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# taz.de -- Kirchenrechtler über Abschiebung: „Sie gehören zu uns“
> Der Familie des Ex-DDR-Vertragsarbeiters Pham Phi Son droht weiter die
> Abschiebung. Daniel Frank von der Katholischen Kirche Sachsen setzt sich
> für sie ein.
Bild: Pham Phi Son und seine Familie
taz: Herr Frank, die Ausländerbehörde Chemnitz hat [1][Frau und Tochter]
des ehemaligen DDR-Vertragsarbeiters Pham Phi Son zur Ausreise aus
Deutschland aufgefordert. Als Kirche machen Sie sich für die Familie stark.
Warum?
Daniel Frank: Weil die Familie zusammengehört. Auch wenn die Heirat der
Eltern bislang nicht durch staatliche Dokumente belegt werden konnte: Sie
leben als Familie zusammen und erziehen gemeinsam ein Kind. Damit genießen
sie nach dem Grundgesetz und auch aus unserer kirchlichen Sicht einen
besonderen Schutz als Familie. Die Tochter Emilia hat das Recht, in der
Geborgenheit beider Eltern aufzuwachsen.
Diese Familieneinheit können sie aber auch nicht in Vietnam leben, denn der
[2][Familienvater lebte mehr als die Hälfte seines Lebens in Deutschland.]
Für ihn wäre eine Ausreise nach Vietnam nicht zumutbar und ein
hoffnungsloses Unterfangen. Dort wäre er sozial in keiner Weise
abgesichert. Er wäre in seinen Rechten beschnitten, so zum Beispiel in
Sachen gesellschaftliche Teilhabe.
Gibt es da juristisch überhaupt Hoffnung auf ein Bleiberecht?
Der Rechtsweg ist meines Wissens ausgeschöpft. Die sächsische
Härtefallkommission hat zweimal ein humanitäres Bleiberecht abgelehnt. Es
gibt aber auch Signale, die dazu ermutigen, dass die Familie ihre
Integration nachweisen möge, [3][um ein Bleiberecht zu erhalten]. Da ist
viel geschehen. Beide Elternteile haben ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
in einem sächsischen Gastronomiebetrieb, der sie dringend braucht. Beide
haben Sprachtests absolviert. Es wäre der Familie geholfen, wenn sie für
weitere Nachweise mehr Zeit bekäme und der Druck einer drohenden
Abschiebung da erst mal rausgenommen würde.
Die Familie ist Mitglied in der katholischen Kirchengemeinde in Chemnitz
sowie in einer überregionalen vietnamesischen Kirchengemeinde in Leipzig.
Welche Stimmung erfahren Sie aus diesen Gemeinden?
Ganz klar: Sie gehören zu uns. Die Familie ist in die Gemeinden integriert.
Es gibt eine große Sorge um das Kindeswohl der sechsjährigen Tochter. Sie
soll im Sommer eingeschult werden. Das ist für die Sozialisierung eines
Kindes ein ganz wichtiger Lebensabschnitt. Steht hier eine Abschiebung im
Raum, wird jede Chance einer Sozialisation infrage gestellt.
Pham Phi Son selbst berichtete auf Facebook von Reaktionen aus seiner
Gemeinde: Vietnamesen, die gerade in Sachsen als dringend benötigte
Pflegekräfte ausgebildet werden, stellen ihre eigene Zukunft in Deutschland
infrage, wenn man hier kurz vor Erreichen des Rentenalters wegen eines
winzigen Fehlers seine Existenzgrundlage verliert.
Diese Meinungen landen auch bei mir. In der Tat hat Pham Phi Son sein
Bleiberecht in Deutschland nach Jahrzehnten [4][wegen einer
Ordnungswidrigkeit] verloren: Er hat aus gesundheitlichen Gründen seinen
Urlaub in Vietnam verlängert, blieb länger als die erlaubten sechs Monate,
weil er im Krankenhaus lag. Diese kleine Ordnungswidrigkeit steht in keinem
Verhältnis zu den Folgen für ihn und seine Familie.
Ihre Kirche lädt am Samstag 19 Uhr zu einer Podiumsdiskussion in die
Gemeinderäume der katholischen Kirche St. Josef in Chemnitz ein. Worum geht
es?
Wir wollen ein Gesamtbild der Situation zeichnen, Möglichkeiten für ein
Bleiberecht ausloten und gemeinsam mit anderen Akteuren einen
zukunftsfähigen Weg dorthin suchen. Auch die Geschichte der
DDR-Vertragsarbeiter wird thematisiert werden.
23 Jun 2023
## LINKS
[1] /Familie-von-Abschiebung-bedroht/!5931941
[2] /Drohende-Abschiebung-in-Chemnitz/!5918862
[3] /Drohende-Abschiebung-der-Familie-Pham/!5916887
[4] /Von-Abschiebung-bedrohter-Vietnamese/!5884879
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Abschiebung
Sachsen
Bleiberecht
Asylpolitik
Aufenthaltsrecht
Vertragsarbeiter
GNS
Härtefallkommission
Bleiberecht
Chemnitz
Migration
Abschiebung
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erhalten.
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