# taz.de -- Gedenken an 17. Juni 1953: Lehrstück eines Aufstands | |
> Schülerinnen in Magdeburg widmen sich dem DDR-Volksaufstand vom | |
> 17. Juni 1953 – mit einer Aufführung basierend auf Gesprächen mit | |
> Zeitzeugen. | |
Bild: Sowjetischer Panzer am 17. Juni 1953 auf der Hallischen bzw. Halberstädt… | |
Magdeburg taz | Herbert Stauch will am Vormittag des 17. Juni 1953 in einer | |
Bankfiliale in Magdeburg nur etwas Geld abheben. Der Unternehmer möchte | |
schließlich am nächsten Tag seine Familie, die ihm endlich aus dem | |
Thüringischen in die Elbstadt nachzieht, in die Arme schließen und feiern. | |
Im Jahr zuvor hatte Stauch in Magdeburg eine kleine Teigwarenfabrik | |
erworben und unter ihrem Dach eine Wohnung ausgebaut. Stauch, 35 Jahre alt, | |
sieht auf der Straße den endlosen Zug von Menschen vorbeimarschieren, er | |
hört, wie sie rufen, protestieren – gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen, | |
gegen die politische Zustände, gegen die wirtschaftliche Malaise, gegen die | |
Unfreiheit, für freie Wahlen. Spontan schließt sich Stauch, unzufrieden wie | |
die Menschen auf der Straße, dem Protestzug an. Die Menschen drängt es zum | |
Polizeipräsidium am südlichen Ende der Innenstadt. Seine Familie – die | |
Frau und die beiden Söhne – wird Stauch nicht wiedersehen. | |
Am 18. Juni verurteilt ein Sowjetisches Militärtribunal Herbert Stauch als | |
Rädelsführer des „faschistischen Putschversuchs“ zum Tode. Die Hinrichtung | |
erfolgt sofort. Stauch muss niederknien, dann schießen ihm zwei | |
Volkspolizisten ins Genick. Der Leichnam soll in einem Heizungskeller eines | |
Gefängnisses verbrannt worden sein. | |
Herbert Stauchs „Verbrechen“: Er war einer von vier Parlamentären, die die | |
Aufständischen aus ihren Reihen – die Menge war vor dem Polizeipräsidium | |
auf 15- bis 20.000 Menschen angeschwollen – bestimmt hatten, um dem | |
Polizeichef ihre Forderungen zu überbringen: Freilassung aller politischen | |
Gefangenen, politische und wirtschaftliche Freiheiten und Ablösung der | |
Regierung. Diese Forderungen kosten Herbert Stauch, einen gelernten Müller, | |
das Leben. Inklusive Dolmetschen tagte das sowjetische Tribunal 40 Minuten. | |
An den Mord an Herbert Stauch wird bei der Gedenkstunde des Landes | |
Sachsen-Anhalt zum siebzigsten Jahrestag des Volksaufstandes erinnert. Doch | |
diesmal nicht in Form einer Rede, eines feierlichen Monologs, sondern als | |
Poetry Slam, als Vergegenwärtigung, als Drama, vorgetragen, nein, | |
uraufgeführt von Schülerinnen des Magdeburger Geschwister-Scholl-Gymnasiums | |
aus dem Süden der Landeshauptstadt. | |
Im Treppenhaus der Schule, eines typischen DDR-Baus, ist es ruhig. Nele | |
Gottschall, Emma Fischer und Joline Rudloff, drei Schülerinnen der | |
Klassenstufe 10, kommen in einen recht kargen Besprechungsraum. Diese | |
Unterrichtsstunde haben sie frei, um von ihrem Projekt zu erzählen, ihrer | |
Recherche, den Überraschungen, den Tränen. | |
Nicht weit von hier sollen irgendwann die Chipfabriken von Intel | |
produzieren und die Region als IT-Cluster in die Zukunft katapultieren. | |
Magdeburg, die 240.000-Einwohner-Stadt, schwelgt im Hochgefühl künftiger | |
Bedeutung. Die wirtschaftlichen Perspektiven der Stadt, einst eine Hochburg | |
des Maschinenbaus, scheinen gerade atemberaubend. Die 16-jährigen | |
Schülerinnen haben sich in den vergangenen Wochen allerdings mit | |
