# taz.de -- Nationalist gewinnt Wahl: Shinzo Abe will aufrüsten | |
> Nach dem Wahlsieg des Nationalisten Shinzo Abe dürften die Spannungen | |
> zwischen Japan und Nachbarländern zunehmen. Mehr Waffen sollen her. | |
Bild: Warum nicht auch mal einen Auslandseinsatz der Armee? Shinzo Abe will die… | |
BERLIN taz | „Wir haben mehr Sitze errungen, als wir erwartet hatten.“ Mit | |
diesen Worten trat Shinzo Abe, Spitzenkandidat von Japans konservativer | |
Liberaldemokratischer Partei (LDP), am Montag in Tokio nach seinem | |
Erdrutschsieg vor die Presse. | |
Während das amtliche Endergebnis noch nicht vorlag, gaben Hochrechnungen | |
der LDP und ihrem Partner, der buddhistischen Neuen Komeito, 325 der 480 | |
Unterhaussitze. 2009 hatten sie nur 139 Sitze bekommen. Die | |
Zweidrittelmehrheit erleichtert es, das Oberhaus zu umgehen, das erst im | |
Sommer neu gewählt wird. | |
Die seit 2009 regierende Demokratische Partei stürzte von 230 auf 57 Sitze | |
ab. Der bisherige Parteichef, Premierminister Yoshihiko Noda, trat schon am | |
Sonntag zurück. Drittstärkste Kraft mit aus dem Stand 54 Sitzen wurde die | |
Restaurationspartei des Ultranationalisten und Chinahassers Shintaro | |
Ishihara. Die atomkritische Zukunftspartei kam nur auf enttäuschende acht | |
bis neun Sitze. Abe dürfte am 26. Dezember Japans siebter Premier in | |
sechseinhalb Jahren werden. | |
„Die Wirtschaft hat sich in den vergangenen drei Jahren in einer schlechten | |
Lage befunden – das muss jetzt unsere Top-Priorität sein,“ sagte Abe. Der | |
Industrieverband Keidanren begrüßte den LDP-Sieg. Der Nikkeiindex stieg um | |
knapp einem Prozent auf ein Achtmonatshoch. | |
## „Kein Raum für Gespräche“ | |
Abes Primat der Wirtschaftspolitik kollidiert mit seinem zweiten Ziel, | |
einer nationalistischere Außenpolitik. Mit China sowie Süd- und Nordkorea | |
dürfte es zu vermehrten Spannungen kommen, sollte Abe seine angekündigte | |
Linie durchsetzen. Es geben „keinen Raum für Gespräche“, sagte er am Mont… | |
zum Konflikt mit China um Inseln im Ostchinesischen Meer. | |
Die auf Japanisch Senkaku und auf Chinesisch Diaoyu genannten Inseln | |
befinden sich unter japanischer Verwaltung, werden aber auch von China und | |
Taiwan beansprucht. Der Streit kocht immer wieder hoch und führte erst | |
kürzlich zu antijapanischen Ausschreitungen in China. Japans Autokonzerne | |
hatten darauf dort herbe Einbußen erlebt. Erst letzte Woche und damit als | |
Warnsignal an Abe überflog erstmals ein chinesisches Flugzeug die Inseln. | |
## Erst nach Washington | |
Am Montag forderte Chinas Parteiblatt Global Times gegenüber Abe eine harte | |
Linie. Ein Außenamtssprecher in Peking sagte: „Wir sind sehr besorgt über | |
die Richtung, die Japan nehmen könnte.“ Abe sagte, er setze zwar auf gute | |
Beziehungen und Dialog mit Peking, könne aber nicht umgehend zu Gesprächen | |
nach China reisen. 2006 hatte er als Premier noch die Beziehungen zu Peking | |
persönlich gekittet, die unter seinem Amtsvorgänger einen Tiefpunkt | |
erreicht hatten. Jetzt kündigte Abe an, er wolle zunächst nach Washington. | |
Der neue Premier will Japans Streitkräfte aufrüsten und die ihnen per | |
Verfassung verbotenen Auslandseinsätze erlauben. Da China ebenfalls | |
aufrüstet und der neue Parteichef Xi Jingping laut westlichen | |
Medienberichten auf chinesischer Seite hinter der Eskalation im | |
Inselkonflikt steht, dürften die Spannungen zunehmen. | |
Mit der Leugung japanischer Verbrechen an koreanischen Zwangsprostituierten | |
im Zweiten Weltkrieg provoziert Abe auch Nord- und Südkorea. Mit Seoul hat | |
Tokio auch einen Inselstreit, und dort finden am Mittwoch Wahlen statt. | |
Favoritin der südkoreanischen Präsidentschaftswahl ist die Konservative | |
Park Geun Heye. Sie steht Abe ideologisch näher, ein Nachgeben kann sie | |
sich aber auch nicht leisten. Wenngleich ein Krieg in Ostasien wegen der | |
gegenseitigen Wirtschaftsinteressen weiterhin unwahrscheinlich ist, dürften | |
gegenseitige Provokationen zunehmen. | |
17 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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