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# taz.de -- Friedrichstraße nicht mehr autofrei: Gefährliche Kurzschlussreakt…
> Berlins neue CDU-Verkehrssenatorin hebt die Sperrung auf der
> Einkaufsstraße auf. Überraschend kommt das nicht; falsch ist es trotzdem.
Bild: Kommen wieder weg: Durchfahrt-Verboten-Schilder an der Friedrichstraße
In diesen Tagen regiert die Symbolpolitik: Im Bund gefällt sich die FDP
dabei, vor allem die Grünen und [1][ihr Gebäudeenergiegesetz zu
blockieren], allein aus der Hoffnung, damit Punkte bei Wähler*innen zu
machen. In Berlin beeilt sich die neue schwarz-rote Koalition, progressive
Maßnahmen von Rot-Grün-Rot zu kassieren, ebenfalls um parteipolitische
Akzente zu setzen. So ist es keine Überraschung, dass CDU-Verkehrssenatorin
Manja Schreiner wie am Dienstag verkündet auf der Friedrichstraße ab Juli
wieder durchgehend Autoverkehr erlaubt.
Ihre grüne Vorgängerin und Spitzenkandidatin der Wiederholungswahl, Bettina
Jarasch, hatte erst Ende Januar, zum Höhepunkt des Wahlkampfs, [2][die
Sperrung angeordnet]. Sie wollte damit [3][Fehler eines ersten Versuchs,]
dort eine Fußgängerzone einzurichten, korrigieren. Aber es war natürlich
auch ein wichtiges Signal an die eigene Klientel, der die Verkehrswende zu
langsam vorankam. Schon Jarasch wurde daher vorgeworfen, „Kulturkampf“ zu
betreiben. Auch Schreiner bekommt diesen Vorwurf nun zu hören.
Inhaltlich ließe sich der Schritt der neuen Senatorin vielleicht noch
nachvollziehen: Höchstens ganz langsam entwickelt die teure Einkaufsstraße
so etwas wie Flaneurflair; unklar ist zudem, wie umliegende Straßen bis zum
Gendarmenmarkt in die Umgestaltung eingebunden werden sollen.
Dennoch ist die Aufhebung des Verbots eine Kurzschlussreaktion, die der
Politik insgesamt schadet – womit Schreiners Gebaren dem der FDP auf
Bundesebene erschreckend ähnelt. Denn beide sind sich natürlich bewusst,
dass angesichts der Klimakrise weitreichende Veränderungen notwendig sind,
und zwar möglichst schnell. Den Menschen zu suggerieren, mit konservativem
Aktivismus solche Veränderungen vermeiden zu können, ist schlicht
unverantwortlich.
Natürlich ist der Beitrag der auf 500 Meter autobefreiten Friedrichstraße
für den Klimaschutz und die Verkehrswende de facto überschaubar. Aber der
symbolische Wert von Schreiners U-Turn wiegt angesichts der Vorgeschichte
umso höher. Zumal am Ende bei vielen Berliner*innen, die nicht jede Irrung
und Wirrung der Landespolitik verfolgen, allein der Eindruck hängen bleibt,
dass die Politik offenbar handlungs- weil entscheidungsunfähig ist. Gerade
auf Letzteres kommt es aber in der Klimapolitik an. Und so könnte die
Friedrichstraße am Ende vor allem dafür stehen, dass die Menschheit aus
kleinkarierten Motiven den Kampf gegen den Klimawandel nicht engagiert
genug angegangen ist.
23 May 2023
## LINKS
[1] /Heizungsgesetz-verzoegert-sich/!5936620
[2] /Autofreie-Friedrichstrasse-in-Berlin/!5911611
[3] /Autofreie-Berliner-Friedrichstrasse/!5890668
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Friedrichstraße
Verkehrspolitik
Manja Schreiner
Berlin-Mitte
Berliner Senat
Wochenkommentar
Friedrichstraße
Bündnis 90/Die Grünen
Grüne Berlin
Bettina Jarasch
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