# taz.de -- Langfristige Förderung von Projekten: Demokratiefördergesetz besc… | |
> Jahrelang wurde gerungen, nun einigt sich die Ampel auf eine dauerhafte | |
> Förderung für Demokratieprojekte. Doch es gibt Kritik von verschiedener | |
> Seite. | |
Bild: Darauf sollte man sich in einer Demokratie einigen können | |
BERLIN taz | Seit Jahren hatten zivilgesellschaftliche Gruppen es | |
eingefordert, seit Jahren wurde darum gerungen: Am Mittwoch nun beschloss | |
die Bundesregierung ein Demokratiefördergesetz, auf Initiative von | |
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Familienministerin Lisa Paus | |
(Grüne). Die Ampel setzt damit ein [1][zentrales Projekt ihres | |
Koalitionsvertrags] um. | |
„Mit dem Demokratiefördergesetz stärken wir die Zivilgesellschaft – und | |
damit die Demokratie“, erklärte Paus am Mittwoch. Auch Faeser betonte, das | |
wichtigste Mittel im Kampf gegen Extremismus sei es, „unsere Demokratie | |
lebendig zu halten“. Dieses Engagement unterstütze man mit dem Gesetz. | |
Bereits der Bundestagsuntersuchungsausschuss zur NSU-Terrorserie hatte 2013 | |
ein solches Gesetz eingefordert. Auch zivilgesellschaftliche Initiativen | |
hatten zuletzt immer wieder Druck gemacht. Ihr Problem: Ihre | |
Demokratieprojekte werden bisher immer nur für eine Legislaturperiode | |
gefördert und stehen dann vor dem Aus oder müssen mit veränderten Konzepten | |
neu aufgestellt werden. | |
Schon die vergangene schwarz-rote Bundesregierung hatte das Gesetz | |
einführen wollen – [2][am Ende scheiterte es aber am Widerstand der Union]. | |
Die drängte etwa auf eine Art „Extremismusklausel“, eine schriftliche | |
Verpflichtung der Träger, sich zur Verfassungstreue zu bekennen – was diese | |
als Generalverdacht kritisierten. | |
## Druck auf die offene Gesellschaft | |
Die Ampel hatte das Demokratiefördergesetz dann als ein zentrales Projekt | |
ausgegeben und eine schnelle Umsetzung versprochen. Eine | |
„Extremismusklausel“ gibt es so im Gesetz nicht, wohl aber die | |
Festschreibung, dass die Projekte „die Ziele des Grundgesetzes achten“ | |
müssten. | |
Im Gesetzentwurf heißt es, es sei „aktuell wichtiger denn je“, eine | |
tragfeste Grundlage für die Förderung von zivilgesellschaftlichem | |
Engagement für die Demokratie zu schaffen. In den vergangenen Jahren sei | |
die offene Gesellschaft „zunehmend unter Druck geraten“. Vor allem | |
rechtsextreme Straf- und Gewalttaten hätten „immer weiter zugenommen“. Auch | |
durch islamistischen Extremismus, Linksextremismus oder den „sich zunehmend | |
radikalisierenden“ Coronaprotest werde die Demokratie „in | |
besorgniserregender Art und Weise beschädigt“. Dazu kämen Hass im Netz und | |
Desinformation. | |
Dagegen brauche es ein „breites Engagement für die Demokratie sowie | |
überzeugte Demokratinnen und Demokraten“, halten die Ministerien fest. | |
Zivilgesellschaftliche Projekte, die sich dafür engagierten, wolle man | |
daher „nachhaltig“ absichern und ihnen einen klaren Rechtsrahmen bieten. | |
Der Bund sei hier in der Verantwortung, weil die Bedrohung nicht lokal sei, | |
sondern bundesweit oder gar international. Die Bekämpfung jeder Form von | |
Extremismus sei „eine gesamtgesellschaftliche und dauerhafte Aufgabe von | |
zentraler politischer Bedeutung“. | |
## Aussichten noch immer unklar | |
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, nannte das | |
Demokratiefördergesetz „einen enormen Fortschritt“. Er könne sich „an k… | |
Gesetz erinnern, dass so häufig versprochen wurde und dann nicht kam“. Wie | |