Magdeburger Perspektiven vertieft, die in die Vergangenheit zurückreichen: | |
einer Zeit, die vom Aufbegehren und Scheitern in einer Diktatur erzählt und | |
die in Vergessenheit zu geraten droht. Dabei haben viele Augenzeugen noch | |
nicht einmal zu reden begonnen. | |
Eine der Jugendlichen, vermutlich Nele, wird bei der Gedenkfeier für einen | |
Moment die Rolle von Else Stauch einnehmen. Es ist der Augenblick, als die | |
Frau in der Zeitung liest, dass ein „Herbert Strauch, mit einem r | |
geschrieben“, standrechtlich erschossen wurde. „Ich dachte nur, vielleicht | |
ist er es ja gar nicht“, sagt Else Stauch. „Dann teilte man uns die | |
Schließung unseres Betriebes mit. Da wusste ich, dass er tot war.“ | |
Nele deutet mit dem Finger auf das Display mit dem gespeicherten Poetry | |
Slam, auf die wenigen überlieferten Zeilen, als Else Stauch begreift, dass | |
sie Witwe ist. Es ist der Moment, an dem bei Nele, Emma und Joline, sehr | |
fröhlichen jungen Frauen, der Redefluss stockt und den sie unbedingt | |
mitteilen wollen bei ihrem Auftritt. Es ist ein Augenblick, in dem die | |
Vergangenheit nach siebzig Jahren plötzlich erschreckend präsent wird. | |
Wie kommen Zehntklässlerinnen dazu, sich mit einem Geschehen zu befassen, | |
das für sie lange zurückliegt, so wie für ältere Generationen Deutschlands | |
Überfall auf Polen? Es ist das Oberthema „Leben in der DDR“, das sie gerade | |
in Geschichte behandeln und das sie neugierig gemacht hat, beginnen die | |
drei. Es hätte natürlich genauso gut der Mauerbau sein können, die | |
Umweltzerstörung in der DDR oder die „Jugend in den Siebzigern“. Beim Thema | |
„17. Juni 1953“ gab es noch einen Ansporn zusätzlich, erzählt Emma. Da es | |
ein Geschichtsprojekt des Magdeburger Stadtarchivs ist, an dem sich zwei | |
Schulen beteiligen, sollen die Recherchen bei der Gedenkstunde zum | |
Jahrestag des Volksaufstandes in Magdeburg präsentiert werden. Ein Projekt, | |
freiwillig, mit Zusatzstunden und mit öffentlicher Präsentation – was für | |
andere eine Hürde war, halten die drei für eine Chance. | |
Mit einigen Unterrichtsstunden war die Recherche nicht erledigt. Das | |
Schicksal der Familie Stauch erschüttert, doch ihre Geschichte lässt sich | |
in Archiven nachlesen. Die Hauptarbeit des Projekts, an dem zwei Schulen | |
teilnehmen, waren hingegen Interviews mit Zeitzeugen, die nie zuvor | |
öffentlich über ihre Erlebnisse gesprochen haben. Die Gespräche fanden nach | |
der Unterrichtszeit statt und dauerten jeweils etwa zwei Stunden, | |
Vorarbeiten nicht eingerechnet. | |
Natürlich gab es Vorbereitungen, erzählen sie, etwa ein Seminar, wo sie | |
sich Zeitzeugeninterviews angeschaut, wo sie gelernt haben, worauf man | |
vorbereitet sein muss und wie man mit einer Situation umgeht, wenn | |
Menschen, jeder über achtzig Jahre alt, von ihren damaligen Gefühlen | |
überwältigt werden. Niemand schickt 16-Jährige unvorbereitet zu so einem | |
Gespräch. Die Schülerinnen hatten zudem einen Fragekatalog als Leitfaden, | |
wussten, dass offene Fragen den Redefluss lösen, dass die „menschliche | |
Basis“, so nennt es Emma, unbedingt stimmen musste, dass man Grenzen | |
respektiert und die betagten Gesprächspartner, ganz gleich, wie anstrengend | |
es wird, unbedingt wertschätzt. | |
Die „menschliche Basis“ wurde auch dadurch gelegt, dass Zeitzeugen | |
ausgewählt wurden, die damals so jung waren, wie es die Schülerinnen heute | |
