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# taz.de -- Geplante Justizreform: Die Regierung spaltet Israel
> Während in der Knesset über die Justizreform abgestimmt wird, gehen
> Hunderttausende dagegen auf die Straße. Kritik kommt inzwischen auch von
> rechts.
Bild: Hunderttausende protestieren am Montagabend gegen Israels Regierung und d…
Tel Aviv taz | Die geplante [1][Justizreform] in Israel zerreißt das Land
immer mehr. Während am Montag die Knesset, das israelische Parlament, die
geplante Justizreform diskutierte, [2][protestierten] im ganzen Land
Kritiker*innen gegen die sogenannte Justizreform. Die größte
Demonstration fand in Jerusalem statt – über 100.000 Menschen zogen vor die
Knesset. Bis in die Nacht hinein versuchten einige, die Barrikaden zur
Knesset zu durchbrechen.
Zuvor hatten Kritiker*innen die Zugänge zu den Privathäusern von
einigen Knessetabgeordneten und zentrale Straßen blockiert, um zu
verhindern, dass die Abgeordneten in das Parlament gelangen können. Auch
innerhalb des Parlamentsgebäudes kam es zu Tumulten. Teile der Opposition
hüllten sich während des Plenums aus Protest in Israelfahnen, einige von
ihnen wurden des Saals verwiesen.
Scheinbar unbeeindruckt davon stimmten spät in der Nacht 63 Abgeordnete in
erster Lesung für den Gesetzentwurf, der das Oberste Gericht entmachten und
der Regierung faktisch die Möglichkeit geben würde, über die Ernennung der
Richter des Obersten Gerichts zu entscheiden. 47 Abgeordnete stimmten
dagegen. Einige boykottierten die Abstimmung.
Die Gesetzesvorhaben werden nun im Justizausschuss für die zweite und
finale dritte Lesung vorbereitet. Justizminister Yariv Levin kündigte an,
das Gesetzespaket bis Ende März verabschiedet haben zu wollen.
## Israels Präsident fordert Regierung zum Dialog auf
„Eine große Nacht und ein großer Tag“, feierte Ministerpräsident
[3][Benjamin Netanjahu] die Abstimmung. Aus der Opposition kam harsche
Kritik. „Die Geschichte wird Sie für diese Nacht verurteilen“, twitterte
Yesh-Atid-Oppositionsführer Yair Lapid, „für den Schaden an der Demokratie,
der Wirtschaft und der Sicherheit, dafür, dass Sie das israelische Volk in
Stücke reißen und es Ihnen einfach egal ist.“
Ram Ben Barak, ebenfalls Yesh Atid, verglich die Vorhaben mit dem
Nationalsozialismus: Die Nazis seien in Deutschland ebenfalls auf
demokratische Weise an die Macht gekommen, sagte er in der Knesset.
Israels Präsident Yitzhak Herzog hatte zuvor die Regierung dazu aufgerufen,
die Justizreform auf Eis zu legen und in einen Dialog mit der Opposition zu
treten. Dabei hatte er auch einen Kompromissvorschlag vorgestellt. Die
Opposition hatte allerdings die Bedingung aufgestellt, die Gesetzgebung
dafür auf Eis zu legen.
In der Knesset ist das Votum klar, doch außerhalb seiner
Regierungskoalition erntet Netanjahu zunehmend auch von rechter Seite
Kritik an der Justizreform.
## Kritik auch aus den USA
Auf den Demonstrationen gegen die Justizreform protestieren auch Rechte,
Religiöse und Siedler*innen. Und selbst aus den Reihen des Likud kommt
mitunter heftige Kritik, etwa vom ehemaligen Justizminister Dan Meridor.
Die umstrittene geplante Justizreform würde das Rechtssystem des Landes
zerstören und die Bürger gegenüber den Maßnahmen der Regierung schutzlos
stellen.
Einer von Netanjahus engsten Verbündeten, der ehemalige Chef des
israelischen Geheimdienstes, Yossi Cohen, der gar als potenzieller
Nachfolger für Netanjahu gilt, forderte ihn dazu auf, in Verhandlungen mit
der Opposition zu treten.
Auch aus Washington kam die bislang schärfste Kritik mit der Aufforderung
„in die Bremsen zu steigen“ und einen Konsens zu erreichen.
## Bundesjustizminister Buschmann: Indirekte Kritik
In dieser aufgeheizten Stimmung ist derweil der deutsche Justizminister
Marco Buschmann in Israel gelandet – eigentlich, um die
[4][Rosenburg]-Ausstellung an der Universität Tel Aviv zu eröffnen, mit der
die nationalsozialistische Vorgeschichte des Bundesministeriums
dokumentiert wird.
Der FDP-Politiker ist um seine Rolle nicht zu beneiden. Es ist der erste
Besuch eines deutschen Ministers in Israel seit der Vereidigung der neuen
israelischen rechtsextrem-religiösen Regierungskoalition. Bei der Eröffnung
der Ausstellung fand Buschmann kritische Worte, ohne direkt zu werden: „Aus
der Geschichte zu lernen bedeutet, zu erkennen, dass man breite Mehrheiten
suchen sollte, wenn man die Spielregeln des demokratischen Wettbewerbs und
das Zusammenspiel der Verfassungsorgane verändern möchte.“
Er ergänzte, dass in Deutschland Änderungen des Grundgesetzes nur mit einer
Stimmenmehrheit von zwei Dritteln in Bundesrat und Bundestag möglich seien.
Auf Buschmanns Terminkalender steht für Dienstag ein Gespräch mit seinem
israelischen Amtskollegen Yariv Levin. Außerdem will er sich mit
Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Mia sowie der Präsidentin des Obersten
Gerichts, Esther Chajut, treffen.
21 Feb 2023
## LINKS
[1] /Proteste-gegen-Justizreform/!5906107
[2] /Generalstreik-in-Israel/!5912591
[3] /Regierungsbildung-in-Israel/!5900997
[4] /Aufarbeitung-der-NS-Zeit/!5343603
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
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Israel
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