# taz.de -- Topographie des Terrors: KZs im Vorprogramm | |
> Die Berliner Topographie des Terrors richtet den Blick auf die frühen | |
> Konzentrationslager von 1933. Relativ öffentlich wurden dort Menschen | |
> gequält. | |
Bild: Die Propagandaaufnahme zeigt zwei SA_Wachen vor dem Tor des KZ Oranienbur… | |
Konzentrationslager – damit verbindet die Öffentlichkeit Namen wie | |
Bergen-Belsen, Buchenwald oder Sachsenhausen. Es handelt sich dabei um die | |
Lager mit Zehntausenden Gefangenen, die unter der Leitung der SS Menschen | |
quälten, erniedrigten, folterten und systematisch zu Tausenden ermordeten. | |
Aber wer verbindet schon Orte wie Kislau, Sachsenberg, Ahrensbök oder | |
Oberer Kuhberg mit der Unterdrückungsmechanik des Nationalsozialismus? Wer | |
weiß schon, dass es [1][Konzentrationslager mitten in deutschen Städten] | |
gab, keineswegs vor der Öffentlichkeit verborgen? | |
Die Ausstellung „Auftakt des Terrors“ versucht das zu ändern. Es geht, so | |
der Untertitel der Schau, um „frühe“ Konzentrationslager, also jene | |
Internierungsorte, die unmittelbar nach der NS-Machtübernahme entstanden | |
und die nicht unter einer zentralen Verwaltung standen. Sie waren das | |
Probefeld der Nazis für das, was danach kommen sollte. Hier sammelten die | |
Wachmänner ihre Erfahrung damit, wie man Menschen bricht, hier bildete sich | |
eine Schicht von Spezialisten der Unterdrückung und der Folter. | |
## 90 frühe KZs in Deutschland | |
Insgesamt etwa 90 dieser frühen KZs lagen verstreut über ganz Deutschland. | |
Und auch die Ausstellung ist nicht nur an einem zentralen Ort zu sehen, | |
sondern wird in rund zehn Gedenkstätten gezeigt. Weitere werden folgen. | |
Bis zu 80.000 Regimegegner, darunter vor allem Kommunisten, | |
Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch Jüdinnen und Juden gerieten | |
nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 in Haft. Möglich machte das | |
die „Reichstagsbrandverordnung“, die nicht nur die bürgerlichen Freiheiten | |
aufhob, sondern auch die Möglichkeiten zur Verhängung von „Schutzhaft“ | |
radikal ausweitete. | |
Von nun an konnten Menschen ohne Anklage oder Gerichtsurteil nach Belieben | |
festgehalten werden. Daran erinnerte bei der Eröffnung der Schau in der | |
Berliner Topographie des Terrors Thomas Lutz, Leiter des | |
Gedenkstättenreferats. | |
Was mit den Verfolgten geschah, erzählt die Ausstellung. Sie gerieten in | |
überbelegte Gefängnisse, ehemalige Festungsbauten, finstere Keller und leer | |
stehende Fabrikgebäude. Viele, aber nicht alle dieser Provisorien der Qual | |
entwickelten sich zu Konzentrationslagern, rasch zusammengezimmert, von der | |
SA, SS, aber auch von ganz normalen Schutzpolizisten bewacht. | |
## Gewerkschafterin im Untergrund | |
Da ist die Gewerkschafterin Gertrud Piter, einzige Frau im Stadtparlament | |
von Brandenburg, die in den Untergrund gegangen war. Am 11. September 1933 | |
wurde sie gefangen genommen, anschließend im KZ Brandenburg gefoltert und | |
vergewaltigt. Am 22. September starb sie an den Folgen der Qual. | |
Oder Bernhard Kuhnt: Der Sozialdemokrat geriet schon am 9. März 1933 in | |
Haft. Zuvor war er zur Demütigung mit einem Bollerwagen durch Chemnitz | |
gefahren worden. Kuhnt überlebte die Torturen. | |
Es war nicht so, dass es sich bei den KZs um ein Geheimnis gehandelt hätte. | |
In den Zeitungen erschienen Bildberichte. Das Union-Theater in Brandenburg | |
zeigte im Vorprogramm gar eine Art Dokumentation mit dem Titel | |
„Konzentrationslager Oranienburg“. Danach lief „Ein Mädel von der | |
Reeperbahn“. Jeder deutsche „Volksgenosse“, der es wissen wollte, wusste | |
von der Lagern. | |
## Das System Konzentrationslager | |
Die meisten Gefangenen kamen nach Wochen, Monaten oder Jahren frei. 1937 | |
vegetierten noch etwa 8.000 Menschen im KZ. Das sollte nicht so bleiben. | |
Gut ein Jahr später, nach dem Novemberpogrom, waren es 50.000. Da war das | |
[2][System Konzentrationslager längst etabliert] und unterlag dem | |
einheitlichen Kommando der SS. | |
Am Ende der Ausstellung findet sich eine Landkarte, auf der die Standorte | |
der frühen KZs eingezeichnet sind, unterschieden danach, ob dort heute | |
[3][des Geschehens vor 90 Jahren erinnert wird.] Es finden sich da noch | |
viele weiße Flecken. | |
9 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /KZ-Gedenkstaette-Hamburg-Fuhlsbuettel/!5913932 | |
[2] /Ausstellung-im-Juedischen-Museum/!5909482 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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