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# taz.de -- Archäologie zu Geschlechteridentitäten: Nicht-binäre Wikinger:in…
> Ausgrabungen zeigen, dass es vor Tausenden Jahren Menschen gab, bei denen
> das biologische und das soziale Geschlecht nicht übereinstimmten.
Bild: Männlich? Weiblich? Steinig! Wikingergräber
Ein Wikingergrab in Schweden, darin ein Schwert, Lanzen, Schilder, Pfeil
und Bogen, sogar zwei Pferde. Eine echte Kriegsausrüstung. Es ist das Grab
einer Frau, doch seine Entdecker bestimmten im 19. Jahrhundert, dass das
Skelett im Grab ein Mann gewesen sein muss. Man konnte sich keine
Wikingerkriegerin vorstellen. Erst über 100 Jahre später beweisen
Archäolog:innen, dass es sich um eine Person mit [1][biologisch weiblichem
Geschlecht] handelt. Doch was erzählt uns die Kriegsausrüstung über das
soziale Geschlecht der Person und ihre Rolle in der Gesellschaft?
## Die Studie
Beispiele wie dieses belegen: Schon in früheren Gesellschaften kann es
Menschen gegeben haben, bei denen das biologische Geschlecht nicht mit der
gelebten Geschlechtsidentität übereinstimmt. Bisher wurden solche Funde als
Einzelfälle abgetan. Doch ein Forschungsteam der Georg-August-Universität
Göttingen ist dem in einer Studie nun nachgegangen: Wie [2][binär waren die
Geschlechtervorstellungen] prähistorischer Kulturen? Die Ergebnisse sind
[3][im Mai 2023 in der Fachzeitschrift Cambridge Archaeological Journal
erschienen].
Die Forscher:innen haben Geschlechtsdaten von 1.252 Gräbern aus der
Neusteinzeit und Bronzezeit, etwa 5500 v. Chr. bis 1200 v. Chr., auf
Binarität untersucht. Bei allen Gräbern, von denen man sowohl das
biologische wie auch soziale Geschlecht bestimmen konnte, untersuchten sie,
wie häufig die beiden Geschlechter miteinander übereinstimmen und wie
häufig sie sich gegensätzlich sind. Es zeigt sich: Die gelebte
Geschlechtsidentität folgt zum Großteil dem biologischen Geschlecht. Doch
in 10 Prozent der Fälle, bei denen beide Geschlechter identifiziert werden
konnten, stimmten diese nicht überein.
Die Bestimmung der Geschlechter ist fehleranfällig und manchmal auch nur
schwer möglich – sowohl, was die Identifizierung des biologischen
Geschlechts anhand von Knochen betrifft, als auch die des sozialen
Geschlechts, das man beispielsweise [4][anhand der Gegenstände im Grab]
bestimmt. Um das zu ändern, gibt es zum Teil schon neue Analysemethoden,
beispielsweise die Analyse von Proteinen im Zahnschmelz.
## Was bringt’s?
Die Studie ermöglicht es, mit weiterer Forschung non-binäre
Geschlechteridentitäten in prähistorischen Kulturen in den Blick zu nehmen.
Denn sie zeigt, dass die Fälle keine statistischen Ausnahmen waren, sondern
eine signifikante Minderheit. Und macht deutlich, wie
Wissenschaftler:innen in der Vergangenheit eine Kultur durch die
Brille binärer Geschlechtervorstellungen interpretiert haben und damit ein
möglicherweise vielfältigeres Spektrum an Geschlechteridentitäten nicht
einfangen konnten. So wie am Grab der Wikingerin. Wie wir
Geschlechterrollen in früheren Kulturen sehen, ist also immer auch Ausdruck
davon, wie wir sie in unserer Gegenwart verstehen.
27 Jun 2023
## LINKS
[1] /Wissenschaftliche-Fakten-ueber-Geschlecht/!5862717
[2] /Sprache-Sex-und-Gender/!5704601
[3] https://www.cambridge.org/core/journals/cambridge-archaeological-journal/ar…
[4] /Archaeologie-im-Alltag/!5858337
## AUTOREN
Salome Neumann
## TAGS
Archäologie
Geschlechtsidentität
Geschlechterrollen
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Türkei
Lübeck
Kolumne Unisex
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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