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# taz.de -- Andauernde Hitze in China: Abkühlen im Luftschutzbunker
> Seit Juni wird China von beispiellos hohen Temperaturen heimgesucht. Das
> Land ist überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen.
Bild: Auch eine Abkühlungsmöglichkeit: Flussbaden in Peking im Juli 2023
Shanghai taz | Eine erdrückende, feuchte Hitze hat Shanghai diesen Juli in
eine riesige Outdoor-Sauna verwandelt: Die meisten Frauen bewegen sich
ausschließlich mit ausladenden Sonnenschirmen durch die Straßenschluchten
des Geschäftsviertels, die Männer schlängeln sich im Slalom durch den
vorhandenen Schatten. Und in den pittoresken Cafés der französischen
Konzession bleiben die Gastgärten und Dachterrassen bis in die späten
Abendstunden leer. Wer es sich leisten kann, verbringt die Tage durchgehend
klimatisiert.
Die Volksrepublik China wird diesen Sommer von einer beispiellosen
Hitzewelle heimgesucht, die noch früher begann als gewöhnlich: In weiten
Teilen des Landes erreicht die Tageshöchsttemperatur bereits seit Mitte
Juni konstant über 35 Grad. In der Hauptstadt Peking wurde die
40-Grad-Marke in diesem Jahr bereits häufiger durchbrochen als in den
letzten Jahrzehnten zuvor.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der staatlichen Wetterbehörde gibt
Aufschluss darüber, wie überdurchschnittlich stark China vom Klimawandel
betroffen ist. So ist die Temperatur im Reich der Mitte seit 1900
statistisch alle zehn Jahre um 0,16 Grad angestiegen – höher als im
globalen Durchschnitt. Immer lauter melden sich chinesische Klimaforscher
zu Wort: Sie mahnen dazu an, dass es dringende Investitionen benötigt, um
die [1][Städte für die globale Erderwärmung zu wappnen].
Dabei hat die Regierung seit der Jahrtausendwende durchaus beachtliche
Fortschritte erzielt: Chinas Metropolen sind mittlerweile deutlich grüner,
zudem werden bei der Planung von neuen Stadtvierteln stets auch Kälteinseln
– etwa in Form von künstlichen Seen oder der Begrünung von Außenfassaden �…
mit eingeplant.
## Tischtennis spielen im Untergrund
Dennoch helfen insbesondere im schwülen Süd- und Zentralchina nur mehr
unkonventionelle Methoden: Die Städte Hangzhou, Wuhan und Chongqing haben
diesen Sommer ihre vorhandenen Luftschutzbunker geöffnet, damit die
Bevölkerung diese als Kühlinseln nutzen kann.
Viele der Anlagen stammen noch aus der Zeit der japanischen Invasion Ende
der 1930er Jahre. Mittlerweile wurden die Untergrund-Räume mit
Klimaanlagen, Fernsehern und Tischtennis-Platten ausgestattet. Sie bieten
Schutz für Seniorinnen und Senioren, die sich oftmals keine Klimaanlage
leisten können.
Abseits der individuellen Gefahr eines Hitzetods stellen die Temperaturen
auch eine Bedrohung für die Lebensmittelversorgung dar. Sowohl beim Anbau
von Reis als auch Sojabohnen ist dieses Jahr mit Einbrüchen der
Ernteerträge zu rechnen. Und zwar aus unterschiedlichen Gründen: Die
Maisproduktion im nordchinesischen Hebei wurde durch die anhaltende Dürre
gefährdet. In der Provinz Henan im Landesinneren hingegen sind es die
Regenfluten, welche die Weizenfelder zerstört haben.
[2][Die Landwirtschaft passt sich bereits an die neuen Verhältnisse an].
Immer mehr Früchte und Gemüsesorten werden statt auf offenen Feldern in
Gewächshäusern angebaut, wo die Temperatur besser kontrolliert werden kann.
Forscher arbeiten zudem konstant daran, Reissorten zu entwickeln, die auch
mit weniger Wasser auskommen können.
## Starkes Engagement gefordert
Doch sämtliche Maßnahmen können die bereits jetzt massiven Folgen der
Erderwärmung auf die Wirtschaft nicht überdecken. Durch den immensen
Strombedarf der Klimaanlagen bricht mittlerweile im Sommer regelmäßig die
Energieversorgung in einigen Teilen Chinas zusammen, was auch den Betrieb
in den Fabriken für Tage hinweg lahmlegt.
Im Vorjahr schätzte eine Forschergruppe von der chinesischen Akademie der
Wissenschaften, dass die klimabedingten Einbußen des Landes bereits im Jahr
2100 deutlich über vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen werden.
Angesichts der angespannten Lage ist es also umso wichtiger, dass sich die
chinesische Regierung bei der globalen Debatte wieder stärker engagiert. Am
Sonntag wird erstmals seit Jahren der US-Klimabeauftragte John Kerry nach
Peking reisen. In der Volksrepublik wird er viel zu besprechen haben: Denn
China ist nicht nur der mit Abstand größte Produzent von erneuerbaren
Energien, sondern gleichzeitig auch der weltweit stärkste CO2-Verursacher.
15 Jul 2023
## LINKS
[1] /Klimatologin-ueber-Stadtplanung/!5524140
[2] /Neue-Gentechnik/!5938287
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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