# taz.de -- Streit um das Klimahaus in Bremerhaven: Schlechtes Klima am Alten H… | |
> Das Klimahaus galt bislang als erfolgreiche Attraktion. Doch jetzt | |
> verlängert die Stadt den Vertrag mit dem Betreiber nicht. Der zieht vor | |
> Gericht. | |
Bild: Ab 2024 soll im Klimahaus die Ausstellung „Extremwetter“ zu sehen sei… | |
BREMEN taz | Seit 2009 ist das Klimahaus in Bremerhaven ein Erfolgsprojekt | |
– und das in einer Stadt, [1][die sonst nicht viele davon hat]. Am Alten | |
Hafen zieht das organisch aussehende Gebäude pro Jahr mindestens 400.000 | |
Menschen an, die potenziell Zimmer in Hotels buchen, essen gehen, kurz: | |
Geld dalassen. Und das alles schafft das Klimahaus auch noch unter der | |
Flagge des Klimaschutzes. | |
Obwohl alles scheinbar so gut läuft, soll es jetzt einen neuen Betreiber | |
geben. Am 5. Juli hat die Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft | |
Alter/Neuer Hafen (BEAN) beschlossen, dass von nun an der | |
Windkraftunternehmer Klaus Meier das Klimahaus leiten soll. Die alten | |
Betreiber verstehen die Welt nicht mehr und klagen inzwischen gegen das | |
Vergabeverfahren. | |
Im Klimahaus gibt es aktuell drei Ausstellungen. Die bekannteste von ihnen | |
ist „Die Reise“. Dabei besuchen die Gäste verschiedene Orte anhand des | |
Längengrads acht Ost. In jedem Raum findet sich eine andere Klimazone mit | |
anderen Temperaturen, Luftfeuchtigkeiten und natürlich Dekorationen. | |
Besucher*innen laufen von der angenehm kühlen Schweiz nach Kamerun | |
[2][bis in die Antarktis]. | |
Neben der Reise-Ausstellung gibt es andere, die über das Klima aufklären | |
sollen. Tagungen und Erwachsenenbildungskurse finden „Am Längengrad 8“, so | |
die Adresse des Klimahauses, ebenfalls statt. Bekannt ist das Klimahaus | |
aber hauptsächlich für „Die Reise“, denn wer vermutet schon Wüste neben | |
arktischen Temperaturen in Bremerhaven? | |
## Eine Ausstellung soll elfeinhalb Millionen Euro kosten | |
So einfach das Erfolgsrezept des Klimahauses zu sein scheint, so | |
kompliziert ist seine Betriebsstruktur: Der städtischen Gesellschaft BEAN | |
gehört das Gebäude und die darin befindlichen Ausstellungen. Die Betreiber | |
konzipieren hingegen die Ausstellungen, organisieren den Ticketverkauf, das | |
Marketing und halten Kontakt zu wissenschaftlichen Partnerorganisationen. | |
Bisher hatte Arne Dunker als Betreiber das Klimahaus geleitet. Ende Juli | |
wäre der Vertrag mit Dunker ausgelaufen, weshalb die BEAN vor zehn Monaten | |
ein Vergabeverfahren gestartet hat. | |
Dass der Vertrag nicht einfach verlängert wurde, liegt daran, dass eine | |
neue Ausstellung zu Extremwetter für fast elfeinhalb Millionen Euro geplant | |
ist. Da dieses Geld aus der öffentlichen Hand kommt, will die BEAN sich | |
durch das Verfahren absichern. | |
Das Verfahren zur Auswahl des zukünftigen Betreibers verlief | |
nicht-öffentlich. In Einzelsitzungen interviewten die Vorsitzenden der BEAN | |
die Bewerber*innen. Wie viele Bewerber*innen es genau waren, ist nicht | |
ganz klar. Alle legten aber sowohl inhaltliche als auch finanzielle | |
Entwürfe vor. Basierend auf diesen Unterlagen und den Gesprächen in den | |
Sitzungen entschied die BEAN, dass die alte Firma nicht mehr das Klimahaus | |
betreiben wird, die 140 Mitarbeiter*innen ihre Jobs aber behalten – | |
bis auf Arne Dunker und wenige andere. | |
Die Inhalte der Entwürfe sind nur den Mitgliedern der BEAN bekannt, da alle | |
Unterlagen unter Verschluss gehalten werden, zumindest vorerst. Bald soll | |
etwas passieren, das den griffigen Namen Vergabenachprüfungsverfahren | |
trägt, denn die derzeitigen Betreiber haben am letzten Freitag Einspruch | |
vor Gericht eingelegt. | |
Im Kern geht es bei dem Streit um den Betreiberwechsel darum, was genau in | |
den Entwürfen steht. Bei der bisherigen Betreiberfirma ist Wolfgang Heumer | |
