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# taz.de -- Scharfe Kritik von der FDP: Kulturkampf um Demokratieförderung
> Das Demokratiefördergesetz landet im Bundestag. Doch die FDP fordert eine
> Extremismusklausel, Grüne und SPD halten dagegen.
Bild: Stellt sich hinter das Demokratiefördergesetz und gegen eine Extremismus…
Berlin taz | Es ist eine entscheidende Wegmarke: Am Donnerstagabend will
der Bundestag erstmals über das Demokratiefördergesetz diskutieren. Seit
Jahren hatten zivilgesellschaftliche Initiativen das Gesetz eingefordert.
Im Dezember legten Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin
Nancy Faeser (SPD) [1][dann einen Gesetzentwurf vor.]
Alles auf dem Weg also? Nicht ganz. Denn die praktische Ausgestaltung des
Gesetzes bleibt weiter offen. Und die mitregierende FDP fordert schon jetzt
Nachbesserungen. Mit dem Gesetz sollen zivilgesellschaftliche Initiativen,
die sich gegen Extremismus und für Demokratie einsetzen, nun auch
langfristig vom Bund gefördert werden. Bisher galt dies immer nur für eine
Legislaturperiode. Die Projekte mussten dann mit veränderten Konzepten neue
Anträge stellen – und jedes Mal um ihre Finanzierung bangen.
Paus und Faeser hatten dagegen die Wichtigkeit dieser Demokratiearbeit
betont, gerade in Krisenzeiten, die auch Extremisten zu nutzen versuchten.
Welche Projekte am Ende aber eine langfristige Förderung bekommen, bleibt
weiter unklar. Das regeln Förderrichtlinien, die bislang nicht vorliegen.
Und vermutlich wird dies auch noch eine Weile dauern. Das
Familienministerium sagte der taz, erst müsse das Gesetz in Kraft treten,
dann könnten die Förderrichtlinien erarbeitet werden. Mit einem Entwurf für
die Richtlinien sei somit erst Anfang 2024 zu rechnen, eine langfristige
Förderung der Initiativen wäre dann ab 2025 möglich.
## FDP attackiert Meldestelle Antifeminismus
Doch schon jetzt will die FDP Nachbesserungen an dem Gesetz. Und springt
dafür etwa auf eine aktuelle Kampagne gegen die [2][Meldestelle
Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung] auf, die sexistische Vorfälle
sammelt. Die Stiftung wird derzeit vom Bund gefördert. FDP-Vizechefin Linda
Teuteberg kritisiert, es sei nicht Aufgabe des Staates, „legitime und
verfassungsgemäße Meinungen über die Förderung entsprechender NGOs zu
bekämpfen und Bürger etwa für eine Ablehnung des Genderns an den Pranger zu
stellen.“
Es ist ein Vorwurf, den die Stiftung zurückweist: Die Meldestelle
dokumentiere keine Meinungen, sondern antifeministische Vorfälle. Und auch
Paus’ Ministerium betont, dass die Meldestelle nicht zum Denunzieren
aufrufe, sondern „für Betroffene von Hass gegen Frauen“ da sei. Alle Fälle
würden anonymisiert.
Neben der FDP attackieren auch CDU und AfD das Projekt. Die FDP fordert nun
engere Grenzen im Demokratiefördergesetz, welche Projekte gefördert werden
können. Zudem will die Partei die [3][Wiedereinführung einer
Extremismusklausel]. Die gab es schon einmal unter CDU-Familienministerin
Kristina Schröder und verpflichtete Initiativen, sich schriftlich zum
Grundgesetz zu bekennen. Weil die Projekte einen Generalverdacht beklagten,
wurde die Klausel später wieder abgeschafft.
Der FDP-Abgeordnete Martin Gassner-Herz pocht dagegen auf die Klausel.
„Natürlich können nur echte, glühende Grundgesetzfans Demokratieförderung
umsetzen und dafür staatliche Förderung erhalten“, sagte er der taz. „Ich
verstehe an dieser Stelle die Aufregung nicht.“ Gerade angesichts des
jüngsten Verfassungsgerichtsurteils zur Finanzierung politischer Stiftungen
brauche es „sorgfältige Formulierungen im Gesetz“.
## Paus lehnt eine Extremismusklausel ab
Paus dagegen lehnt eine Extremismusklausel weiterhin ab. Bereits heute
gelte, dass die Projekte auf dem Boden der demokratischen Grundordnung
stehen müssten und staatliche Fördermittel „nicht für extremistische Zwecke
missbräuchlich verwenden dürfen“, sagte ihre Sprecherin der taz. Dies werde
durch ein „bewährtes“ und zwischen dem Innen- und Familienministerium
abgestimmtes Verfahren abgesichert.
Auch die SPD weist den FDP-Vorstoß zurück. „Dass den Initiativen immer
wieder vorgeworfen wird, sie stünden nicht auf dem Boden der Verfassung,
ist unredlich und hanebüchen“, sagte die SPD-Abgeordnete Elisabeth Kaiser
der taz. „Sie leisten seit vielen Jahren ungemein wertvolle Arbeit für mehr
demokratische Teilhabe, politische Bildung und Prävention.“ Die
Wiedereinführung der Extremismusklausel wäre daher „eine Rolle rückwärts
und auch rechtlich höchst fraglich“. Und Kaiser verteidigt zudem, dass sich
das Demokratiefördergesetz für Pluralismus einsetzen will. „Es geht darum,
mehr Teilhabe zu schaffen und auch das Engagement etwa von migrantischen
oder queeren Initiativen zu fördern, die im öffentlichen Diskurs wenig
vertreten sind.“
Kritik kommt auch von der Grünen-Abgeordneten Schahina Gambir. Es sei „ein
großer Erfolg“, dass sich die Ampel zu einer progressiven
Gesellschaftspolitik und einem Demokratiefördergesetz verpflichtet habe, so
Gambir zur taz. Eine Extremismusklausel sei dabei ein „überkommener Ansatz“
und „aus gutem Grund“ nicht von der Koalition vereinbart worden. „Wir
wollen die Arbeit der Zivilgesellschaft stärken und nicht durch eine
untaugliche Klausel und einen implizierten Generalverdacht behindern.“
Gambir wie Kaiser betonen zudem, dass der Gesetzentwurf eine
Verfassungstreue der geförderten Projekte bereits gewährleiste.
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, zeigte sich
ebenso irritiert über die Vorwürfe. „Die Debatte um das
Demokratiefördergesetz dient mittlerweile zur identitätspolitischen
Profilierung und wächst sich zu einem Kulturkampf aus, der am Ende nur bei
der AfD einzahlt“, kritisierte er. Die Initiativen müssten nun einen
„Generalverdacht“ gegen ihr Engagement abwehren. Dabei gehe es doch
eigentlich um etwas ganz anderes, so Reinfrank: die Unterstützung der
Engagierten gegen Rechtsextremismus.
16 Mar 2023
## LINKS
[1] /Langfristige-Foerderung-von-Projekten/!5902727
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[3] /Langfristige-Foerderung-von-Projekten/!5902727
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Demokratie
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