sind, zwischen zwölf und achtzehn Jahre alt. Eben eine „Jugend im Juni“ – | |
so der Name des Geschichtsprojekts. Um Zeitzeugen ausfindig zu machen, | |
schaltete das Stadtarchiv Aufrufe in der Magdeburger Volksstimme und beim | |
MDR. Fast einhundert meldeten sich daraufhin als Zeitzeugen, die breit | |
waren zu reden, viele zum ersten Mal. | |
Nele beginnt: „Mein erster Zeitzeuge hat gleich zu Beginn geweint. Es ging | |
noch nicht mal um den 17. Juni konkret. Es ging um seine Kindheit. Er hat | |
dann viele Pausen gemacht beim Reden. Er war 16 Jahre alt, hat am Aufstand | |
aktiv teilgenommen, hat Parolen gerufen. Die Familie hatte zuvor viel | |
staatliche Gewalt erlebt.“ Emma sagt: „Mein Zeitzeuge hat auch angefangen | |
zu weinen. Er hatte Verwandtschaft im Westen, wollte aber im Osten bleiben | |
wegen seiner Familie. Sein Vater hatte Schwierigkeiten auf der Arbeit. Doch | |
nach dem 17. Juni begann das Schweigen in der Familie, jahrzehntelanges | |
Schweigen, nur Schweigen.“ | |
„Die Menschen hatten Angst zu reden“, sagt Emma. „Eine Frau hat uns | |
erzählt, ihr seid die Ersten, außer meinem Mann, mit denen ich darüber | |
rede.“ Selbst mit der eigenen Tochter habe sie nie über das Erlebte | |
gesprochen. Sie berichtet von Löchern in den Wänden, davon, dass Wohnungen | |
abgehört wurden. „Man konnte sich in der Wohnung nicht unterhalten, nur | |
beim Spazierengehen.“ | |
Joline erzählt, wie es einem Lehrer erging. „Der hat seine Schulkinder am | |
17. Juni nach Hause geschickt.“ Er hat den Unterricht beendet wegen des | |
Aufstandes. Er wurde daraufhin verhaftet, war monatelang weg, und er war | |
„komplett benebelt“, als er wieder vor die Klasse trat. Man könnte auch | |
sagen, er war zerstört. So erinnerte sich eines der Schulkinder. | |
Ein anderer erinnerte sich, wie sich die Menschen in den Toreinfahrten | |
versteckten, als im Laufe des Tages sowjetische Panzer anrollten und den | |
Aufstand erstickten. Sie rollten immer wieder vorbei, auf und ab, wie | |
Bluthunde. „Dass hier Panzer gefahren sind, dass geschossen wurde …“ Nele | |
sucht nach Worten. „Das ist Magdeburg, wie es früher einmal war.“ Sie | |
überlegt. „Ja, das ist Krieg. Dabei wollten die Menschen nur die Freiheit | |
zurückerlangen.“ Dieser Freiheitswille machte sich auf der Straße Luft. | |
„Deutsche Brüder, reiht euch ein, wir wollen keine Sklaven sein!“ Das war | |
in ihrer Stadt zu hören, sagt Nele und sinniert. „Dass man sich selbst als | |
Sklave sieht, krass!“ | |
Haben sich auch ihre eigenen Familien für die Recherchen interessiert? | |
Joline nickt. Ihre Großeltern haben den 17. Juni selbst erlebt, sagt sie. | |
„Manchmal waren sie geschockt, was sie von ihrer Enkelin zu hören bekamen. | |
Es war wie eine kleine Unterrichtsstunde für sie.“ | |
Die Zeitzeugengespräche fanden in der Schulbibliothek statt, erzählen die | |
drei. Sie waren lang, dauerten meistens länger als zuvor vermutet. „Man | |
versucht, ihnen Zeit zu geben“, sagt Emma. „Manche wollten ihre ganze | |
Lebensgeschichte erzählen und streifen den 17. Juni eher, andere wollten | |
nur über den 17. Juni reden.“ Hat sich jemand von ihnen gerechtfertigt für | |
das, was sie taten? Sie überlegen. „Die Zeitzeugen fanden die Idee des 17. | |
Juni gut.“ Hielten sie den Aufstand für gescheitert? Er wurde | |
niedergeschlagen, das ja. Herbert Stauch war nicht der Einzige, der am | |
