# taz.de -- Casino-Kapitalismus in Kambodscha: Nichts geht mehr | |
> Das kambodschanische Sihanoukville wollte mit chinesichem Kapital zu | |
> einem zweiten Las Vegas werden. Jetzt ist die Stadt ruiniert. | |
Bild: Die Skyline von Sihanoukville: rund 80 Prozent der Hochhäuser stehen lee… | |
Im Zentrum von Sihanoukville stehen in der Mitte eines Kreisverkehrs zwei | |
übergroße goldene Löwenstatuen. Die Raubtiere, auf die sieben Straßen in | |
der kambodschanischen Hafenstadt zuführen, blicken zu einem chinesischen | |
Spielcasino mit dem amerikanischen Namen Atlantic City Entertainment. In | |
China stehen Löwen für Macht, Weisheit und Überlegenheit. Hier am Kreisel, | |
einem Wahrzeichen der Stadt, stehen sie für [1][einen gescheiterten | |
Raubtierkapitalismus]. | |
Vor dem Casino, auf das die Löwen blicken, parkt neben dem vergoldeten | |
Eingang demonstrativ ein weißer Rolls-Royce. Zwei Türsteher sitzen neben | |
Metalldetektoren und schauen gelangweilt auf ihre Handys. Auf der anderen | |
Seite des Löwenkreisels steht ein keilförmiger Rohbau. Nach 16 Stockwerken | |
wurde er gestoppt. Zwar stehen noch einige Gerüste, aber seit Corona wird | |
nicht mehr gebaut. Vor der Bauruine haben kambodschanische Fahrer ihre | |
Tuktuks, kleine dreirädrige Taxis, geparkt und warten an Essensständen auf | |
Fahrgäste. | |
An einer anderen Straße, die zum Kreisel führt, liegt das Casino Monte | |
Carlo. Eine weitere Straße zählt gleich drei Spielcasinos, von denen nur | |
noch eins in Betrieb ist. Insgesamt gibt es am Löwenkreisel sieben | |
Glücksspielpaläste, in den Seitenstraßen gibt es weitere, wie fast überall | |
in der Stadt. Sihanoukville soll mehr als 1.00 Spielcasinos haben oder | |
gehabt haben. Den Bauschildern an vielen unvollendeten Gebäuden nach zu | |
urteilen waren viele weitere geplant. | |
Dabei lohnt das Geschäft längst nicht mehr. Laut Schätzungen hat die Stadt | |
1.000 Bauruinen, meist Türme mit mehr als 10 Stockwerken. Sie waren oft als | |
Hotels oder Casinos für chinesische Touristen geplant. | |
Den Kambodschanern ist das Glücksspiel verboten, den Chinesen in ihrer | |
Heimat auch. Deshalb besuchen sie dafür Länder wie Kambodscha. Dort | |
versprach man sich vom Casinotourismus schnellen Wohlstand, seit | |
chinesische Investoren ab 2016 mit Milliardensummen nach Sihanoukville | |
strömten. | |
Die nach dem früheren König Norodom Sihanouk benannte Stadt, rund 200 | |
Kilometer südwestlich von Phnom Penh gelegen, ist Kambodschas wichtigster | |
Hafen. Der König hatte ihn nach der Unabhängigkeit von Frankreich 1953 am | |
Golf von Thailand gegründet, um den Außenhandel vom vietnamesischen Saigon | |
unabhängig zu machen. Sihanoukville galt lange als verschlafen, später | |
lockten seine Strände und vorgelagerten Inseln Rucksackreisende an. | |
Bis vor 15 Jahren zählte die Stadt 90.000 Einwohner, 2019 waren es schon | |
300.000, davon 200.000 Chinesen. Vom Meer aus sieht Sihanoukville mit den | |
vielen Hochhäusern wie eine moderne chinesische Stadt aus. Bei näherem | |
Hinsehen entpuppt sie sich aber als potemkinsches Dorf, denn 80 Prozent der | |
Hochhäuser wurden nicht fertiggestellt oder stehen leer. | |
Im Jahr 2010 hatten Kambodscha und China die Einrichtung einer | |
Sonderwirtschaftszone in Sihanoukville vereinbart. Die wurde 2013 in das | |
chinesische Projekt der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative) | |
integriert. In Sihanoukville zogen die Grundstückspreise an, und der | |
Goldrausch begann: „Ab 2016 strömte sehr viel chinesisches Geld in die | |
Stadt“, erzählt der Geschäftsmann Rathanak Sok. Er heißt in Wirklichkeit | |
