| # taz.de -- Von Abschiebung bedrohter Vietnamese: Antrag abgelehnt | |
| > Pham Phi Son, seine Frau und seine Tochter müssen aus Deutschland | |
| > ausreisen. Die sächsische Härtefallkommission hat seinen Antrag | |
| > abgelehnt. | |
| Bild: Pham Phi Son lebt seit 1987 in Chemnitz, seine Tochter wurde hier geboren | |
| Die Sächsische Härtefallkommission hat den [1][Antrag des Chemnitzer | |
| Vietnamesen Pham Phi Son] und seiner Familie auf ein humanitäres | |
| Bleiberecht am Freitag abgelehnt. Sie entschied nach intensiver Beratung | |
| mehrheitlich, „dass kein Härtefall vorliegt“, hieß es aus Dresden. Eine | |
| Begründung erfolgte nicht, die Kommission tagt vertraulich. Damit sind Son, | |
| seine Frau und die sechsjährige Tochter Emilia ausreisepflichtig. | |
| Pham Phi Son kam 1987 als Vertragsarbeiter in die DDR und lebte als | |
| unbescholtener Bürger in Chemnitz. Er arbeitete sein halbes Leben in der | |
| Gastronomie und hatte eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. 2016 machte | |
| er einen Fehler: Er verlängerte seinen Vietnam-Urlaub aus gesundheitlichen | |
| Gründen auf neun Monate. Erlaubt sind allerdings maximal sechs Monate, | |
| sonst erlischt das Aufenthaltsrecht. | |
| Der Fehler fiel den Chemnitzer Behörden ein Jahr später auf, als Son Vater | |
| geworden war. Sie löschten den Aufenthaltstitel der Familie und kündigten | |
| von Amts wegen Sons Arbeitsplatz und seine Wohnung. Gerichte und die | |
| Sächsische Härtefallkommission lehnten 2019 den Antrag auf ein | |
| Aufenthaltsrecht ab, die Chemnitzer Ausländerbehörde lehnte ihn erneut 2022 | |
| ab, nachdem sich [2][mehr als 80.000 Menschen bundesweit in einer | |
| Onlinepetition] für ein Bleiberecht für die Familie eingesetzt hatten. | |
| Allerdings hatte Chemnitz den Eltern letzten Herbst endlich eine | |
| Arbeitserlaubnis ausgestellt. Beide Ehepartner arbeiteten seitdem als | |
| dringend benötigte Arbeitskräfte in einem Gastronomiebetrieb. Mit der | |
| Entscheidung der Härtefallkommission vom Freitag sind sie die | |
| Arbeitserlaubnis allerdings wieder los, das Restaurant verliert zwei | |
| Arbeitskräfte. | |
| „Ich bin sehr enttäuscht von der demokratischen Gerechtigkeit in | |
| Deutschland“, sagt Son Phi Pham der taz. „Die Härtefallkommission sollte | |
| die Menschenrechte vertreten. Haben die Leute kein Herz?“ Er sei besorgt um | |
| seine Zukunft, in Panik und könne nicht schlafen. | |
| Die Chemnitzer Ausländerbeauftragte Etelka Kobuß, die die Familie | |
| unterstützt, kommentiert auf ihrer Facebookseite: „In Sachsen steht | |
| Härtefallkommission offensichtlich für Härte und nicht dafür, die Härte des | |
| Gesetzes zu korrigieren, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Schuld und | |
| Strafe nicht in der Waage stehen.“ Die Entscheidung sei unmenschlich. | |
| Kobuß weiter: „Welche Signale senden wir als Land in die Welt? Kommt her, | |
| wir brauchen Arbeitskräfte! Fühlt euch aber nie sicher! Richtet euch gar | |
| nicht häuslich ein. Welche Signale senden wir an die Menschen, die | |
| ebenfalls so lange schon hier leben? Macht bloß keinen Fehler! Ein kleiner | |
| Fehler, und es ist auch für euch vorbei.“ | |
| Theoretisch hätte die Familie noch die Chance, den Petitionsausschuss im | |
| Sächsischen Landtag anzurufen. Allerdings hat die CDU bereits erklärt, so | |
| einen Antrag nicht zu unterstützen. Sie hat dort mit der AfD gemeinsam eine | |
| rechnerische Mehrheit. Somit bleibt der Familie als [3][letzter Ausweg das | |
| Kirchenasyl]. Sie sind gläubige Katholiken. Ob das neue | |
| Chancenaufenthaltsrecht greift, ist wenig wahrscheinlich. | |
| Die Entscheidung löst bereits Panik unter VietnamesInnen in Chemnitz aus, | |
| die Deutschland kürzlich als Pflegekräfte anwarb. Zwei Pflegeschülerinnen | |
| schrieben: Dass jemand, der 36 Jahre in Deutschland gelebt und „zum Aufbau | |
| Deutschlands beigetragen hat“ im Alter wegen eines kleinen Fehlers sein | |
| Bleiberecht verliere, löst „bei uns Angst aus, weil wir junge Menschen | |
| sind, die lernen, um später zu arbeiten und Deutschland zu dienen.“ | |
| Der sächsische SPD-Abgeordnete Frank Richter, der die betroffene Familie | |
| unterstützt hat, spricht von einem „vernichtenden Schlag gegen das | |
| Vertrauen“ in die Humanität Sachsens. „Nun stehen die Unterstützer aus der | |
| Zivilgesellschaft den Phams zur Seite. Sie müssen das Schlimmste verhindern | |
| und den menschlichen Schaden abfangen, den die Härtefallkommission | |
| angerichtet hat.“ | |
| 11 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
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