die dauerhafte Förderung genau aussieht, sei aber immer noch ungewiss, | |
sagte Reinfrank der taz. | |
Viele Kolleg:innen wüssten weiter nicht, ob sie 2023 noch einen Job | |
hätten. Diese Unsicherheit mache es immer schwerer, gute Leute zu finden. | |
Es brauche neben der Planungssicherheit daher künftig „regelmäßige | |
Konsultationen“ der Ministerien mit den Initiativen und eine „abgestimmte | |
Strategieentwicklung“. | |
[3][Auch andere zivilgesellschaftliche Initiativen hatten sich zuletzt | |
ernüchtert gezeigt]. Über ein Beteiligungsverfahren waren sie in das | |
Vorhaben involviert, fühlten ihre Argumente aber zu wenig gehört. Sie | |
hatten warnten vor einem abstrakten Gesetz, das wenig ändere und forderten | |
mehr Mitsprache ein. Auch sollte die Förderung einiger Angebote – etwa die | |
Opfer- oder Ausstiegsberatung – explizit im Gesetz erwähnt werden. Und: Es | |
brauche eine fixe Fördersumme von 500 Millionen Euro jährlich, was eine | |
kräftige Steigerung zu den bisher für 2023 vorgesehenen 200 Millionen Euro | |
wäre. | |
Robert Kusche vom RAA Sachsen, ein Demokratieberatungsprojekt, lobte denn | |
auch das Gesetz, forderte aber ebenso eine Nachschärfung. So müsste die | |
Beratung von Opfern rechter Gewalt klar im Gesetzestext benannt werden, was | |
bisher fehle. Die bisherige Formulierung führe zu „Unklarheiten und | |
Gleichsetzungen, die nicht dem Ausmaß rechter, rassistischer und | |
antisemitischer Gewalt gerecht wird“. Auch sehe man „mit Besorgnis“, dass | |
die Finanzierungsfrage im Gesetz ungeklärt bleibe. | |
Für welche konkreten Projekte es nun tatsächlich eine langfristige | |
Förderung geben wird, hänge von den Förderrichtlinien des Gesetzes ab, | |
räumten Faeser und Paus am Mittwoch ein. Diese würden im kommenden Jahr | |
erarbeitet. Auch die Förderhöhe müsse im Haushalt verhandelt werden. | |
Zumindest Kürzungen schlossen beide Ministerinnen aber aus. | |
## Kritik auch von rechts | |
Im Gesetzentwurf heißt es, die Anmerkungen der Initiativen aus dem | |
Beteiligungsverfahren seien „soweit möglich“ in den Gesetzentwurf | |
eingeflossen. Eine konkrete Fördersumme wird indes nicht benannt – | |
versprochen wird nur eine „angemessene“ Förderung der Projekte. Explizit | |
aufgeführt werden dafür aber tatsächlich Maßnahmen der | |
„zivilgesellschaftlichen Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit, des | |
Empowerments von Selbstorganisationen und Betroffenengruppen und zum Schutz | |
vor Angriffen auf Engagierte“. | |
Kritik kommt weiter aber auch von rechts. So trauert die Union immer noch | |
der Extremismusklausel nach und beklagt, im Gesetzentwurf fehle ein | |
„eindeutiges Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Auch | |
lasse der Entwurf die konkreten Förderbedingungen offen, erklärte | |
CDU-Vizechefin Silvia Breher. Es mangele „erheblich an Transparenz“. | |
Die Regierungsfraktionen der Ampel begrüßten am Mittwoch dagegen unisono | |
das Projekt. Zivilgesellschaftliches Engagement sei für die Demokratie | |
unverzichtbar, eine verlässliche Förderung deshalb zentral, hieß es dort. | |
Während die FDP aber vor allem die nun klare Rechtslage betonte und die | |
Wichtigkeit, dass es ein Bekenntnis zur Verfassungstreue brauche, lobten | |
die Grünen, dass es für die Projekte kein „Konstrukt“ wie die | |
Extremismusklausel als Vorbedingung gebe, die „ungerechtfertigtes | |
staatliches Misstrauen ausdrückt“. | |
Aktualisiert am 14.12.2022 um 17:50 Uhr. d. R. | |
14 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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