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# taz.de -- Drohende Abschiebung der Familie Pham: Vorsichtiger Optimismus
> Familie Pham darf vorerst in Chemnitz bleiben. Die Stadt will das
> Bleiberecht erneut prüfen. Pham Phi Son hat ähnliche Zusagen schon früher
> erhalten.
Bild: Hoa Nguyen, Tochter Emilia und Pham Phi Son
Berlin taz | Rund 250 Menschen haben am Freitag Abend an einer Kundgebung
vor der Chemnitzer Ausländerbehörde ein Bleiberecht für den ehemaligen
DDR-Vertragsarbeiter Pham Phi Son und seine Familie gefordert. Es waren
Mitglieder der katholischen Gemeinde Chemnitz gekommen, der die
vietnamesische Familie angehört, viele ältere ChemnitzerInnen und
VertreterInnen aus der Politik. Aber auch jüngere Deutschvietnamesen, die
den [1][Kampf um das Bleiberecht] für ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus
ihrer eigenen Kindheit kennen. Angemeldet hatte die Veranstaltung der
Sächsische Flüchtlingsrat.
Pham Phi Son lebt seit 36 Jahren in Sachsen. Strafrechtlich ist er ein
unbescholtener Bürger, aber ihm wurde zum Verhängnis, dass er 2016 länger
als die erlaubten sechs Monate Urlaub in Vietnam machte. Die Frist
überschritt er, weil unter dem subtropischen Klima eine alte
Kriegsverletzung am Bein wieder aufflammte und medizinisch behandelt werden
musste. Als die Chemnitzer Ausländerbehörde ein Jahr später die
Fristüberschreitung bemerkte, entzog sie ihm das Aufenthaltsrecht. Und
seiner neu nach Deutschland gereisten Frau Hoa Nguyen und der hier
geborenen Tochter gleich mit.
Gerichte haben den Antrag der Familie auf ein humanitäres Bleiberecht
ebenso abgelehnt wie die Sächsische Härtefallkommission, zuletzt in der
vergangenen Woche. Um der Abschiebung zu entgehen, war die Familie ab 2019
zwei Jahre lang untergetaucht. Inzwischen arbeiten die Eltern in einem
Restaurant bei Chemnitz. Der Arbeitgeber sagte gegenüber einer
Regionalzeitung, dass er seine Mitarbeiter dringend brauche. Die Tochter
besucht den Kindergarten und soll im Sommer eingeschult werden. Sie war nie
in Vietnam.
## Chemnitz will Fall prüfen
Die gute Nachricht kam wenige Stunden vor der Kundgebung: Die Stadt
Chemnitz hatte zugesichert, den Fall nochmals zu prüfen und „vorerst“ auf
eine Abschiebung zu verzichten. „Die Behörde wird Kontakt zur Familie und
deren Anwältin aufnehmen und das weitere Vorgehen abstimmen“, schrieb die
Stadt auf ihrer Website. Dabei geht es darum, wie „die noch fehlenden
Nachweise der nachhaltig wirtschaftlichen und sprachlichen Integration“ der
Familie erbracht werden.
Pham Phi Son reagierte vorsichtig optimistisch, solche vagen Zusagen habe
er schon viele erhalten. Von der Unterstützung auf der Kundgebung zeigte er
sich sichtlich gerührt und dankte jedem einzelnen Anwesenden. Für den
sächsischen Flüchtlingsrat ist die Familie ein Musterbeispiel für gelungene
Integration.
Es könnte zu einem Problem werden, dass der Familienvater trotz 36 Jahren
Aufenthalt in Deutschland nur bescheiden Deutsch spricht. In der DDR war
eine Integration nicht gewollt, die sprachliche Verständigung erfolgte am
Arbeitsplatz durch Dolmetscher. Später bekamen ehemalige
DDR-Vertragsarbeiter immer nur ein Aufenthaltsrecht, wenn sie ihren
Lebensunterhalt selbst verdienten. Da das meist in prekärer
wirtschaftlicher Selbständigkeit geschah, blieb keine Zeit zum
Deutschlernen. Einen Rechtsanspruch zum Deutschlernen gibt es erst seit
2014.
## Zehntausende unterzeichnen Petition für Bleiberecht
Der Sächsische Flüchtlingsrat hat letzten Mittwoch eine [2][Onlinepetition]
an Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und weitere
LandespolitikerInnen wieder aufleben lassen, in der ein Bleiberecht für die
Familie gefordert wird. Inzwischen haben fast 100.000 Menschen
unterschrieben. In einer zweiten [3][Petition, die innerhalb weniger Tage
35.000 Unterschriften] fand, fordert die Deutschvietnamesin Hami Nguyen aus
Frankfurt/Main dasselbe an die Adresse der Bundesinnenministerin Nancy
Faeser.
„Es ist auch meine ganz persönliche Geschichte“, schreibt sie. „Auch mein
Vater war Vertragsarbeiter in der DDR und wurde vor einigen Jahren
abgeschoben, nachdem er in Deutschland gelebt und gearbeitet hat. Mein
Vater muss seitdem in einem Land leben, in dem er niemanden mehr kennt. Das
ihm fremd ist. Dass ich, seine Tochter, noch hier bin, ist bei dieser
Willkür-Politik reines Glück.“
18 Feb 2023
## LINKS
[1] /Drohende-Abschiebung-in-Chemnitz/!5916868
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/nach-35-jahren-in-sachsen-famil…
[3] https://innn.it/PhamPhiSonBleibt
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Abschiebung
Sachsen
Vietnam
Vertragsarbeiter
Asylpolitik
Chemnitz
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Migration
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