für die Pressekommunikation zuständig. Er sagt, dass der Wechsel für Dunker | |
und alle anderen extrem überraschend kam: „Das Klimahaus ist von der | |
jetzigen Betreibergesellschaft erfolgreich entwickelt und geführt worden, | |
bekommt keine Zuschüsse von der öffentlichen Hand. Außerdem haben wir dafür | |
gesorgt, dass sich das Klimahaus zum Ort für wissenschaftliche | |
Kommunikation entwickelt. Es ist unter unserer Führung zu einer beständigen | |
Ankerattraktion in Bremerhaven geworden.“ | |
## „Zu viel Unterhaltung, zu wenig Wissenschaft“ | |
Der BEAN wirft Heumer vor, die finanziellen Interessen vor die inhaltlichen | |
gestellt zu haben. Klaus Meier kann, das bestätigt auch die Stadt, mehr | |
Geld bieten. Wie er das Klimahaus inhaltlich ausrichten möchte, ist unklar. | |
Um die Ausstellung weiterzuführen, sei Kontakt mit den Leuten in den | |
dargestellten Ländern wichtig und den habe Meier nicht, sagt Heumer. Ebenso | |
wenig sei er darüber informiert, wie viel Kommunikation mit | |
wissenschaftlichen Einrichtungen wie dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) in | |
Bremerhaven bereits stattfinde. | |
Windkraftunternehmer Klaus Meier war trotz Nachfrage der taz für Nachfragen | |
nicht zu erreichen, aber im Interview in der Bremer Regionalsendung „buten | |
un binnen“ am 10. Juli äußerte er Zweifel daran, wie gut die inhaltliche | |
Ausrichtung des Klimahauses bis jetzt tatsächlich war. Er räumt ein, das | |
Haus sei zwar „ausgezeichnet geführt“ worden, aber eher im Sinne eines | |
Hauses der Unterhaltung. Das sei ihm zu wenig, „mehr Wissenschaftlichkeit“ | |
sei sein Ziel. | |
Auch diese Aussagen kritisiert Wolfgang Heumer. Bereits seit 2003 gebe es | |
einen Kooperationsvertrag mit dem Alfred-Wegener-Institut. | |
Die BEAN unter der Leitung des [3][Bremerhavener Oberbürgermeisters Melf | |
Grantz (SPD)], mache sich über all das keine Sorgen, sagt Pressesprecherin | |
Laura Bohlmann. Meier, sagt sie, habe schlicht das überzeugendere Angebot | |
gemacht. Das Vergabeverfahren sei juristisch begleitet worden, sodass alles | |
mit rechten Dingen zugegangen sei. Das Überprüfungsverfahren, das jetzt | |
stattfinden soll, sei Routine und beunruhige den Bürgermeister nicht. | |
Ob wirklich eine der Parteien ein besseres Konzept vorgelegt hat, wird wohl | |
erst bei Veröffentlichung der Bewerbungen klar werden. | |
16 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schrottimmobilien-in-Bremerhaven/!5898440 | |
[2] /Forschung-ueber-Robbengeschrei/!5935140 | |
[3] /Bremen-plant-neuen-Hafen-fuer-Bremerhaven/!5921886 | |
## AUTOREN | |
Lisa Bullerdiek | |
## TAGS | |
Ausstellung | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Bremerhaven | |
Utopie | |
Bremerhaven | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hausprojekt in Bremerhaven: Aufbruch gegen den Leerstand | |
Bremerhaven ist Hafenstadt, Brennpunkt und ein Raum für neue, kreative | |
Ideen. Das Hausprojekt Werk will hier ein altes Haus wiederbeleben. | |
Bürgerbeteiligung in Bremerhaven: Wischen für die Stadtentwicklung | |
Bremerhaven nutzt die Plattform „Swipocratie“, um Bürger*innen an der | |
Entwicklung der Innenstadt zu beteiligen. Um Repräsentativität geht es | |
nicht. | |
Andauernde Hitze in China: Abkühlen im Luftschutzbunker | |
Seit Juni wird China von beispiellos hohen Temperaturen heimgesucht. Das | |
Land ist überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen. | |
Ampel beschließt Klimaanpassungs-Gesetz: Was Merkel-Kabinette versäumten | |
Nie wieder Ahrtal: Mit dem Gesetzentwurf zur Anpassung an das neue Klima | |
holt die Ampelkoalition nach, was vor allem CDU/CSU unterlassen haben. | |
Gesetz für Anpassung an den Klimawandel: Deutschland fit für Extremwetter | |
Der Bund will Länder und Kommunen zu mehr Vorsorge für den Klimawandel | |
verpflichten. Das Ziel: Schäden abmildern. Das Problem: Noch fehlt Geld. |