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# taz.de -- Filzverdacht im Verkehrsministerium: Wissing unter Druck
> Freunde eines Abteilungsleiters im Verkehrsministerium sollen eine
> Millionenförderung erhalten haben. Koalitionspartner fordern Aufklärung.
Bild: Konfrontiert mit möglichen Interessenkonflikten seines Abteilungsleiters…
Berlin taz | Der Druck auf Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)
wächst, mögliche Interessenkonflikte eines seiner Abteilungsleiter
aufzuklären. Aus den Reihen der Koalitionspartner SPD und Grüne wird die
Forderung laut, Transparenz über die Vergabe von Fördermitteln in Höhe von
28 Millionen Euro herzustellen. Die [1][Antikorruptionsorganisation
LobbyControl] kritisiert mutmaßliche Ungereimtheiten bei dem
Vergabeverfahren.
Der Hintergrund: [2][Nach einem Bericht des Handelsblatts ] ist der Leiter
der Grundsatzabteilung im Verkehrsministerium eng befreundet mit einem
Unternehmer und einem Verbandschef, deren Gesellschaften und Organisation
insgesamt rund 28 Millionen Euro aus dem „Nationalen Innovationsprogramm
Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“ erhalten haben sollen. Wann
das geschehen sein soll, ist unklar. Dem Bericht zufolge liegt die
Verantwortung für das Programm bei der Grundsatzabteilung. Der Leiter der
Abteilung soll mit dem Unternehmer und dem Verbandschef in den Urlaub
gefahren sein.
„Wenn sich der Verdacht bestätigt, müssen die gleichen Maßstäbe wie bei d…
Vorgängen um den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium gelten“,
sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Detlef Müller.
Wirtschaftsstaatssekretär [3][Patrick Graichen war in den einstweiligen
Ruhestand versetzt] worden, weil ihm persönliche Kontakte bei einem
Auswahlverfahren für einen Spitzenjob und der Bewilligung eines
Förderbescheids vorgeworfen worden waren.
Auch die Grünen fordern Aufklärung vom Verkehrsminister. „Das Ministerium
muss Transparenz herstellen, was wann geschehen ist“, sagte der
verkehrspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar.
„Und für die Zukunft gilt: Die Vergabepraxis des Ministeriums muss klar
nachvollziehbar sein, sodass kein Zweifel an der sauberen Verwendung von
Steuermitteln entstehen kann.“
## Ministerien kontrollieren sich selbst
Dieser Auffassung ist auch die Organisation LobbyControl. „Schon der
Verdacht einer persönlichen Bevorzugung sollte vermieden werden“, sagte
Aurel Eschmann, Campaigner für Lobbyregulierung. Es sei nicht klar, warum
das Ministerium einen Branchenverband fördern solle, das sähen die
Förderrichtlinien nicht vor. Auffällig sei außerdem, dass die Vergaben
eigentlich nicht im Aufgabenbereich des Ministeriums liegen, sagte
Eschmann.
[4][Die Organisation fordert für alle Ministerien einheitliche
Compliance-Regeln] nach französischem Beispiel. Compliance bedeutet die
Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und Selbstverpflichtungen. In
Frankreich überwacht eine eigene Behörde die Einhaltung, in Deutschland
kontrollieren sich die Ministerien selbst.
## Regressforderungen gegen Scheuer werden geprüft
Eine Anfrage der taz zu den Vorwürfen beantwortete das Verkehrsministerium
bis Redaktionsschluss nicht. Dabei hat es seit Erscheinen des Berichts
vergleichsweise viele Presseinitiativen gestartet. So teilte Minister
Wissing der Nachrichtenagentur dpa mit, dass er einen externen Gutachter
mit der Prüfung beauftragt hat, ob gegen seinen Vorgänger Andreas Scheuer
(CSU) Regressansprüche geltend gemacht werden können. Dabei geht es um die
gescheiterte Pkw-Maut für Ausländer:innen, einem einstigen Prestigeprojekt
der CSU.
Scheuer hatte den Auftrag für die Einrichtung der Infrastruktur
unterzeichnet, bevor das Urteil des Europäischen Gerichtshofs über die
Rechtmäßigkeit der Maut vorlag. Schließlich kassierten die Richter das
Projekt. Jetzt muss der Bund einem Schiedsgerichtsurteil zufolge 243
Millionen Euro an Schadensersatz an die einstigen Betreiber der
Mautinfrastruktur zahlen. Auf Nachfragen, bis wann das Gutachten fertig ist
und wie viel es kostet, antwortete das Ministerium ebenfalls nicht.
Grünen-Politiker Gelbhaar hält die Prüfung der Regressforderung für nichts
Besonderes. „Bei einer Viertelmilliarde Euro Schaden muss
selbstverständlich sauber und ernsthaft nachgeprüft werden, inwieweit auch
eine persönliche Verantwortung und Haftung besteht“, sagte er. Die
politische Verantwortung für das Debakel sei bis heute nicht angenommen
oder gar aufgearbeitet worden – weder von Scheuer noch vom CSU-Chef Söder.
„Die politische Bereinigung fehlt weiterhin“, sagte Gelbhaar.
1 Aug 2023
## LINKS
[1] /Lobbyismus-im-Parlament/!5931095
[2] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/compliance-ein-unangenehme…
[3] /Staatssekretaer-Graichen-entlassen/!5935386
[4] https://www.lobbycontrol.de/kurzmeldung/nach-graichen-7-eckpunkte-fuer-stre…
## AUTOREN
Anja Krüger
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Förderung
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Robert Habeck
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