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# taz.de -- Planungsstopp für Radinfrastruktur: Angriff auf die Verkehrswende
> Die Verkehrssenatorin will alle Projekte auf Eis legen, bei denen der
> Autoverkehr eingeschränkt wird. Die Bezirke und die Bewegung sind
> schockiert.
Bild: Aktivist:innen bei einer Spontandemonstration vor der Senatsverwaltung am…
Berlin taz | Eine sichere Radspur an allen Hauptverkehrsstraßen – die
Umsetzung dieses Kernpunkts des 2018 beschlossenen [1][Mobilitätsgesetzes]
kam in Berlin bisher nur schleppend voran. Nun droht eine Anordnung der
CDU-Mobilitätssenatorin Manja Schreiner [2][die Verkehrswende] ganz zum
Erliegen zu bringen. In einer [3][Pressemitteilung] der Senatsverwaltung
vom Freitag kündigte Schreiner an, sämtliche laufende Projekte für den
Ausbau von Fahrradinfrastruktur überprüfen zu wollen, die einen Wegfall von
Fahrstreifen oder Parkplätzen zur Folge hätten.
„Alle […] genannten Projekte und noch nicht begonnenen Maßnahmen ruhen bis
zur Billigung der weiterentwickelten Jahresplanung“, so Schreiner.
Insbesondere wolle die Senatsverwaltung Alternativen prüfen, die „weniger
Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr“ mit sich brächten.
Ausgenommen seien lediglich Projekte an Unfallschwerpunkten und in
Schulnähe.
Der Mitteilung ging eine Mail Schreiners an die Lichtenberger
Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne) vom Mittwochabend voraus, die
Keküllüoğlu in der Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag verlas.
Darin forderte Schreiner zusätzlich den Stopp aller Projekte, die die
Einführung von Tempo 30 über lange Strecken beinhalten. In der Mail
kündigte die Verkehrssenatorin an, ihre Senatsverwaltung würde „künftig
andere Maßstäbe an die Straßenaufteilung setzen“.
Bei den Bezirken, die in den meisten Fällen für die Planung von Radwegen
verantwortlich sind, rief Schreiners Ankündigung überwiegend Entsetzen
hervor. Gerade für Projekte, die sehr weit fortgeschritten seien, sei der
Planungsstopp eine „Vollkatastrophe“, sagte der Neuköllner Verkehrsstadtrat
Jochen Biedermann (Grüne) am Sonntag der taz. So müsse der Bau eines
geschützten Radweges auf der [4][Hermannstraße] noch in diesem Jahr
beginnen, da er zu großen Teilen aus Bundesmitteln finanziert würde.
Verzögere sich der Bau, gingen die Fördergelder verloren. „Mit dem Stopp
schießt die Senatsverwaltung Millionen an Fördermitteln in den Wind“,
fürchtet Biedermann.
## Verkehrswendebewegung unter Schock
Die Notwendigkeit für die Überprüfung kann der Stadtrat nicht
nachvollziehen. Jedes Projekt sei oft über Jahre intensiv von Fachleuten
geprüft und in etlichen Schleifen mit allen Akteur:innen abgesprochen
worden. „Es ist nicht so, als würden da ein paar Fahrradideologen einfach
Linien auf Pläne zeichnen.“
Verwunderlich sei auch, berichtet Biedermann, dass er und viele
Kolleg:innen aus anderen Bezirken gar keine Mail von der
Senatsverwaltung bekommen und erst durch Medienberichte von Schreiners
Plänen erfahren hätten.
Für die [5][Verkehrswendebewegung] ist der Planungsstopp ein Schock.
„Sichere Radwege, Tempo 30 und die Reduktion von Parkplätzen sind die
wesentlichen Bestandteile der Verkehrswende“, sagt
Changing-Cities-Sprecherin Ragnhild Sørensen der taz. „Ich fürchte einen
Rollback unserer bisherigen Errungenschaften.“ Am Freitagnachmittag
versammelten sich bereits mehrere hundert Aktivist:innen zu einer
Spontandemonstration vor dem Sitz der Verkehrssenatsverwaltung in Mitte.
Für die nächsten Wochen überlege Changing Cities, auch bundesweit zu
mobilisieren.
18 Jun 2023
## LINKS
[1] /Neue-Kapitel-fuer-das-Mobilitaetsgesetz/!5904570
[2] /Schwarz-Rot-und-das-Auto/!5925723
[3] https://www.berlin.de/sen/uvk/presse/pressemitteilungen/2023/pressemitteilu…
[4] /Flanier-Protest-auf-der-Hermannstrasse/!5771060
[5] /Fahrraddemo-gegen-Schwarz-Rot/!5926902
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
Verkehrswende
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