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# taz.de -- Homophobe Angriffe beim CSD: Hass, gepaart mit Volksverhetzung
> Beratungsstellen sehen in Übergriffen und Schmähungen am CSD eine neue
> Art queerfeindlicher Gewalt. Sie sei offensiv und teils volksverhetzend.
Bild: Riesige Regenbogenfahne bei der Pride-Parade zum Berliner Christopher Str…
BERLIN taz | Nachdem Unbekannte ein homophobes Transparent am Gelände des
Fernsehturms angebracht hatten, ermittelt die Polizei wegen
Volksverhetzung. Nicht der einzige hetzerische Vorfall vom CSD-Wochenende:
So wurde das Grab der trans Frau Ella Nik Bayan zum wiederholten Mal
geschändet. Außerdem verzeichnete die Polizei am Wochenende mehrere
queerfeindliche Angriffe.
Angesichts dieser Taten sprechen der Lesben- und Schwulenverband (LSVD)
Berlin-Brandenburg und das schwule Anti-Gewalt-Projekt Maneo von einer
neuen Qualität queerfeindlicher Hasskriminalität.
Das Transparent hatten fünf Personen aus einer 15-köpfigen Gruppe heraus am
Tag der Christopher-Street-Day-Parade gegen 18 Uhr am Alex befestigt, wie
die Polizei mitteilte. Auf einer Fläche von 15 Meter mal 1,5 Metern sei
„Homos=Volkstod“ zu lesen gewesen, außerdem die römische Zahl III. Die
Polizei geht davon aus, dass die Täter aus dem Umfeld der rechtsextremen
Kleinstpartei Dritter Weg kommen. Eine Restaurant-Mitarbeiterin habe das
Transparent entfernt.
Im Laufe des Abends soll dann eine [1][30-köpfige Gruppe vier der
Tatverdächtigen] am Alexanderplatz verfolgt und mit Glasflaschen beworfen
haben. Die vier Personen hätten sich demnach in ein Restaurant geflüchtet,
dort habe die Polizei ihre Personalien aufgenommen. Es sei noch unklar, ob
es einen Zusammenhang zwischen beiden Vorfällen gibt.
## Grab wieder geschändet
Am Sonntag dann war morgens entdeckt worden, dass [2][Unbekannte das Grab
der trans Frau Ella Nik Bayan] mit Feuerwehr-Absperrband umwickelt und
einen Aufkleber angebracht hatten. Bayan hatte sich 2021 [3][auf dem
Alexanderplatz selbst angezündet und war an den Verletzungen] im
Krankenhaus gestorben. Es ist bereits das [4][sechste Mal, dass ihr Grab
geschändet] wurde. Der für politisch motivierte Straftaten zuständige
Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamtes ermittelt.
Die Polizei meldete darüber hinaus am Wochenende mehrere körperliche
Übergriffe mit queerfeindlichem Hintergrund. So wurde in Schöneberg am
Samstag ein Mann [5][homophob beschimpft, am T-Shirt] gepackt und gewürgt.
In Alt-Hohenschönhausen wurden eine [6][Frau und eine trans Frau beleidigt
und bespuckt]. Am Freitag hatte eine Frau einen Mann in Schöneberg erst
[7][aus einem Auto heraus homophob beleidigt] und dann mit der Faust ins
Gesicht geschlagen. Insgesamt hat die Polizei nach eigenen Angaben 64
Straftaten im Zusammenhang mit dem CSD festgestellt, davon zwei
Körperverletzungen mit homophobem Hintergrund.
„Jeder Übergriff ist einer zu viel“, sagt Christopher Schreiber, Sprecher
des LSVD Berlin-Brandenburg, der taz. Zwar sei die Anzahl der Übergriffe
keine auffällige Steigerung, diese bewegten sich im Rahmen der vergangenen
Jahre. Anders verhalte es sich dagegen mit dem Banner und der Schändung des
Grabs. „Das ist schockierend, das ist Volksverhetzung, und das geht über
Hasskriminalität hinaus“, sagt Schreiber. „Das sind Fälle, die wir aus der
Vergangenheit im Zusammenhang mit dem CSD so nicht kennen.“
## Runder Tisch gefordert
Aber sie würden durchaus in das Muster von Anfeindungen in diesem Jahr
passen: „Wir hören von überall, dass volksverhetzender Hass zugenommen hat,
etwa auch in Kommentaren im Internet, da sticht das Jahr 2023 im Vergleich
zu anderen klar hervor“, sagt er.
Bastian Finke, Leiter von Maneo, spricht ebenfalls von einer neuen
Qualität. Bei Maneo sind sie noch dabei, die Zahlen auszuwerten. Es sei
bereits erkennbar, dass deutlich mehr Meldungen von Übergriffen eingegangen
seien. Es sei jedoch [8][schwierig, aus dem Meldeverhalten die
tatsächlichen Zahlen abzuleiten] und auch Vergleiche mit anderen Jahren
seien kompliziert. „Wir bemerken aber, dass [9][die Anfeindungen auf der
Straße viel offensiver] werden“, sagt Finke. Menschen würden teils
unvermittelt von Passant*innen beschimpft. „Das macht uns als
Beratungsstelle fassungslos.“
Der LSVD fordert eine Landesstrategie sowie einen Runden Tisch zu queerer
Sicherheit und gegen Queerfeindlichkeit. Beides ist im Koalitionsvertrag
angekündigt. Die Art und Weise, wie in Berlin Zahlen erhoben würden, sei
bundesweit vorbildlich. Doch daraus müssten geeignete Konsequenzen gezogen
werden.
24 Jul 2023
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2023/pressemitteilung.134895…
[2] /Tote-trans-Frau-Ella/!5871386
[3] /Oeffentlicher-Suizid-einer-trans-Frau/!5812301
[4] /Gedenkfeier-zum-Todestag-von-Ella/!5881830
[5] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2023/pressemitteilung.134895…
[6] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2023/pressemitteilung.134895…
[7] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2023/pressemitteilung.134891…
[8] /Interview-zu-Homophobie/!5086442
[9] https://www.tagesspiegel.de/berlin/beratungsstelle-maneo-veroffentlicht-rep…
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Schwerpunkt LGBTQIA
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