht anders denn als
Einschüchterung verstanden werden, auch wenn Lansky einen Slapp-Charakter
in Abrede stellt.
ROG war dieses Vorgehen offenbar nicht bekannt. Mindestens zwei weitere
vergleichbare Fälle gab es von Lanskys Kanzlei im Auftrag von Wehrschütz,
in einem kam es zum Gerichtsverfahren. Eine ROG-Vorstandssitzung am 2.
Oktober behandelte diesen Interessenskonflikt und führte dazu, dass Lansky
am Tag danach den Vereinsvorstand verließ. ROG sei ihm zufolge „nicht
gewillt, seine Aufgabe im Interesse der Meinungsäußerungsfreiheit
tatsächlich auch wahrzunehmen“.
## Engagement für russische Oligarchen
Von einem „tatsächlichen Interessenskonflikt“ spricht hingegen ROG: „Die
beruflichen Interessen einer Anwaltskanzlei, die u. a. Mandanten auch bei
Klagen gegen Journalisten vertritt, kollidiert gelegentlich mit den
Interessen einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die sich dem Kampf
gegen jegliche Form der Einschränkung von Presse- und
Meinungsäußerungsfreiheit verschrieben hat.“ Nach intensiven Debatten habe
sich Lansky „zu dem für beide Seiten schmerzhaften Schritt“ entschieden.
Lanskys Engagement für russische Oligarchen beurteilt ROG-Präsident Fritz
Hausjell auf taz-Anfrage nicht als Problem: „Wen Lansky als Anwalt vertrat
und vertritt, ging ROG solange nichts an, solange es nicht zu
Interessenskollisionen gekommen war.“ Sollte Wehrschütz seine
Akkreditierung in der Ukraine verlieren, werde es zu einer Stellungnahme
von ROG kommen, so Hausjell. Diese Entscheidung ist noch nicht gefallen und
liegt bei den Behörden in Kyjiw. Wehrschütz berichtet einstweilen weiter
aus der Ukraine, offenbar ohne gültige Akkreditierung.
Mehrere Fragen bleiben offen: Warum lässt sich Wehrschütz nicht von der gut
ausgestatteten ORF-Rechtsabteilung vertreten? Warum stattdessen
ausgerechnet von Lanskys Kanzlei, die auch die Föderation Russland sowie
mehrere von der EU sanktionierte Oligarchen vertritt? Wer bezahlt die
Anwaltskosten – der ORF, also alle Gebührenzahler? All diese Fragen wollte
Lansky nicht beantworten. Entsprechende Anfragen beantworten auch ORF und
Wehrschütz seit Wochen nicht.
9 Oct 2023
## LINKS
[1] /Oesterreich-russische-Beziehungen/!5959246
[2] /Russische-Propagandavideos-beim-ORF/!5953272
[3] https://twitter.com/Wehrschu/status/1694043410452091350
## AUTOREN
Florian Bayer
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
ORF
Reporter ohne Grenzen
Ukraine
Presse
Rundfunk
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Österreich
Propaganda
ORF
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nebeneinkünfte beim ORF: Vom Wetterfrosch zur Glücksfee
Ein ORF-Moderator macht Werbung für Glücksspiel. Die Debatte über
Nebeneinkünfte im ÖRR ist überfällig, denn das ist kein Einzelfall.
Urteil des Verfassungsgerichtshofs: Zu viel politische Kumpelei bei ORF
Der Einfluss der Regierung auf die Leitungsgremien beim Österreichischen
Rundfunk ist rechtswidrig. Nun muss umstrukturiert werden.
Nato-Verteidigungsministertreffen: Russisches Vermögen für Kyjiw
Die Verteidigungsminister tagen in Brüssel, Selenski ist erstmals dabei.
Belgien verspricht 1,7 Milliarden für Kyjiw aus eingefrorenem Vermögen.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kooperation am Schwarzen Meer
Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn reist Selenski nach Rumänien, um über
Zusammenarbeit zu sprechen. Moskau attackiert den Süden und Osten der
Ukraine.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Güterwaggonverkehr an der russischen Gre…
Dänemark will die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine ausweiten.
Satellitenfotos deuten auf mögliche Munitionslieferungen von Nordkorea an
Russland hin.
Österreich-russische Beziehungen: Der Rubel rollt weiter
Trotz des Ukraine-Krieges pflegt Österreich beste Beziehungen zu Moskau.
Ein Überblick über die russisch-österreichischen Verflechtungen.
Russische Propagandavideos beim ORF: Schweigen und weitermachen
Der Österreichische Rundfunk steht in der Kritik wegen Verbreitung
prorussischer Inhalte. Bezeichnend ist der unsouveräne Umgang des ORF
damit.
Prorussische Propaganda: Prompt auf Fake News reingefallen
Die ORF-Nachrichten sind auf zwei Propagandavideos reingefallen. Der
zuständige Ukraine-Korrespondent steht nicht zum ersten Mal in der Kritik.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.