# taz.de -- Lästiges Umweltsünder-Image: Die Optimierung der Lieferketten | |
> Online-Supermärkte wie Oda und Knuspr werben damit, nachhaltiger zu sein | |
> als der stationäre Handel. Ist da etwas dran? | |
Bild: Rewe und Co sind nicht allein: Mitbewerber wie Oda oder Knuspr verspreche… | |
Der Markt für Direktlieferungen von Lebensmitteln wächst. Immer wieder | |
treten neue Player auf und wollen ein Stück vom Kuchen abhaben. Den Riesen | |
der Branche, die auch hier Amazon, Rewe und Edeka heißen, wollen sie nicht | |
das ganze Feld überlassen. | |
Allerdings sind Online-Supermärkte bisher dafür bekannt, noch mehr Müll zu | |
verursachen als der stationäre Handel: Kartonage, Kühlbehältnisse und | |
Plastikfolie fallen an, dazu kommen noch die Emissionen für die Lieferung | |
nach Hause. Doch neue Online-Anbieter wie Oda und Knuspr versuchen dieses | |
Image des Umweltsünders zu drehen. | |
Oda ist ein norwegischer Lieferant, der erst seit Anfang des Jahres auch in | |
Deutschland liefert, aktuell in und um Berlin und in Teilen Niedersachsens. | |
Das Unternehmen hat „die Mission, das effektivste Retail-System der Welt | |
aufzubauen und Ineffizienzen in der Lieferkette für Lebensmittel zu | |
beseitigen“, wie es auf seiner Website schreibt. | |
Und auch Knuspr will „echt nachhaltig“ sein. Das Unternehmen wirbt damit, | |
dass es mit einem Standort den Bedarf von 40 Supermärkten abdecken kann. | |
Derzeit liefert Knuspr um München und im Rhein-Main-Gebiet. | |
Beide Unternehmen versuchen die Verpackungsmenge zu reduzieren. | |
Knuspr-Kund:innen können sich auch für Mehrwegtüten und Pfandgläser | |
entscheiden. Oda habe über Mehrwegbehälter für die Einkäufe diskutiert, so | |
Timea Rüb, PR-Managerin des Unternehmens. Diese müssten aber nach jedem | |
Nutzen gereinigt werden. Auch das koste Energie. Oda arbeitet daher mit | |
Kartons, die danach in die Papiertonne wandern. | |
## Zu viel Verpackungsmüll | |
Bei anderen Anbietern im Online-Segment fällt tatsächlich mehr | |
Verpackungsmüll an, wie [1][eine Analyse des Verbraucherportals Foodwatch] | |
zeigt. Einige Supermärkte liefern Kühlpacks oder mehrere Papier- und | |
Plastiktüten mit. Jene Anbieter, die keine eigene Transportinfrastruktur | |
haben und per Post verschicken, nutzen dann noch Füllmaterial wie | |
Luftpolsterfolie und Styropor. | |
Ein Großteil des Mülls und der Emissionen, die der Lebensmitteleinzelhandel | |
verursacht, fallen allerdings an, noch bevor die Konsument:innen vor | |
den stationären oder virtuellen Regalen stehen. Die Transportverpackungen | |
für die Reise von der Produktion zum Lager und dann in den Supermarkt | |
machen etwa das Doppelte des Verpackungsmülls aus, den Konsument:innen | |
sich in den Korb legen. Das zeigt [2][eine Untersuchung des Nabu und der | |
Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung] – und das ändern auch die | |
Lebensmittellieferanten nicht. | |
Ein weiterer Aspekt ist das Problem des Wegwerfens. Im stationären Handel | |
werden etwa 1,5 Prozent aller Lebensmittel weggeschmissen, hat das | |
bundeseigene Thünen-Institut [3][herausgefunden]. Bei Oda und Knuspr sind | |
es laut deren eigenen Angaben mit 0,5 und 0,1 Prozent deutlich weniger. | |
„Als Online-Lebensmittelhändler können wir sehr gut prognostizieren, wie | |
viel gebraucht wird“, sagt Oda-Managerin Timea Rüb. „Daran können wir sehr | |
gut unseren Einkauf ausrichten.“ Bei Knuspr gibt es ein „dynamisches | |
Preissystem“, wie Manuel Kalleder, Pressesprecher des Unternehmens, | |
erklärt. Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum kurz bevorstehe, würden | |
