# taz.de -- Flanier-Protest auf der Hermannstraße: „Klare Verhältnisse für… | |
> Die Verkehrsplanung ist viel zu autofreundlich, kritisiert Philip Boos | |
> von „Hermannstraße für Alle.“ Am Samstag gibt es eine „Schneckendemo�… | |
Bild: „End Cars“: Die Demo auf der Hermannstraße ist nicht die erster ihre… | |
taz: Herr Boos, was ist eine Schneckendemo? | |
Philip Boos: Ist in erster Linie eine besonders langsame Demo, bei der es | |
um den Aufenthalt auf der Straße selbst geht. Wir sind ein Bündnis von elf | |
Initiativen, und einige werden an verschiedenen Stellen auf ihre | |
Schwerpunktthemen hinweisen, wie die Initiative Warthewende, die sich für | |
eine lebenswertere Warthestraße einsetzt, oder das | |
Prinzessinnengärten-Kollektiv, das auf dem St.-Jacobi-Friedhof in den | |
Bereichen Umweltbildung und Biodiversität arbeitet. Wir von Hermannstraße | |
für Alle machen etwa auf die Gefahren von Kreuzungsbereichen aufmerksam. | |
„Schneckendemo“ ist natürlich auch ein Seitenhieb auf das langsame Tempo | |
der Verwaltung bei der Umsetzung von Veränderungen. | |
Was läuft denn auf der Hermannstraße falsch? | |
Ein großes Problem, das es auch auf der Sonnenallee gibt, sind fehlende | |
Markierungen, die die Straße als ein- oder zweispurig ausweisen. Rein | |
rechtlich ist sie damit einspurig, aber in der Realität führt es dazu, dass | |
sich die Autos nebeneinander drängen. Die schwächeren | |
VerkehrsteilnehmerInnen verlieren dabei. Für sie ist die Straße sehr | |
gefährlich, viele RadfahrerInnen trauen sich hier gar nicht zu fahren. | |
Und die Verwaltung kommt nicht in die Gänge? | |
Kürzlich wurde Tempo 30 angeordnet, aber das wird vom Autoverkehr nicht | |
sehr ernst genommen, und wirklich kontrolliert wird es auch nicht. | |
Angekündigt ist jetzt, dass im Sommer mit der Markierung und den Pollern | |
für die geschützte Radspur begonnen wird. Das ist schon länger vorgesehen, | |
aber das Bezirksamt hat zu wenig Kapazitäten. Auch mit Geldmangel wird | |
argumentiert – aber wenn ich das mit der Autobahn vergleiche, die hier ganz | |
in der Nähe gebaut wird, ist das ein winziger Bruchteil der Kosten! | |
Ihre Initiative hat im Frühjahr selbst eine Planung vorgelegt. | |
Ja, da wir im Team einiges an Kompetenz haben, haben wir selbst eine Lösung | |
für die Radinfrastruktur entworfen und als Vorschlag eingebracht. Ob davon | |
etwas übernommen wird, ist natürlich eine andere Frage. Wir setzen uns im | |
Übrigen schon seit Anfang 2020 für einen geschützten Radweg auf der | |
gesamten Länge der Hermannstraße ein und werden unter anderem vom Netzwerk | |
Fahrradfreundliches Neukölln unterstützt. | |
Was ist Ihre Idealvorstellung der Hermannstraße? | |
Es braucht klare Verhältnisse für alle, und die heutige Hierarchie | |
zugunsten des Autos muss aufgehoben werden. Wir benötigen schützende | |
Infrastruktur für Fahrradfahrende mit ausreichend Platz. Wir wollen, dass | |
die Radspur so breit ist, dass sie auch für Noteinsätze genutzt werden | |
kann. Radspuren werden im Bruchteil der Zeit frei, die es braucht, um auf | |
einer Autospur Platz zu machen. Das führt dann für den Autoverkehr zu | |
Einspurigkeit. Viele Menschen wollen gar nicht unbedingt Auto fahren. Über | |
50 Prozent aller Wege in Berlin sind kürzer als 5 Kilometer und könnten | |
leicht mit dem Rad zurückgelegt werden. Aber wegen der gefühlten | |
Unsicherheit fahren viele Auto und verdrängen, wie stressig das ist und wie | |
viel Zeit etwa die Parkplatzsuche in Anspruch nimmt. | |
28 May 2021 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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