# taz.de -- Sipri-Bericht und Ukraine-Krieg: Zeitenwende im Waffenhandel | |
> Die Ukraine ist nun drittgrößtes Waffenimportland, so ein Sipri-Bericht. | |
> Auch anderswo schlägt sich Moskaus Krieg im globalen Rüstungshandel | |
> nieder. | |
Bild: Wieder aufbereitete Marder-Schützenpanzer stehen bei Rheinmetall in Unte… | |
STOCKHOLM taz | Der Krieg in der Ukraine hat in der Statistik der | |
weltweiten Waffenhandelsströme deutliche Spuren hinterlassen. Eine davon: | |
Die Ukraine schnellte im vergangenen Jahr auf der Liste der globalen | |
Importländer für Rüstungsgüter auf Platz 3 hinter Katar und Indien. Damit | |
überholte das Land klassische Top-Einfuhrländer wie Saudi-Arabien, China | |
und Ägypten. Das geht aus dem Bericht „Trends in International Arms | |
Transfers 2022“ des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervor, | |
der am Montag veröffentlicht werden soll. | |
Dabei war die Ukraine in den ersten 25 Jahren seit ihrer Unabhängigkeit im | |
Jahr 1991 auf der Top-50-Liste von Sipri gar nicht zu finden. Das änderte | |
sich erst mit den wachsenden Spannungen zu Russland und der Besetzung der | |
Krim. | |
Die Trendberichte des Stockholmer Instituts umfassen jeweils eine | |
Fünfjahresperiode, um stabilere Daten für den auf Jahresbasis oft stark | |
schwankenden Waffenhandel abbilden zu können. In dem Trend, der nicht nur | |
das vergangene Jahr, sondern auch den Zeitraum seit 2018 umfasst, rangiert | |
die Ukraine mit einem Anteil von 2 Prozent an den globalen Waffenimporten | |
bereits auf Rang 14 hinter Großbritannien und Kuwait. | |
Gegenüber der vorangegangenen Fünfjahresperiode zwischen 2013 und 2017, in | |
der das Land in der Rubrik der Waffenhandelsländer mit einem Importanteil | |
von weniger als 0,05 Prozent geführt wurde, errechnete Sipri eine | |
Steigerung des Importwerts der der Ukraine gelieferten Rüstungsgüter um | |
8.631 Prozent. Die vier größten Herkunftsländer der Waffenimporte zwischen | |
2018 und 2022: die USA mit 34 Prozent, Polen mit 17, Deutschland mit 11 und | |
Großbritannien mit 10 Prozent. Für Polen belief sich der Anteil der | |
Waffenexporte in die Ukraine auf 95 Prozent der Warschauer Gesamtausfuhren | |
an Rüstungsgütern. | |
Waren „die ausländischen Waffenlieferungen an die Ukraine von | |
entscheidender Bedeutung für die ukrainischen Bemühungen, [1][die russische | |
Offensive] zu stoppen“, schreibt Sipri, habe Russland seinen Angriffskrieg | |
„im Gegensatz dazu nahezu ausschließlich mit im Land selbst produzierten | |
Waffen geführt“. Was sich auch in der Statistik zeigt, wonach Russlands | |
Rüstungsausfuhren weltweit um fast ein Drittel sanken. | |
Eine Tendenz, die sich nach Einschätzung von Siemon Wezeman von Sipri | |
fortsetzen dürfte: „Die Invasion der Ukraine wird die Waffenexporte | |
Russlands weiter einschränken. Und zwar zum einen deshalb, weil die | |
Priorität Moskaus die Versorgung seiner eigenen Streitkräfte sein wird“, | |
so der Forscher. Zum anderen, weil die Nachfrage anderer Staaten aufgrund | |
der Handelssanktionen gegen Russland und dem zunehmendem Druck der USA und | |
seiner Verbündeten, keine russischen Waffen mehr zu kaufen, weiter sinken | |
werde. | |
## Deutschland bleibt fünftgrößter Waffenlieferant | |
Bei den USA ist die Entwicklung entgegengesetzt. Der Anteil der USA an den | |
globalen Rüstungsexporten stieg von 2013 bis 2017 und 2018 bis 2022 von 33 | |
auf 40 Prozent, sie könnten bald für die Hälfte dieses Handels stehen. Die | |
großen europäischen Waffenexportnationen hatten im fraglichen Zeitraum eine | |
unterschiedliche Entwicklung. Deutschland ist weiterhin weltweit | |
fünftgrößter Lieferant von Kriegsmaterial, der Anteil am globalen Markt | |
sank aber um 35 Prozent und liegt nun bei 4,2 statt vorher 6,1 Prozent. Zu | |
den besten deutschen Kunden gehörten Ägypten und Israel mit einem | |
Exportanteil von 18 beziehungsweise 9,5 Prozent. | |
Der globale Waffenhandel schrumpfte zwischen 2013 und 2017 und zwischen | |
2018 und 2022 um 5,7 Prozent, wobei Ostasien mit einem Importplus von 21 | |
Prozent eine Region mit entgegengesetzter Entwicklung war. Angesichts der | |
Spannungen mit China und Nordkorea hat vor allem Japan seine Importe stark | |
hochgefahren, aber auch Südkorea. An der Spitze der weltweiten | |
Aufrüstungsspirale platzierte sich aber wie schon im Trendrapport des | |
Vorjahrs Europa mit einem Waffenimportplus von nunmehr 43 Prozent. Für die | |
europäischen Nato-Mitgliedstaaten gesondert gerechnet belief sich dies | |
sogar auf 65 Prozent. | |
Die [2][aktuellen Waffenlieferungen in die Ukraine] seien dafür nur ein | |
Teil der Erklärung, sagt der Sipri-Waffenhandelsanalytiker Pieter Wezeman. | |
Die schon vor der Invasion der Ukraine durch Russland kräftig | |
verschlechterten Beziehungen zwischen den meisten europäischen Staaten und | |
Moskau hätten in vielen europäischen Ländern den Wunsch ausgelöst: „die | |
Waffenarsenale auffüllen und das so schnell wie möglich“. Dieser Trend | |
werde sich vermutlich fortsetzen, so der Experte vom | |
Friedensforschungsinstitut. | |
13 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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