anders, bittet aber mehrfach darum, auf keinen Fall seinen richtigen Namen | |
zu nennen. „Wir waren zunächst froh, dass die Chinesen kamen. Viele hier | |
haben davon profitiert.“ | |
Doch wurden für einige Bauprojekte auch Anwohner vertrieben. Manche zogen | |
gegen das Landgrabbing vor Gericht. Kambodschas Justiz ist aber nicht | |
unabhängig, sondern anfällig für Korruption. Die meisten Investoren haben | |
beste Verbindungen zur Politik. „Die Einheimischen haben den Zugang zu | |
einigen Stränden verloren“, kritisiert der 60-jährige Sok. Und nur wenige | |
Lokaljournalisten hätten den Mut gehabt, über die Landkonflikte zu | |
berichten. | |
Ende 2018 hatten nach offiziellen Angaben 90 Prozent der Unternehmen der | |
Stadt chinesische Eigentümer oder Manager. Schilder mit chinesischen | |
Schriftzeichen sind allgegenwärtig. Sihanoukville versprach auch | |
chinesischen Mafiabanden, den Triaden, glänzende Geschäfte. Die Regierung | |
verkaufte reichen Chinesen, von denen sich manche als in China verurteilte | |
Kriminelle erwiesen, kambodschanische Staatsbürgerschaften. Die Casinos in | |
Sihanoukville waren auch für die Geldwäsche beliebt. | |
Rund um das Glücksspiel eskalierte die Gewalt. Chinesische | |
Verbrechersyndikate lieferten sich Schießereien. Pekings Druck auf die | |
Regierung in Phnom Penh stieg, sodass diese im August 2019 zumindest das | |
unkontrollierte Online-Glücksspiel für ausländische Gäste schließlich | |
untersagte. „Bis dahin konnte in Sihanoukville selbst in kleinen Geschäften | |
online gezockt werden“, erzählt der in Phnom Penh lebende Charles Smith. Er | |
stammt aus dem Ausland und möchte weder seinen wirklichen Namen noch seinen | |
Beruf genannt wissen. | |
Das Verbot von Online-Glücksspielen war für Sihanoukville ein Schlag. Viele | |
Casino- und Hotelprojekte wurden gestoppt, Zehntausende chinesische | |
Bauarbeiter und Angestellte kehrten in die Heimat zurück. Im Februar 2020 | |
kam dann die Coronapandemie hinzu. Lockdowns, Grenzschließungen und | |
Reiseverbote folgten. In Sihanoukvilles stoppten die Bauarbeiten. „Für uns | |
Geschäftsleute war das eine Katastrophe“, sagt Geschäftsmann Sok. „Wir | |
hatten investiert, um an Chinesen zu vermieten, die plötzlich nicht mehr | |
kamen. Viele von uns sind verschuldet.“ | |
Auch für Tuktukfahrer brach eine Welt zusammen, sagt Sakea Chon. Auch er | |
möchte wegen schlechter Erfahrungen seinen richtigen Namen nicht nennen: | |
„Ein Kollege, der sich gegenüber einem japanischen Journalisten kritisch | |
äußerte und dann zitiert wurde, bekam daraufhin einen Drohanruf aus einer | |
Behörde.“ Dann fängt Chon an zu erzählen: „Zur Boomzeit habe ich 20 Doll… | |
am Tag verdient. Jetzt habe ich manchmal keine einzige Tour.“ Zum Glück | |
habe er den Kredit für sein Fahrzeug schon abgezahlt gehabt. Gut sei auch, | |
dass in der Boomphase die Straßen viel besser geworden seien. „Aber das | |
Leben hier wurde immer teurer.“ In der Krise musste dann seine Familie die | |
Wohnung aufgeben. „Meine Frau ist mit den Söhnen wieder in unser Heimatdorf | |
gezogen. Ich übernachte bei meinem Bruder oder schlafe in meinem Tuktuk.“ | |
Mit chinesischen Fahrgästen hat Chon nicht nur gute Erfahrungen gemacht: | |
„Sie beschweren sich oft, wollen dann nicht zahlen, sind arrogant und | |
prügeln sich sogar im Tuktuk, wenn sie viel Geld verzockt haben.“ Doch | |
ärgert ihn heute, dass die mächtigen digitalen Vermittlungsplattformen, | |
über die Tuktuks fast nur noch bestellt werden, strenger geworden seien. | |
„Früher reichte der Personalausweis, um sich als Fahrer anzumelden. Heute | |