Folgetag hingerichtet wurde. Am 17. Juni selbst gab es in Magdeburg Tote, | |
auf beiden Seiten. „Aber die Menschen haben Mut gezeigt,“ sagt Nele. | |
Joline erzählt: „Einer meiner Gesprächspartner sagte mir: Der 17. Juni hat | |
den Grundstein gelegt für die Aufstände, die folgten“ – den Posener | |
Aufstand im Juni 1956, den Volksaufstand in Ungarn vier Monate später, den | |
Prager Frühling in der Tschechoslowakei 1968. Auch wenn der Kreml zur | |
Unterwerfung Panzer und Soldaten schickte, zur Ruhe gekommen sind die | |
sowjetischen Satellitenstaaten nicht. Mit der [1][Solidarność-Bewegung] | |
1980 in Polen bröckelt die Machtbasis endgültig. Der Zusammenbruch erfolgt | |
1989 – und mit der Friedlichen Revolution kommt der Aufstand auch nach | |
Magdeburg zurück. | |
„Wir kommen wieder!“, hatten die Demonstranten 1953 in Magdeburg | |
sowjetischen Soldaten, der DDR-Volkspolizei und den strammen Genossen | |
entgegengerufen. Dass es 36 Jahre dauern wird, ahnt keiner. Die Erinnerung | |
aber bleibt wach. „Ist es so, dass morgen der 17. Juni ausbricht?“, fragt | |
Stasi-Minister Erich Mielke seine Generäle bei einer Besprechung Ende | |
August 1989. „Mein Zeitzeuge hat am Tag des Mauerfalls an den 17. Juni | |
gedacht“, sagt Emma. | |
Haben ihnen die alten Menschen auch erzählt, warum sie so lange geschwiegen | |
haben? „Eine Frau dachte, das interessiert keinen“, sagt Emma. „Viele | |
denken, dass es die junge Generation nicht interessiert“, ergänzt Nele. | |
„Der 17. Juni ist auf jeden Fall ein wichtiges Datum, auch für die | |
heranwachsende Generation“, bekräftigt Emma. Warum? „Es ist wichtig, dass | |
die Menschen aufpassen, es gibt Krieg in der Welt“, sagt sie. Es klingelt. | |
Flure und Schulhof füllen sich wie überall. Aus den jungen, ernsthaften | |
Historikerinnen werden schnell wieder fröhliche Teenager. Wie fühlt sich | |
nach all den Gesprächen die heutige „Jugend im Juni“, verglichen mit der | |
von 1953? Sie überlegen. „Sehr privilegiert“, sagt Nele. Für ein Foto auf | |
der Schultreppe bleibt noch Zeit, dann verschwinden sie auf dem Schulhof. | |
Die Magdeburger Gedenkstätte Moritzplatz ist ein Gefängnisbau aus dem 19. | |
Jahrhundert. 1953 war er die Magdeburger Untersuchungshaftanstalt. Während | |
am anderen Ende der langgestreckten Innenstadt um die Mittagszeit des 17. | |
Juni bereits sowjetische Panzer rollen, Soldaten scharf schießen und der | |
Parlamentär Herbert Stauch vollkommen hoffnungslos verhandelt, gelingt hier | |
den Aufständischen ein spektakulärer Erfolg. Am Nachmittag stürmen sie das | |
Gefängnis und befreien 221 Gefangene. Mindestens einer flieht in den | |
Westen, vermutlich sind es viel mehr. | |
Der Gefängniskomplex, ab 1958 Stasi-Untersuchungsgefängnis, ist seit Ende | |
1990 eine Gedenkstätte mit einer Dauerausstellung. Für die Gedenkstunde ist | |
der Veranstaltungsraum zu klein. Daher wird sie nebenan in einem | |
Kulturzentrum stattfinden. Am Sonnabend um zehn werden die drei | |
Schülerinnen dort ihren Poetry Slam aufführen. Sachsen-Anhalts | |
Innenministerin Tamara Zieschang und Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone | |
Borris sprechen Grußworte. Die Zeitzeugen sind ebenfalls eingeladen. Sie | |
werden auf sich selbst sehen können, wie sie als Halbwüchsige vorn stehen. | |
„Im Poetry Slam wir spielen uns selbst und wir spielen die Zeitzeugen,“ | |
haben Nele, Emma und Joline gesagt. „Wir geben den Verlauf wieder, die | |
