| # taz.de -- SPD streitet über Energiesubventionen: Nenn mir deinen Strompreis,… | |
| > Strom für Industrieunternehmen subventionieren? SPD-Kanzler Scholz will | |
| > nicht, führende Sozialdemokraten möchten sehr wohl. | |
| Bild: Hier würde man sich über Subventionen freuen: Stahlwerk in Bremen | |
| BERLIN taz | In der [1][Debatte über Strompreis-Subventionen für die | |
| Industrie] haben sich mehrere sozialdemokratische Politiker gegen | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) positioniert. „Das letzte Wort in dieser | |
| Sache ist nicht gesprochen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan | |
| Weil am Wochenende. Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Dirk Wiese, | |
| betonte: „Aus unserer Sicht ist der [2][Industriestrompreis] elementar | |
| wichtig.“ Scholz lehnte eine solche Finanzhilfe noch vor Kurzem ab. | |
| Im vergangenen Mai hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) | |
| vorgeschlagen, Industriefirmen, die viel Strom verbrauchen und in starker | |
| internationaler Konkurrenz stehen, einige Jahre einen Preis von | |
| beispielsweise 6 Cent pro Kilowattstunde zu garantieren. Die Differenz zum | |
| Marktpreis könnte etwa der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds | |
| übernehmen, ein schuldenfinanzierter Sonderetat der Bundesregierung. | |
| Die Subvention soll unter anderem verhindern, dass Hersteller von Stahl, | |
| Aluminium, Glas oder Chemieprodukten ins Ausland abwandern. Kosten: etwa 5 | |
| Milliarden Euro pro Jahr. | |
| „Ein schuldenfinanziertes Strohfeuer, das die Inflation anheizt, oder eine | |
| Dauersubvention von Strompreisen mit der Gießkanne können wir uns nicht | |
| leisten und wird es deshalb auch nicht geben“, hatte Scholz dazu erst vor | |
| wenigen Tagen gesagt. Das sei „ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und | |
| würde falsche Anreize setzen“. Scholz vertritt damit eine ähnliche Position | |
| wie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). | |
| ## „Da droht ein Substanzverlust“ | |
| Viele SPD-PolitikerInnen sehen das aber anders. „Die Unternehmen aus der | |
| energieintensiven Industrie sagen alle, wenn der Strompreis so hoch bleibt, | |
| kann es nicht gehen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Weil. „Da | |
| droht ein Substanzverlust, und eine Industrie, die weggeht, kommt nicht | |
| wieder.“ Fraktionsvize Wiese erklärte: „Wir brauchen sichere und bezahlbare | |
| Energie für die Unternehmen, die sich in schwierigen | |
| Wettbewerbssituationen, gerade mit dem nahen außereuropäischen Ausland, | |
| befinden.“ | |
| Die Diskussion bekommt eine zunehmende Bedeutung innerhalb der SPD. Ende | |
| August will sich die Bundestagsfraktion unter anderem zu diesem Thema | |
| festlegen. Unklar ist, wie weit sozialdemokratische PolitikerInnen ihre | |
| Kritik am eigenen Kanzler vorantreiben wollen. Die Parteivorsitzenden Lars | |
| Klingbeil und Saskia Esken haben sich beide auch schon für die finanzielle | |
| Unterstützung von Industrieunternehmen beim Strompreis ausgesprochen. | |
| Ähnlich sieht es Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang: „Aus meiner Sicht sollten | |
| weitere Schritte für mehr Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit folgen, zum | |
| Beispiel der Industriestrompreis oder eine Investitionsagenda.“ Die | |
| Koalition aus SPD, Grünen und FDP habe sich 2022 geeinigt, „den | |
| Wirtschaftsstabilisierungsfonds erneut aufzuladen und zu nutzen“, so Lang. | |
| „Der finanzielle Spielraum ist da.“ | |
| Am Freitag hatte ein [3][Bündnis aus Wirtschaftsverbänden und | |
| Gewerkschaften] ebenfalls Subventionen bei den Kosten der Elektrizität | |
| gefordert. Um anzuzeigen, dass die Förderung nicht ewig dauern soll, nennen | |
| sie die Maßnahme „Brückenstrompreis“. Allerdings geht es auch in der | |
| Wirtschaft hin und her. So befürchtet der Verband der Familienunternehmer, | |
| der Mittelstand werde benachteiligt, wenn einige Firmen Hilfen erhielten, | |
| andere aber nicht. | |
| Die Wirtschaftsforschung ist ebenfalls gespalten. Sebastian Dullien, Chef | |
| des gewerkschaftlich orientierten Instituts für Makroökonomie, plädierte in | |
| der taz für Stromkostenhilfen zugunsten der Industrie, die Wirtschaftsweise | |
| Monika Schnitzer hält davon nichts. Eine solche Förderung, so Schnitzer, | |
| verzögere nur den unvermeidlichen Strukturwandel. | |
| 20 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Energiesubventionen-fuer-Unternehmen/!5941931 | |
| [2] /Deutschland-in-der-Wirtschaftskrise/!5949696 | |
| [3] https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/brueckenstrompreis-jetzt | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
| ## TAGS | |
| Energiekrise | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Strompreis | |
| Subventionen | |
| Energie | |
| Stahlindustrie | |
| Industriepolitik | |
| Essay | |
| Erneuerbare Energien | |
| Strommarkt | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Umbau auf Wasserstoffnutzung unsicher: Grüner Stahl kostet zu viel Kohle | |
| Fördergeld für den klimaneutralen Umbau des Bremer Stahlwerks kommt. Doch | |
| das Unternehmen zögert bei der Investition: Grüner Wasserstoff sei zu | |
| teuer. | |
| Streit über einen Industriestrompreis: Könnte teuer werden | |
| Soll der Staat die Stromkosten der Industrie übernehmen, zumindest teil- | |
| und zeitweise? Eine Überlegung ist es wert. | |
| Wirtschaftskrise in Deutschland: Raus aus der Energieschockstarre | |
| Besser sofort statt mit einem verfehlten „Sofortprogramm“: Mit zielgenauen | |
| Maßnahmen lässt sich Deutschlands Wachstumsschwäche angehen. | |
| Deutschland in der Wirtschaftskrise: Konjunktur der Angst | |
| Unternehmen ächzen unter hohen Energiekosten, Bürger:innen unter ihrer | |
| schwindenden Kaufkraft. Expert:innen sagen: Panik wäre übertrieben. | |
| Energiesubventionen für Unternehmen: Standortfaktor Strompreis | |
| Vor allem die USA und China setzen Deutschland mit Stromsubventionen zu. | |
| Ein Überblick. |