wollen sie auch den Führerschein sehen. Der kostet aber mehr als 100 | |
Dollar, die ich nicht habe.“ Dass Chon ohne Führerschein fährt, stört | |
seiner Meinung nach niemanden: „Die Polizei hat dafür Verständnis, solange | |
ich die Verkehrsregeln beachte.“ | |
Chon zeigt im Kleinen auf, was in Kambodscha im Großen schiefläuft. Laut | |
[2][Korruptionsindex von Transparency International] ist Kambodscha (Rang | |
157) nach Nordkorea und Afghanistan (beide Rang 174) das korrupteste | |
fernöstliche Land. „Kambodscha ist ein gesetzloses Land“, sagt Charles | |
Smith. „Die Mächtigen stecken hier nicht nur Geld ein, sondern sind aktiv | |
an Verbrechen beteiligt. Sihanoukville ist eine Casinostadt unter Kontrolle | |
chinesischer Gangster.“ | |
Zuletzt machten Onlinebetrug und Cybersklaven Schlagzeilen. „Ende 2021 sah | |
ich auf Facebook ein attraktives Angebot für einen Job in der Verwaltung | |
eines Casinos in Sihanoukville“, berichtet ein Thailänder, der sich nur Nop | |
nennt. Er hat sich mit Maske und Basecap unkenntlich gemacht, als er im | |
September 2022 in Bangkoks Auslandskorrespondentenclub über seine | |
Zwangsarbeit in Sihanoukville berichtet. | |
„Mir war ein gutes Monatsgehalt von 1.000 Dollar versprochen worden, dazu | |
freie Unterkunft und Verpflegung.“ Doch in Sihanoukville angekommen, wurde | |
er sofort in einen Raum des Casinos gesperrt. „Da war klar, ich wurde | |
hereingelegt“, sagt Nop. Handy und Pass seien ihm abgenommen worden. Fortan | |
habe er Landsleute online betrügen sollen. Er habe sich geweigert, aber um | |
freizukommen, habe er umgerechnet 3.500 Euro als Auslöse zahlen sollen. So | |
war er zum Betrügen gezwungen, sagt er: Mit einem Fakeprofil suchte er auf | |
Datingseiten nach Opfern, gewann ihr Vertrauen und brachte sie dazu, hohe | |
Summen in manipulierte Onlinebörsen mit Kryptowährungen zu investieren. | |
„Ich wurde ständig von den Bossen überwacht“, berichtet Nop. Ein | |
vietnamesischer Zwangsarbeiter, der aus dem Casino heraus Hilfe angefordert | |
hatte, sei geschlagen und dann an andere Kriminelle weiterverkauft worden. | |
Auch einem Thailänder sei das passiert. „Ich lebte in ständiger Angst“, | |
sagt Nop. Sobald er per Facebook einen Hilferuf abgesetzt hatte, habe er | |
ihn aus Angst vor Entdeckung gelöscht. | |
Als sein chinesischer Boss etwas bemerkte, wurde Nop drei Tage lang ohne | |
Essen in einen dunklen Raum gesperrt und mit einem Elektroschlagstock | |
gequält. Erst im Juni 2022 konnte eine Hilfsorganisation ihn befreien. Nun | |
wird in Thailand gegen Nop aber wegen Cyberbetrugs ermittelt. „Ich wurde | |
doch gezwungen, ich wollte das nicht machen“, sagt er. | |
Diese Form des Cyberbetrugs wird „Schweineschlachten“ (sha zhu pan) | |
genannt: Ahnungslose Opfer werden mit ersten Scheinerfolgen ihrer | |
manipulierten Kryptogeschäfte oder Glücksspiele „angefüttert“, in eine | |
emotionale Falle – wie etwa eine angedeutete Romanze – gelockt, und dann | |
finanziell „geschlachtet“. Die Verzweiflung über den bisherigen Verlust | |
macht sie empfänglich dafür zu versuchen, mit einer weiteren Zahlung das | |
Blatt noch zu wenden – womit sie auch ihr letztes Geld verlieren. | |
Dieser grenzüberschreitende Onlinebetrug ist erst durch die globale | |
Digitalisierung in Verbindung mit sozialen Netzwerken, Datingplattformen | |
und Kryptowährungen möglich geworden. Damit einher gehen Zwangsarbeit, | |
Menschenhandel, Versklavung und Folter. Gesetzlosigkeit und Korruption vor | |
Ort befördern die Geschäfte. Sihanoukville bietet mit seinen vielen leeren | |
Casinos und Gebäuden sowie mit schon anwesenden kriminellen Netzwerken | |
