# taz.de -- Das Guru-Business von Sahra Wagenknecht: Kapitalismus kapiert | |
> Sahra Wagenknecht ist ein wirtschaftlich erfolgreicher Guru. Die Partei | |
> Die Linke dagegen, der sie immer noch angehört, ist ein erledigter Fall. | |
Bild: Wagenknecht gegen die Linke, das ist auch nicht anders als früher in der… | |
Sahra Wagenknecht hat den Kapitalismus kapiert: Voraussetzung für | |
erfolgreiches Unternehmertum ist immer, dass die eigenen, | |
privatwirtschaftlichen Aktivitäten möglichst lange üppig öffentlich | |
subventioniert werden, möglichst ohne dass dafür eine Gegenleistung | |
erbracht wird. Rund 750.000 Euro hat sie im vergangenen Jahr zusätzlich zu | |
ihren Diäten eingenommen, wie zuerst der Spiegel berichtete. Der hatte | |
vorher schon Wagenknechts Bundestagschwänzen pingelig recherchiert, sie war | |
halt oft krank, und dann gab es, sagt sie, [1][eben so „terminliche | |
Kollisionen“] mit ihrem, sorry echt, Business, wie gesagt: Sie hat es | |
verstanden. | |
Eine solche Diversifizierung der Einnahmequellen wird einem beim Start in | |
die Selbstständigkeit auch von den entsprechenden Beratungsstellen in den | |
Businessplan reingeschrieben. Und inzwischen kann Wagenknecht selbstbewusst | |
sagen: „Ich kann mir auch eine Perspektive als Schriftstellerin und | |
Publizistin vorstellen.“ Mit anderen Worten, Richtung „ihrer“ Partei und | |
denen, die sie gewählt haben: Danke, ihr Penner – für nichts! | |
Wobei man eben sehen muss, dass Wagenknecht nicht anders unterwegs ist als | |
ein Guru, ähnlich [2][dem guten alten Bhagwan]. Dessen | |
Sektenanhänger:innen fanden auch nichts dabei, wenn der Meister im | |
Rolls-Royce vorfuhr – warum auch? Der Guru sorgt dafür, dass Menschen in | |
einem Paralleluniversum ihr Zuhause finden. Und wenn es ihnen dann | |
erwartungsgemäß zerbröselt, dann suchen sie sich die nächste Gelegenheit | |
zur Realitätsflucht samt charismatischer Figur, von der sie sich betrügen | |
lassen können: Denn die Verletzungen, die sie in der wirklichen Welt | |
erfahren, sind viel schlimmer für sie als aller gefährlicher Quatsch, den | |
die Wagenknechte dieser Welt sich ausdenken können. | |
Wer den Kapitalismus nicht kapiert hat, ist die Linkspartei. Dabei dichtete | |
schon der von Sahra Wagenknecht geschätzte Brecht: „Das Geld ist gut. Auf | |
das Geld gib acht! Hast du Geld, musst du dich nicht beugen!“ Und die Linke | |
muss sich beugen. Wer mit Menschen, die durch ihr Engagement in der Linken | |
ihren Lebensunterhalt bestreiten, zu tun hat, der hört oft den Satz: Ach | |
ja, die Sahra, die Wagenknecht, schlimm –, natürlich will ich da raus aus | |
dieser schrecklichen Partei, aber ich hab halt noch keinen anderen Job. So | |
schlicht ist es eben manchmal. Dass [3][Wagenknecht die Linke als Tanzbären | |
herumführ]t und damit sehr gut verdient, schadet ihr nicht, auch nicht | |
moralisch; es schadet ausschließlich der Partei, die sie gewähren lässt, es | |
macht sie moralisch ungeil, es riecht nach Feigheit und Verzweiflung. | |
## WG-Streitigkeiten der 70er | |
Die ganze Wagenknecht-Diskussion ist im Grunde steril, erinnert in ihrer | |
unendlich zähen Dumpfheit an WG-Streitigkeiten der 1970er Jahre: Einer hat | |
geerbt, will ausziehen, aber die andern haben keine Kohle für die Kaution | |
und quengeln rum. | |
Wenn ich auf meinen Wahlkreis in Berlin schaue, in einem der ärmsten Kieze | |
der Stadt, dann haben dort bei der Abgeordnetenwahl im Februar über die | |
Hälfte der Wahlberechtigten auf ihr Stimmrecht verzichtet. Die Linke aber | |
hat sogar leicht hinzugewonnen, kam auf 21 Prozent der Stimmen. Es gibt | |
also Potenzial für Parteiarbeit statt Pöstchen-Pupsen. Wenn Sahra dann | |
endlich für sich entschieden hat, ganz auf ihr Business zu setzen, spendet | |
sie vielleicht sogar was – kann sie ja absetzen. | |
22 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-fehlt-knapp-di… | |
[2] /Bhagwans-sexuelle-Revolution/!5053374 | |
[3] /Wagenknecht-und-eine-neue-Partei/!5920101 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
## TAGS | |
Sahra Wagenknecht | |
Die Linke | |
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) | |
Streit | |
Kapitalismus | |
Rechter Populismus | |
Die Linke | |
Gregor Gysi | |
Sahra Wagenknecht | |
Sahra Wagenknecht | |
Linkspartei | |
Linkspartei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Spaltung der Linken: Sozialismus mit rechtem Code | |
Nationalisten und „Linkskonservative“ – ein Blick ins europäische Ausland | |
gibt eine Ahnung vom Programm einer möglichen neuen Wagenknecht-Partei. | |
Kongress linker Rebellen: In alten Mustern verheddert | |
Die Linke bleibt gespalten. Es gelingt ihr nicht, sich nach vorn zu | |
orientieren. Die Partei verharrt in Wartehaltung auf Wagenknechts | |
Entscheidung. | |
Nebenjobs von Abgeordneten: Gysi verdient Viertelmillion hinzu | |
Linken-Politiker Gregor Gysi hat seine Nebeneinkünfte veröffentlicht. Sind | |
so viele Tätigkeiten mit der Arbeit in der Politik vereinbar? | |
Krise der Linkspartei: Allgemeinplätze gegen den Abgrund | |
Mit einem Aufruf wollen Dietmar Bartsch und Gregor Gysi die Spaltung der | |
Linken verhindern. Die Gründung einer neuen Partei sei „völlig | |
überflüssig“. | |
Wagenknecht und eine neue Partei: Ich, ich, ich | |
Die Noch-Linke Sahra Wagenknecht will vielleicht eine Partei gründen. | |
Linkspartei-Vize Katina Schubert fordert Sanktionen. | |
Angekündigter Abschied: Wagenknechts Zeitspiel | |
Die Linke sollte sich nicht von Sahra Wagenknecht auf der Nase herumtanzen | |
lassen. Ein Bruch ist unausweichlich – und zwar jetzt. | |
Wagenknecht bereitet ihren Abgang vor: Zum Abschied leise Servus | |
Sahra Wagenknecht hat eine erneute Kandidatur für die Linkspartei | |
ausgeschlossen. Damit leben Spekulationen über eine mögliche Abspaltung | |
wieder auf. |