| # taz.de -- Supermarkt verschenkt Lebensmittel: Essen für die goldene Tonne | |
| > In Osnabrück verschenkt ein Einzelhändler unverkäufliche Lebensmittel in | |
| > einer goldenen Tonne. Das soll auch dem Containern vorbeugen. | |
| Bild: Dass sie da nicht landen sollen, darüber sind sich alle einig: Lebensmit… | |
| HAMBURG taz | In einem Osnabrücker Supermarkt gibt es gratis Lebensmittel. | |
| Eine Edeka-Filiale hat hinter der Kasse eine „Goldene Tonne“ aufgestellt, | |
| aus der Kund*innen sich unverkäufliche Lebensmittel mitnehmen können – | |
| ohne zu bezahlen. Mit dem Retten von Lebensmitteln durch „Containern“, das | |
| die Politik straffrei machen will, hat das seiner Ansicht nach allerdings | |
| nichts zu tun. | |
| Die Goldene Tonne ist eine große Plastikmülltonne auf Rädern, aus der die | |
| vordere Wand herausgeschnitten wurde. [1][Wie in einem Fernsehbeitrag des | |
| NDR zu sehen ist], enthält sie statt des üblichen Inhalts ein Regal, in dem | |
| einige Gemüsekisten aus Plastik stehen und ein Kühlschrank. Alles – bis auf | |
| den Kühlschrank – wurde mit goldenem Lack angesprüht. In den Kisten: | |
| abgepacktes Brot, Apfelsaft, Schokoschneemänner, Grießbrei und eine Packung | |
| mit Brotcroutons. | |
| Der Geschäftsführer Guido Gartmann sagte dem NDR, dass das wichtigste sei, | |
| möglichst viele Geschäfte dazu zu bringen nichts mehr wegzuwerfen; aber es | |
| werde auch das Containern verhindert. „Wenn sich jeder so eine Tonne vor | |
| die Türe stellt, dann gibt es ja auch keinen Grund mehr zum Containern“, | |
| sagte Gartmann. In seinen Märkten habe er mit Containern „nie Probleme“ | |
| gehabt, hier sei an den Mülltonen „immer Ruhe“ – auch weil darin nichts … | |
| finden sei. | |
| Genau [2][diese Ruhe wollen Cem Özdemir] (Bündnis 90/Die Grünen) und Marco | |
| Buschmann (FDP) nun stören. In Deutschland entstehen jährlich circa elf | |
| Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle. Zahlen für die einzelnen Bundesländer | |
| gibt es bislang nicht. Der Bundesernährungsminister und der | |
| Bundesjustizminister wollen dieser Verschwendung entgegentreten, indem sie | |
| das Containern entkriminalisieren. | |
| ## Containern soll entkriminalisiert werden | |
| Sie folgen damit einem Vorschlag des Landes Hamburg, der vorsieht, die | |
| „Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren“ so zu | |
| verändern, dass das Containern nicht bestraft wird, sofern dabei nichts | |
| kaputt geht. | |
| Auch die neue rot-grüne niedersächsische Regierung hat sich in ihrem | |
| Koalitionsvertrag für die „vollständige Vermeidung von | |
| Lebensmittelverschwendung“ ausgesprochen. Sie will sich für ein | |
| „Lebensmittel-Retten-Gesetz“ einsetzen und die Pläne der Bundesregierung | |
| zum Containern unterstützen. | |
| Damit geht die Koalition über das hinaus, was sich ihre rot-schwarze | |
| Vorgängerin vorgenommen hatte. Die hatte sich zwar in ihrem | |
| Koalitionsvertrag auch schon gegen das Verschwenden ausgesprochen, aber nur | |
| schwammig ein „umfassendes Maßnahmenpaket“ angekündigt. | |
| Die Foodsharing-Botschafterin von Osnabrück, Bettina Landwehr, begrüßt | |
| Gartmanns Aktion. Ihre Organisation finde „alles super“, was dazu beitrage, | |
| dass weniger Lebensmittel im Müll landen. „[3][Ob Supermärkte uns als | |
| Abholer nutzen] oder eigene Wege finden, die Lebensmittel zu retten, ist | |
| für uns nicht wichtig“, sagt sie. | |
| Die „Goldene Tonne“ hat Landwehr beim Einkaufen zwar noch nicht entdeckt, | |
| neu ist die Aktion für sie aber auch nicht. „Die Rewes und andere | |
| Supermärkte haben auch oft Regale, wo sie unverkäufliche Lebensmittel | |
| verschenken“, sagt Landwehr. | |
| Katja Calic vom Handels- und Dienstleistungsverband Osnabrück-Emsland | |
| betont, dass viele Lebensmittelhändler*innen ohnehin schon [4][einen | |
| Teil ihrer Lebensmittel an die Tafeln verschenkten], um diese nicht zu | |
| verschwenden und denen, die es nötig hätten, unter die Arme zu greifen. | |
| Viele Händler*innen würden zudem Lebensmittel, die bald ablaufen, zu | |
| reduzierten Preisen anbieten oder abgelaufene Lebensmittel verschenken. | |
| ## In privaten Haushalten wird viel mehr verschwendet | |
| Containern ist für Calic „kein effektives Mittel“, um der Verschwendung zu | |
| begegnen. Sie weist darauf hin, dass im Handel nur sieben Prozent der | |
| Lebensmittel weggeworfen werden. „Wir Verbraucher sind das Problem“, sagt | |
| sie und meint damit die 59 Prozent Lebensmittel, die in privaten Haushalten | |
| im Mülleimer landen. Weil Kund*innen auf einen Joghurtdeckel schauen, | |
| sehen, dass der am Vortag abgelaufen ist, und diesen dann wegwerfen, obwohl | |
| er wahrscheinlich noch gegessen werden könnte. „Wir müssen viel mehr | |
| riechen und schmecken“, findet die Verbandschefin. | |
| Im Bezug auf das Containern weist Calic auf die Gefahren hin, die | |
| Verbraucher*innen durch verunreinigte und verdorbene Lebensmittel | |
| drohten und steht damit auf der gleichen Position, wie der Bundesverband | |
| des Deutschen Lebensmittelhandels, der in einer Pressemitteilung Mitte | |
| Januar forderte, das Containern nicht straffrei zu machen. | |
| 25 Jan 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Statt-Containern-Supermarkt-ve… | |
| [2] /Zaghafte-Ernaehrungspolitik/!5906705 | |
| [3] /Foodsharing-und-die-Tafeln/!5889511 | |
| [4] /Unterstuetzung-fuer-Tafeln/!5896047 | |
| ## AUTOREN | |
| Franziska Betz | |
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