Hinrichtungen, die Hausdurchsuchungen, das Fazit. Alles.“ | |
Einer, der ebenfalls dabei sein wird, ist Christoph Volkmar. Der | |
promovierte Historiker, 1977 in Leipzig geboren, ist seit sieben Jahren | |
Leiter des Magdeburger Stadtarchivs. Es hat seinen Platz unweit der | |
Gedenkstätte Moritzplatz in einem modernisierten Industriebau. Volkmar ist | |
ausgewiesener Fachmann für die Geschichte der Frühen Neuzeit, der | |
Reformation, der vormodernen Stadt. Mühelos kann er aus dem Stegreif über | |
dem mittelalterlichen Handelsplatz Magdeburg reden, über das Stadtgebiet im | |
Mittelalter, über den Sieg der lutherischen Ideen und über die sechs | |
evangelischen Pfarrkirchen der Stadt. Als Anregung hängen in seinem Büro | |
historische Magdeburger Stadtansichten. | |
Doch Volkmar ist als Archivleiter natürlich nicht nur an Vormoderne | |
interessiert. Es war an einem der „stadtgeschichtlichen Sommerabende“, | |
einer Veranstaltungsreihe des Archivs, als Volkmar im letzten Juli auf eine | |
Erinnerungslücke gestoßen ist. Richard Millington, ein britischer | |
Historiker, der in Magdeburg zum 17. Juni 1953 recherchiert hat, | |
berichtete, wie sich der Aufstand im kollektiven Gedächtnis der Magdeburger | |
bewahrt hat. | |
Nach dem Vortrag, erzählt Volkmar, meldeten sich immer mehr aus dem | |
Publikum, betagte Damen und Herren, die einander erzählten, dass sie noch | |
nie über ihre Erlebnisse an jenem Tag berichtet haben. Ihm war an jenem | |
Abend klar, dass sich die „Erlebnisgeneration“ spontan regte und dass er | |
diese oral history bewahren muss. In den Archiven ostdeutscher Städte | |
findet sich über die DDR vor allem Offizielles, erläutert Volkmar ein | |
grundlegendes Problem. „Damit haben wir immer die Perspektive der | |
staatlichen Stellen, nicht die der Menschen.“ | |
Mit Zeitzeugengesprächen lässt sich diese andere Perspektive einbringen. | |
Immerhin war Magdeburg eines der Zentren des Aufstandes. „50.000 Menschen | |
waren in Magdeburg auf den Beinen“, sagt Volkmar. „Es war eine Abstimmung | |
über das politische System.“ Es gab keinen in der Stadt, der das nicht | |
wahrgenommen hätte. „Es war eine außeralltägliche Erfahrung“, ähnlich d… | |
Tag des Mauerfalls am 9. November 1989. | |
Zum Geschichtsprojekt „Jugend im Juni“ war es dann nur noch ein kleiner | |
Schritt. Aufbauend auf Erfahrungen bei einem ähnlichen Projekt, es ging | |
dabei um „Magdeburger Maueropfer“, bereitete Volkmar zusammen mit Richard | |
Millington das Projekt vor. Millington entwickelte einen Fragenkatalog und | |
wies die Jugendlichen in Gesprächsführung ein, Volkmar startete die Suche | |
nach Zeitzeugen, sorgte für die Aufbereitung der Interviews, hielt Kontakt | |
zu den beiden beteiligten Schulen. Hundert Schülerinnen und Schüler fanden | |
sich, die mehr erfahren wollten über „Jugend im Juni“ des Jahres 1953, | |
unter ihnen Nele, Emma und Joline. Am Sonnabend präsentieren sie ihren | |
Poetry Slam, berichten von den Interviews und erzählen auch von Herbert und | |
Else Stauch. | |
1996 wird Herbert Stauch von der russischen Militärstaatsanwaltschaft | |
rehabilitiert. Unweit des ehemaligen Polizeipräsidiums, wo der Müller | |
hingerichtet wurde, erinnert seit 2003 die Herbert-Stauch-Straße an den | |
Parlamentär des 17. Juni. | |
16 Jun 2023 | |
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Thomas Gerlach | |
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