automatisch reduziert. | |
## Bessere Routenplanung | |
Die Nachhaltigkeit des Online-Shoppings lässt sich auch durch geschickte | |
Routenplanung verbessern: Wenn ein Auto die Einkäufe für viele Haushalte | |
liefert, fallen weniger Emissionen an, als wenn jeder Haushalt separat | |
losfährt. | |
Daher bietet Knuspr „Eco Slots“ für die Lieferung an. Das heißt, dass | |
mindestens ein weiterer Kunde im Umkreis von 500 Metern eine Lieferung | |
zugestellt bekommt. Dadurch werde die Lieferung „NOCH nachhaltiger“, so | |
Knuspr. Auch bei Oda lässt sich eine „Eco-Lieferung“ buchen: Wählen | |
Kund:innen größere Lieferzeitfenster aus, können Routen effizienter | |
geplant werden. | |
Für das Einsparungsversprechen liefert Oda auch gleich konkrete Zahlen: 60 | |
Prozent weniger Emissionen soll ein Einkauf mit Oda gegenüber Einkäufen in | |
konventionellen Supermärkten verursachen. Das Unternehmen zitiert eine | |
entsprechende [4][Studie einer Consulting-Firma]. | |
Diese Emissionsdifferenz hängt primär vom Transportweg zwischen Supermarkt | |
und Kund:innen ab. In einem durchschnittlichen Supermarkt kommen laut | |
Studie 2,8 Kilogramm CO2 pro Einkauf zusammen. Beim Online-Shopping seien | |
es nur ein Kilogramm. Dieser Wert, das steht so auch im Fazit der Studie, | |
hängt jedoch maßgeblich vom Verkehrsmittel der Käufer:innen ab, das sie | |
beim konventionellen Einkauf verwenden: mit dem Rad oder zu Fuß sind die | |
Emissionen für diesen Weg gleich null. | |
Der Transport ist beim Lebensmittelversand ein heikler Punkt. Es ist nur | |
dann effizient, einen Transporter mit Lebensmitteln loszuschicken, wenn | |
dieser bei möglichst vielen Haushalten hält. Dann sinken die Emissionen pro | |
Einkauf. Wie viele Lebensmittelpakete in einem Wagen mitfahren, | |
veröffentliche Oda nicht, sagt Sprecherin Timea Rüb. In Norwegen seien es | |
im Schnitt 30 Bestellungen. Dadurch, dass Oda noch nicht so lange auf dem | |
deutschen Markt ist, seien die Lieferwagen in Deutschland noch nicht so | |
voll. Bei Knuspr beliefert ein Wagen im Durchschnitt 12 Haushalte mit | |
Waren. | |
Hier offenbart sich ein Grundproblem des Onlineversands: Nutzen ihn nur | |
wenige, müssen große Autos für lange Strecken und wenig Ware ausrücken. „… | |
wird zu viel Luft transportiert“, sagt Katharina Istel, Referentin für | |
Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung beim Nabu. Das gelte für den | |
gesamten Onlinehandel, also auch beim Lebensmittelversand. | |
## Die Frage der Effizienz | |
Gerade bei Konzepten wie dem „same day delivery“, wie es auch von Knuspr | |
angeboten wird, stelle sich die Frage nach der Effizienz. Auf Dauer können | |
es sich Versandunternehmen nicht leisten, einzeln die Ware zu Kund:innen | |
zu fahren. Besser wäre es, wenn sich verschiedene Versandunternehmen | |
zusammentun würden, um die Strecke „auf der letzten Meile“ zu fahren. „M… | |
kann solche Unternehmen auch ökologisch organisieren“, meint Katharina | |
Istel. Sie wünsche sich, dass die Unternehmen den Gedanken jetzt schon | |
stärker verfolgen. Schließlich sei absehbar, dass immer mehr Menschen auch | |
ihre Lebensmittel online kaufen. | |
10 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.foodwatch.org/fileadmin/Themen/Lebensmittelkennzeichnung/Dokume… | |
[2] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/einzelhandel-u… | |
[3] https://www.econstor.eu/handle/10419/231425 | |
[4] https://oda.com/de/about/nachhaltigkeit/ | |
## AUTOREN | |
Mona Rouhandeh | |
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