# taz.de -- Geplantes „Spreehafenviertel“: Wald macht Umweltverbände wild | |
> Nabu und BUND kritisieren die Pläne für das „Spreehafenviertel“ in | |
> Hamburg-Wilhelmsburg als klimaschädlich. Eine Initiative fürchtet | |
> Rodungen. | |
Bild: Hat 2019 schon mal probegewohnt: Aktivist in Wilhelmsburgs Wildem Wald | |
HAMBURG taz | Umweltverbände und Initiativen kritisieren die geplante | |
Bebauung des Wilden Waldes, einer circa zehn Hektar großen Waldfläche im | |
Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Bis Montag hatten die „beteiligten | |
Behörden und Träger öffentlicher Belange“ Zeit, ihre Stellungnahme zum | |
Entwurf des Bebauungsplans abzugeben. Die städtische Baugesellschaft IBA | |
will hier [1][im nördlichen Wilhelmsburg das „Spreehafenviertel“] bauen, | |
ein Wohngebiet mit 1.000 Wohnungen. | |
Der Wald ist nach der Sturmflut von 1962 gewachsen. In den letzten 60 | |
Jahren ist ein Auenwald mit Weiden und Pappeln entstanden. Das Bruchholz | |
bleibt liegen und bietet Insekten und Vögeln Unterschlupf und Nahrung. Für | |
den Bau des Spreehafenviertels müssten große Teile des Waldes gerodet | |
werden. | |
Die Antwort der Naturschutzverbände auf die Pläne ist eindeutig: „In Zeiten | |
von Klimakrise und Biodiversitätsschwund“ sei es „generell | |
unverantwortlich und unzeitgemäß“, Wälder als „Kohlenstoffsenken und | |
vielfältige Lebensräume“ für Bauprojekte in Anspruch zu nehmen, sagte Malte | |
Siegert vom Nabu Hamburg. | |
Auch der Umweltverband BUND kritisiert das Vorhaben: „[2][Aus | |
Klimaschutzsicht] ist das Bauvorhaben eine Katastrophe“, sagte dessen | |
stellvertretende Vorsitzende Gisela Bertram. „Es wird nicht einmal | |
versucht, die Potenziale für klimagerechtes Bauen auszuschöpfen.“ | |
## Stadtentwicklungssenatorin verspricht ÖPNV und Radwege | |
Die zuständige Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) verspricht | |
hingegen eine Verbindung von Wohnraum und Grün. „Jetziger Baumbestand“ | |
werde „auch in Teilen mit in die Quartiersentwicklung einbezogen und es | |
werden große Naturräume an anderer Stelle neu geschaffen und dabei weitaus | |
mehr als nur ausgeglichen“, sagte Pein der taz. Das Quartier entstehe nach | |
„höchsten Nachhaltigkeitskriterien“, das ÖPNV-Angebot werde verbessert und | |
neue, barrierefreie Radwegeverbindungen geschaffen, so Pein. | |
Das Spreehafenviertel wird seit 2017 geplant. Von Beginn an bekam es | |
Gegenwind von Bürger*innen, Initiativen und Umweltverbänden, die mit den | |
Bäumen auch den Verlust eines Naherholungsraums fürchten. Bereits 2019 gab | |
es eine dreitägige Baumbesetzung aus Protest gegen die mögliche Rodung. | |
Ein 2019 gestartetes Bürgerbegehren erreichte 2020 nicht die nötigen | |
Stimmen, sodass kein Bürgerentscheid zustande kam. Grund dafür könnte die | |
Coronapandemie gewesen sein. Und die Tatsache, dass der gesamte Bezirk | |
Mitte abstimmen durfte, [3][aber nur etwa 60 Prozent der | |
Wilhelmsburger*innen wahlberechtigt] sind. | |
## Bündnis mobilisiert für die Rodungssaison | |
Auch das Bündnis „[4][WiWa bleibt!]“ kämpft zusammen mit der Gruppe | |
„Waldretter:innen“ für den Erhalt des Waldstücks: „In Zeiten der Klimak… | |
und des Artensterbens ist es nicht mehr zeitgemäß, einen Wald zu roden, um | |
Wohnungen zu bauen“, sagt Volker W. vom Bündnis „WiWa bleibt“. Auch den | |
Mangel an Wohnraum sieht W. nicht als guten Grund für die Bebauung: „Die | |
Stadt tut immer so, als wären diese 1.000 Wohnungen notwendig, um den | |
Wohnungsmangel zu bekämpfen. Wir sehen nicht, dass es in Hamburg einen | |
Wohnungsmangel gibt, sondern einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum.“ | |
Am 23. September planen die Initiativen ein Waldfest auf einer Lichtung im | |
Wilden Wald und eine anschließende zweiwöchige Mahnwache. Der Zeitpunkt zu | |
Herbstbeginn ist bewusst gewählt: „Die Mahnwache ab dem 23. September soll | |
ein Zeichen setzen, dass wir das auf dem Zettel haben, dass die | |
Rodungssaison beginnt“, sagt W. der taz. Die Rodungssaison dauert von | |
Oktober bis Ende Februar. Die Waldfreund*innen haben Sorge, dass die | |
Stadt bereits in dieser Saison Tatsachen schaffen und einige Bäume fällen | |
will. | |
Zu frühzeitigen Fällungen kann es laut Stadtentwicklungsbehörde jedoch im | |
Moment noch nicht kommen. Diese seien erst „ab Erreichung der | |
Vorweggenehmigungsreife“ zulässig. [5][Diese bestehe erst, wenn die Pläne | |
öffentlich ausgelegt worden sind]. Wann das passieren wird, sei noch nicht | |
klar. | |
7 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Wohnungsbau-in-Hamburg/!5727404 | |
[2] /Hamburger-Klimaschutz-Gesetz/!5953226 | |
[3] /Wohnungsbau-in-Hamburg/!5699789 | |
[4] https://waldretter.de/ | |
[5] https://www.iba-hamburg.de/de/aktuell/projektdialog-wilhelmsburg-4?origin=2… | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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