dafür beste Voraussetzungen. | |
Ab 2021 gab es darüber erste Berichte mutiger kambodschanischer Medien, wie | |
die des Onlineportals Voice of Democracy (VOD). Doch reagierten die | |
Behörden nur oberflächlich, wie auch auf Recherchen von Hilfsorganisationen | |
und Interventionen ausländischer Botschaften. Die Polizei fragte nur bei | |
den Arbeitgebern der Zwangsarbeiter nach. Letztere wurden dann von ihren | |
Bossen gezwungen, in Videos zu erklären, dass sie lediglich unzufrieden mit | |
dem Gehalt seien. Die Polizei wertete dies dann als normalen | |
Arbeitskonflikt und zog wieder ab. | |
Nach gescheiterten Hilferufen werden Zwangsarbeiter misshandelt, um sie und | |
andere von weiteren Fluchtversuchen und Hilferufen abzuschrecken. Und wer | |
sich nicht fügt, wird wie ein Sklave an andere Menschenhändler | |
weiterverkauft. Geschieht dies mehrfach, kann der für eine Freilassung | |
verlangte Auslösepreis auf 30.000 Dollar steigen. Es kursieren auch | |
Videoaufnahmen, bei denen Cybersklaven unter Schlägen Verwandte anrufen und | |
sie um Zahlung hoher Lösegelder anflehen. | |
Ein ungenannter Mitarbeiter der Hilfsorganisation Global Anti-Scam Org | |
(Gaso) schrieb nach einem Kambodschabesuch im vergangenen November: Dort | |
stehe das Wort „Polizei“ dafür, „umgehend an eine andere Firma verkauft … | |
werden. Die Polizei eskortiert sogar Opfer zu einem anderen Ort, wo sie | |
dann wieder als Sklaven arbeiten.“ Der Mitarbeiter empfiehlt, unbedingt die | |
Polizei zu meiden – und wenn dies nicht möglich sei, die Beamten zu | |
bestechen. | |
Doch gingen Kambodschas Behörden zunächst gegen Personen vor, die sich für | |
die Befreiung von Zwangsarbeitern einsetzten. So wurde im Februar letzten | |
Jahres der chinesische Geschäftsmann Chen Baorong festgenommen. | |
Sihanoukvilles Provinzgouverneur Kuoch Chamroeun hatte dem engagierten | |
Chinesen „Unruhestiftung“ und „Rufschädigung“ vorgeworfen. Und | |
Innenminister Sar Kheng begründete die sonstige Zurückhaltung der Behörden | |
mit folgender Aussage: „99,9 Prozent der Täter sind aus dem Ausland.“ | |
Kambodscha sei also selbst ein Opfer. | |
Erst als im Juli die US-Regierung mit Sanktionen drohte und immer mehr | |
asiatische Botschaften im Königreich selbst nach verschwundenen | |
Staatsbürgern suchten, ordnete Premierminister Hun Sen Razzien an. | |
Innenminister Kheng hatte schon eine Hotline einrichten lassen, bei der zu | |
seiner eigenen Überraschung im Schnitt zehn Zwangsarbeiter pro Tag um Hilfe | |
baten. | |
Vom 18. August bis 4. Oktober 2022 kam es in Sihanoukville dann zu zehn | |
öffentlichkeitswirksam inszenierten Razzien. Dabei erklärte das | |
Außenministerium lapidar, das Problem der Betrugsfabriken und | |
Zwangsarbeiter werde übertrieben dargestellt. Der Innenstaatssekretär Sok | |
Phal erklärte hingegen Ende September, sein Ministerium gehe von 80.000 bis | |
100.000 digitalen Zwangsarbeitern aus. | |
Bei den Razzien in Sihanoukville wurden nach offiziellen Angaben 2.760 | |
ausländische Personen aus elf Ländern befreit. 1.605 wurden gleich | |
abgeschoben. Andere kamen zunächst in Haft, weil sie illegal eingereist | |
waren, keine Arbeitserlaubnis oder keine Pässe hatten oder ihnen | |
Cyberbetrug vorgeworfen wurde. Doch Menschenhändler oder ihre Hintermänner | |
wurden nicht gefasst. Offenbar waren sie gewarnt. Laut Medienberichten | |
sollen manche auch gute Verbindungen etwa zu Hun Sens Neffen Hun To, zum | |
einflussreichen Senator Kok An oder zum Tycoon Try Pheap haben. Alle drei | |
stehen Hun Sen nahe. | |
Auch waren einige Betrugsfabriken offenbar kurz vorher verlegt worden. | |
