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# taz.de -- Japan beschließt weitere Waffenexporte: Raketen für die Ukraine
> Japan kehrt dem Pazifismus der Nachkriegszeit immer mehr den Rücken: Die
> Geschäfte der Rüstungsindustrie sollen angekurbelt werden.
Bild: Funsbashi, Japan, 18.01.2018: Wachsoldat vor Patriot-Rakete im Militärca…
Tokio taz | Japan lockert seine Beschränkungen für Rüstungsexporte, um der
Ukraine auf indirektem Weg zu dringend benötigten Patriot-Raketen zu
verhelfen. Das Kabinett beschloss am Freitag, die Lieferung von in Lizenz
hergestellten Waffensystemen an die Länder der Lizenzgeber zu erlauben. Als
Erstes sollen die USA japanische Patriot-Abwehrraketen erhalten. Damit
erfüllt Premierminister Fumio Kishida eine Bitte von US-Präsident Joe
Biden.
Die Raketen stellt Mitsubishi Heavy Industries mit einer Lizenz von
Lockheed Martin und RTX her. Die Regierung erwägt nach Informationen der
Financial Times auch eine Ausfuhrgenehmigung für
155-Millimeter-Artilleriegranaten, die mit einer Lizenz von BAE Systems
produziert werden, nach Großbritannien. In der Ukraine herrscht aktueller
Mangel an diesen Geschossen.
Mit der Regeländerung entfernt sich Japan einen weiteren, großen Schritt
von seinem Pazifismus der Nachkriegszeit. „Die Waffenexporte positionieren
Japan als aktiven Akteur in der internationalen Sicherheitspolitik und als
verlässlichen Partner der USA“, sagte der deutsche Politologe Sebastian
Maslow, der an der Shirayuri-Frauenuniversität in Sendai lehrt. Japan
beteilige sich auf diese Weise auch direkt an der Sicherheit Europas. „Der
jetzige Schritt sollte daher als Teil der seit letztem Jahr vorangebrachten
engeren Zusammenarbeit Japans mit der NATO betrachtet werden“, sagte
Maslow.
Ähnlich wie Deutschland gestattet Japan den Empfängerländern nach
vorheriger Genehmigung den Weiterexport an Drittländer, aber nur, wenn
diese nicht in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. Daher dürfen die
USA die Raketen nicht direkt an die Ukraine weiterreichen. Doch könnte
Washington die zur Neige gehenden Bestände in den USA und bei den
europäischen NATO-Partnern auffüllen und somit die Versorgung der Ukraine
sicherstellen. Die Raketen „geben uns einige Flexibilität bei unseren
weltweiten Lagerbeständen und Verpflichtungen“, erklärte Rahm Emanuel, der
US-Botschafter in Japan.
## Japans Rüstungsindustrie hilft bei Aufrüstung der Nato
Der damalige Premierminister [1][Shinzo Abe] hob 2014 das langjährige
Verbot von Waffenexporten auf, das aus der [2][pazifistischen
Nachkriegsverfassung] abgeleitet wurde. Erlaubt war aber nur die Ausfuhr
von Komponenten von US-Waffen. Die Patriot-Raketen wären der erste Export
eines tödlichen Waffensystems und markieren daher einen weiteren
[3][Wendepunkt der japanischen Sicherheitspolitik], die auf die Aufrüstung
der Nachbarn China und Nordkorea reagiert.
Premierminister [4][Fumio Kishida] will den Verteidigungsetat bis 2027 auf
2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verdoppeln. Diese militärische
Aufrüstung mache Japan zu 80 Prozent zu einem „normalen Land“, erklärte
Akihisa Nagashima, Verteidigungspolitiker der regierenden LDP, im Juni.
„Die verbleibenden 20 Prozent sind die Beseitigung der
Exportbeschränkungen.“
## Hilfe für Japans Rüstungsindustrie
Mehr Spielraum für Waffenexporte soll auch Japans Rüstungshersteller
stützen. Die früheren Beschränkungen und die lange Abwesenheit auf dem
Weltmarkt verhinderten bislang größere Aufträge. „Japans Rüstungsindustrie
ist trotz der ambitionierten Sicherheitspolitik seit Abe international kaum
wettbewerbsfähig“, meint Experte Maslow.
Nun könnten die USA und die NATO japanische Produktionskapazitäten für eine
schnellere Aufrüstung benutzen. Die Revision erlaubt es Japan auch,
nicht-tödliche Waffenkomponenten wie Flugzeugtriebwerke zu verkaufen und
Verteidigungsausrüstung an Länder zu liefern, die sich wie die Ukraine
gegen eine völkerrechtswidrige Invasion verteidigen.
Auch die Anfang Dezember beschlossene gemeinsame Entwicklung eines
Kampfjets mit Großbritannien und Italien wird den Zugang zu ausländischen
Märkten erleichtern.
22 Dec 2023
## LINKS
[1] /Ruecktritt-von-Japans-Premier-Shinzo-Abe/!5710517
[2] /Nationalist-gewinnt-Wahl/!5077042
[3] /Militaerpolitik-in-Nordostasien/!5905477
[4] /Japans-designierter-Ministerpraesident/!5804842
## AUTOREN
Martin Fritz
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Japan
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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