# taz.de -- Mittelvergabe im Verkehrsministerium: Filzverdacht beschäftigt Bun… | |
> Freunde eines Abteilungsleiters im Verkehrsministerium sollen von | |
> Millionen Euro Förderung profitiert haben. Die Linke fordert eine | |
> Aufarbeitung des Falls. | |
Bild: Verkehrsminister Wissing bei der Vorstellung der Nationalen Wasserstoffst… | |
BERLIN taz | Der [1][mutmaßliche Interessenkonflikt] eines | |
Abteilungsleiters bei der Vergabe von Fördermitteln für Wasserstoffprojekte | |
im Bundesverkehrsministerium soll im Bundestag behandelt werden. Dafür will | |
die Linksfraktion sorgen. „Wir fordern lückenlose Aufklärung von | |
Verkehrsminister Wissing im Parlament“, sagte der parlamentarische | |
Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, der taz. | |
Der Hintergrund: Einem [2][Bericht des Handelsblatts zufolge] soll der | |
Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesverkehrsministerium eng befreundet | |
sein mit einem Unternehmer und einem Verbandschef, die vom „Nationalen | |
Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“ | |
profitiert haben sollen. Gesellschaften des Unternehmers und die | |
Organisation des Verbandschefs sollen aus dem Programm insgesamt rund 28 | |
Millionen Euro erhalten haben. Die Verantwortung für das Programm liegt dem | |
Bericht zufolge bei der Grundsatzabteilung. Deren Leiter soll mit dem | |
Unternehmer und dem Verbandschef in den Urlaub gefahren sein. Das | |
Ministerium wird seit Ende 2021 von FDP-Mann Volker Wissing geführt. | |
Politiker aus den Ampelparteien SPD und Grünen fordern eine rasche | |
Aufklärung der Vorwürfe, bislang allerdings eine interne. | |
Die Linkspartei dagegen will eine parlamentarische Aufarbeitung. Der | |
Linkspartei-Abgeordnete Victor Perli beantragt, dass sich der | |
Haushaltsausschuss nach der Sommerpause mit dem Thema beschäftigt. Die | |
Linksfraktion werde die Vergabepraxis bei der Wasserstoff-Förderung im | |
Haushaltsausschuss zum Thema machen, kündigte Perli an. „Wir fordern seit | |
Langem die Verschärfung der Compliance-Regeln, sie sind löchrig wie ein | |
Schweizer Käse.“ Mit Compliance ist die Einhaltung von Gesetzen und Regeln | |
gemeint. Private Kontakte und wirtschaftliche Netzwerke dürften keinen | |
Einfluss auf staatliche Förderentscheidungen haben, bereits der Anschein | |
müsse vermieden werden, sagte Perli. | |
Wie sich die Unionsfraktion positioniert, ist unklar. Eine Anfrage der taz | |
blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Für die Union ist die Sache | |
nicht ganz einfach. Der Abteilungsleiter, um den es geht, ist nicht unter | |
Wissing ins Ministerium geholt worden. Das geschah unter seinem Vorgänger | |
Andreas Scheuer (CSU). Nach Angaben der Organisation LobbyControl ist der | |
Abteilungsleiter schon früher durch seine Nähe zur Wasserstoffindustrie | |
aufgefallen. Als Beamter sei er aber zur Neutralität verpflichtet, so die | |
Organisation. LobbyControl kritisiert deshalb auch die Mitgliedschaft des | |
Beamten im Beirat in der Lobbyorganisation „Zukunft Gas“, die sich als | |
Stimme der Gas- und Wasserwirtschaft versteht. | |
## Ministerium prüft | |
Wissings Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sieht bislang | |
kein Fehlverhalten, will die Angelegenheit aber untersuchen. | |
„Interessenskonflikte bei Förderentscheidungen im BMDV sind uns bislang | |
nicht bekannt“, sagte eine Sprecherin. „Dennoch nehmen wir die Berichte | |
ernst und überprüfen diese derzeit intern.“ Der Umgang mit Fördermitteln | |
unterliege grundsätzlich einer permanenten Überprüfung. „Fördermittel | |
werden in der Regel auf der Basis von Förderbescheiden, also | |
Verwaltungsakten vergeben“, sagte sie. | |
Nach Paragraf 20 des Verwaltungsverfahrensgesetzes dürften Beschäftigte, | |
bei denen eine Interessenkollision im Sinne dieses Gesetzes vorliegt, in | |
dem jeweiligen Verwaltungsverfahren nicht tätig werden. Gleiches gelte für | |
Projektträger. „Verstöße hiergegen können zu rechtlichen Konsequenzen | |
führen“, sagte sie. „Somit ist durch gesetzliche Regelungen sichergestellt, | |
dass Fördermittel unabhängig von persönlichen Beziehungen | |
freundschaftlicher oder familiärer Art vergeben werden.“ | |
NGOs wie der [3][Antikorruptionsorganisation LobbyControl] reicht das | |
nicht. Sie fordern, dass Ministerien nicht nur selbst kontrollieren, ob es | |
Regelverstöße gibt. Das soll nach ihrer Auffassung wie in Frankreich eine | |
unabhängige Behörde übernehmen. | |
1 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Filzverdacht-im-Verkehrsministerium/!5947889 | |
[2] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/compliance-ein-unangenehme… | |
[3] https://www.lobbycontrol.de/kurzmeldung/nach-graichen-7-eckpunkte-fuer-stre… | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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