Später zogen manche auch ins [3][myanmarische Myawaddy] an der Grenze zu | |
Thailand oder in die kambodschanischen Grenzstädte Bavet oder Poipet. „Die | |
Razzien haben das Verbrechen dezentralisiert und der Öffentlichkeit etwas | |
vorgemacht“, kritisiert Charles Smith. „Die Kriminellen änderten nur ihre | |
Standorte, es gibt ja genug leerstehende Gebäude.“ | |
Inzwischen ist das Thema wieder weitgehend aus der Öffentlichkeit | |
verschwunden, was der Regierung recht sein dürfte. Sie hatte im November | |
auf eine Anfrage verschiedener UN-Organisationen entlarvend geantwortet, | |
dass es ihr in erster Linie um „den Ruf, die Würde und den Vorteil des | |
Landes“ gehe. Dazu passt, dass Premierminister Hun Sen am 13. Februar Voice | |
of Democracydie Lizenz entziehen ließ. Das in der lokalen Berichterstattung | |
führende Webportal war eines der letzten unabhängigen Medien Kambodschas. | |
Am 21. März berichtete die regimenahe Khmer Times, dass innerhalb von vier | |
Tagen drei Chinesen beim Sprung aus dem Hotelfenster in Sihanoukville | |
gestorben seien. Völlig unklar blieb mangels unabhängiger | |
Berichterstattung: Waren es verzweifelte Cybersklaven auf der Flucht vor | |
ihren Peinigern, Zocker, die ihr ganzes Vermögen verloren hatten, oder | |
Opfer von Machtkämpfen unter Triaden? | |
Tuktukfahrer Sakea Chon und Geschäftsmann Rathanak Sok hoffen auf eine | |
Rückkehr der Casinoinvestoren und der Touristen aus China. Das Ende des | |
dortigen Coronalockdowns zum Jahresbeginn und erste Besucher aus der | |
Volksrepublik zum chinesischen Neujahrsfest Ende Januar sehen sie als einen | |
Anfang. Chon und Sok fordern jetzt die Wiederzulassung des | |
Onlineglücksspiels. „Die Onlinecasinos hatten doch eine Lizenz. Nur | |
diejenigen, die Probleme gemacht haben, sollten verboten werden“, meint | |
Sok. | |
Viele in Sihanoukville hoffen, dass aus den Bauruinen doch noch die | |
geplanten Häuser werden. Charles Smith glaubt das nicht: „Bei dem | |
tropischen Klima kann ein Rohbau nach drei Jahre nur noch abgerissen | |
werden.“ Auch sieht er keinen Bedarf für so viele Hotels und Casinos. | |
Hoffnungen setzen manche auch auf die im Herbst eröffnete Autobahn nach | |
Phnom Penh, die allererste des Landes. Sie verringert die Fahrzeit von 6 | |
auf 2,5 Stunden und kostete mehr als 2 Milliarden Dollar. Die hat China | |
bezahlt. Ob die teure Straße sich für Kambodscha je rechnet? | |
Denkbar ist auch, dass Kambodscha, wie Sri Lanka vor ein paar Jahren, | |
Souveränitätsrecht abgibt und China dafür Schuldenerleichterungen in | |
Aussicht stellt. So renoviert China gerade Kambodschas Marinebasis Ream | |
bei Sihanoukville. Die USA warnen bereits, dass Peking sich dort einen | |
Stützpunkt sichern könnte. | |
Am Kreisel mit den Goldlöwen ist das Atlantic City Entertainment am Abend | |
zu einem Viertel gefüllt. An den Spielautomaten ist nichts los, aber um | |
einige Spieltische sitzen chinesische Gäste beim Baccara. Sie sind meist | |
nachlässig gekleidet, manche sind auffällig tätowiert, und vom vielen | |
Rauchen ist die Luft zum Schneiden dick. Ein Fünftel der Spielenden sind | |
Frauen. Manche haben Bündel von 100-Dollar-Scheinen in der Hand. Es | |
herrscht konzentrierte Ruhe, am Rand wacht Sicherheitspersonal in schwarzen | |
Anzügen. | |
Draußen leuchten die Löwen, doch die anderen Casinos sind leer. Am Kreisel | |
hat eine schwer bewaffnete Spezialeinheit der Polizei geparkt. Die in | |
nagelneue Kampfanzüge gekleideten Polizisten schauen auf ihre Smartphones. | |
31 Mar 2023 | |
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