# taz.de -- Krise der Linkspartei: Allgemeinplätze gegen den Abgrund | |
> Mit einem Aufruf wollen Dietmar Bartsch und Gregor Gysi die Spaltung der | |
> Linken verhindern. Die Gründung einer neuen Partei sei „völlig | |
> überflüssig“. | |
Bild: Originelle Idee: Dietmar Bartsch fordert seine Partei zur Selbstbeherrsch… | |
BERLIN taz | Mit einem Aufruf zur Einheit haben sich die Linken-Politiker | |
Dietmar Bartsch und Gregor Gysi an ihre Partei gewandt. „Wir alle sind zur | |
Selbstbeherrschung, zur Selbstdisziplin verpflichtet“, heißt es in einem | |
gemeinsamen Appell unter dem Titel „Es reicht!“. Die Linkspartei befände | |
sich „in einer existentiellen Krise mit selbstzerstörerischen Elementen“. | |
Es müsse Schluss sein „mit permanentem öffentlichen Streit, mit | |
gegenseitiger Denunziation, mit Egotrips“. | |
Nötig sei, „diesen schädlichen Kurs der Selbstbeschäftigung zu stoppen und | |
uns um unsere wahre Aufgabe zu kümmern – den Kampf für Gerechtigkeit und | |
Frieden“. Als zentrale Themen führt das Papier zudem die Überwindung von | |
Armut und die Herstellung von Steuergerechtigkeit, die öffentliche | |
Daseinsvorsorge, ökologische Nachhaltigkeit verbunden mit sozialer | |
Verantwortung, die internationale und nationale Solidarität sowie die | |
völlige Gleichstellung von Mann und Frau und Ost und West an. | |
Eine linke politische Alternative werde gebraucht. Daher sei „nicht die | |
Zeit für Resignation, Austritte und Abkehr von der Linken“. Ohne [1][Sahra | |
Wagenknecht und ihr Umfeld] namentlich zu nennen, wird vor einer Spaltung | |
gewarnt: „Die Bildung einer zweiten linken Partei ist völlig überflüssig.�… | |
Sie würde „das gleiche Schicksal erleiden wie die jetzige“. Auch | |
[2][Ausschlussverfahren] seien schädlich. | |
Unterschrieben haben den Aufruf auch noch die direkt gewählten | |
Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch und Sören Pellmann, die | |
stellvertretende Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns Simone | |
Oldenburg und der Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung [3][Heinz | |
Bierbaum]. Mit dabei sind zudem die drei ehemaligen | |
Bundespräsidentenkandidat:innen der Linken, Luc Jochimsen, | |
[4][Christoph Butterwegge] und [5][Gerhard Trabert], wobei die beiden | |
Letztgenannten nicht Mitglied der Linkspartei sind. | |
„Wir appellieren an die Träger der Partei, jetzt zu kämpfen“, sagte Barts… | |
der dpa. Die genannten Ziele könnten gewiss viele in der Partei | |
unterschreiben. Gysi und er hätten aber bewusst nur einige wenige | |
angesprochen. Interessant ist, wer alles nicht dabei ist: Niemand aus der | |
Parteispitze findet sich unter dem Aufruf, ebenso fehlen Bartschs | |
Co-Bundestagsfraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali oder Thüringens | |
Ministerpräsident Bodo Ramelow wie auch Linke aus den Landesregierungen in | |
Bremen und Berlin. | |
In der Linkspartei stößt der Aufruf auf gemischte Resonanz. „Das | |
unterstütze ich vollständig“, twitterte Stefan Gebhardt, der | |
parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion in Sachsen-Anhalt. Es | |
sei ein „wichtiger Appell zur innerparteilichen Mäßigung“, befand Ulrike | |
Eifler, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb und | |
Gewerkschaft. | |
Als „eigentümlich“ bezeichnete hingegen die Berliner Linkenchefin Katina | |
Schubert das Papier: „Da rufen Leute mit einer Allerweltsbegründung zu was | |
eigentlich auf?“ Einen Beitrag zur Überwindung der Krise der Linkspartei | |
könne sie darin nicht erkennen, so Schubert, die auch stellvertretende | |
Vorsitzende der Bundespartei ist. | |
Durchhalteparolen reichten nicht. „Einige der Unterzeichnenden hätten es in | |
der Hand, die Zeit der Disfunktionalität der Bundestagsfraktion zu beenden | |
und mit der Parteiführung sowie den Partei- und den Fraktionsvorsitzenden | |
in den Ländern die Rettung der Linken anzugehen“, sagte Schubert der taz. | |
Damit zielte sie auf die Bundestagsabgeordneten, die das Papier | |
unterzeichnet haben, besonders auf den umstrittenen Fraktionschef Bartsch. | |
Kritisch äußerte sich auch der Ex-Parteivorsitzende und | |
Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger. Er sei kein Freund von | |
innerparteilichen Aufrufen, zumal es im konkreten Fall unklar sei, an wen | |
er überhaupt adressiert sei. So gebe es in der Parteiführung niemanden, der | |
oder die mit Parteigründungen oder -ausschlüssen liebäugle. „Es gibt nur | |
eine Gruppe mit einer prominenten Person, die öffentlich mit der Gründung | |
einer neuen Partei spekuliert“, sagte Riexinger der taz. „Auf deren | |
Verhalten dürfte der Aufruf keinen Einfluss haben.“ | |
16 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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