| # taz.de -- Kunstausstellung „Monet – Mitchell“: Braucht sie denn den Boo… | |
| > Eine Pariser Ausstellung stellt die abstrakte Malerei von Joan Mitchell | |
| > der von Claude Monet gegenüber. Ist das ein ebenbürtiger Dialog in der | |
| > Kunst? | |
| Bild: Eine verblüffende Nähe: Blick in die Ausstellung „Le dialogue Claude … | |
| Sie könne eh nicht gewinnen, sagte die [1][US-amerikanische Malerin Joan | |
| Mitchell] 1992 in einem Interview. Es ging um ihre historische Bedeutung | |
| als Künstlerin. Schließlich sei sie ein Mädchen, eine Frau, weiblich. Nun | |
| hat die Fondation Louis Vuitton der 1925 in Chicago geborenen Künstlerin 30 | |
| Jahre nach ihrem Todestag in ihrem spektakulären Pariser Museumsbau von | |
| Architekt Frank Gehry eine Blockbuster-Ausstellung gewidmet. | |
| „Monet – Mitchell“ heißt die gemeinsam mit dem Pariser Musée Marmottan | |
| Monet organisierte Show. Es geht um ästhetische Verbindungen zwischen der | |
| abstrakten Expressionistin Mitchell und der französischen | |
| Impressionismus-Ikone Claude Monet. Joan Mitchell und einer der | |
| [2][bekanntesten Künstler weltweit] im Dialog, ebenbürtig. | |
| Hat Mitchell mit dieser Ausstellung ihren verdienten kunsthistorischen | |
| Platz auf der Weltbühne der Malerei bekommen? Kunst von Frauen ist in den | |
| Museen dieser Welt nach wie vor unterrepräsentiert. Die | |
| [3][Künstlerinnengruppe Guerrilla Girls] hat in den 80er Jahren | |
| festgestellt, dass nur vier Prozent der ausgestellten Kunst von weiblicher | |
| Autorschaft ist. | |
| [4][Erst in den letzten Jahren beginnt sich langsam etwas zu ändern.] Das | |
| New Yorker MoMA hat 2019 die Präsentation seiner Sammlung zugunsten von | |
| Frauen umorganisiert, das Baltimore Museum in den USA hat 2020 entschieden, | |
| nur noch Kunst von Frauen zu kaufen. | |
| ## Unabhängig von Quote und Geschlecht? | |
| Ist die Ausstellung der Fondation Louis Vuitton ein weiterer Hinweis auf | |
| eine gleichberechtigte Kunstwelt? Geht sie sogar darüber hinaus und stellt | |
| hier nur die Ästhetik in den Vordergrund, unabhängig von Quote oder | |
| Geschlecht? Die Antwort ist leider: nein. Denn der ästhetische Dialog | |
| zwischen Monet und Mitchell funktioniert zwar – aber offenbar nicht | |
| kommentarlos. | |
| Obwohl Mitchell, wie die Chefkuratorin der Ausstellung, Suzanne Pagé, im | |
| Pressetext schreibt, „eine der einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten | |
| der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ist“, glauben die | |
| Ausstellungsmacher, dass sie – im Gegensatz zu Monet – noch einen | |
| Aufmerksamkeits-Booster braucht. | |
| Pagé und ihr Kuratorenteam haben der Hauptausstellung eine „Einleitung“ | |
| vorangestellt. Im Untergeschoss des Gehry-Museums wird [5][eine | |
| Mitchell-Retrospektive] gezeigt. Damit sich die Museumsgänger mit dem Werk | |
| der Künstlerin vertraut machen können, bevor sie die eigentliche | |
| Ausstellung besuchen. Mitchell muss also, wie es die Ausstellungsmacher | |
| schreiben, „ins öffentliche Bewusstsein gerückt“ werden. | |
| Traurig, dass das offenbar nötig ist. Mitchell mag eine der wichtigsten | |
| Künstlerinnen unserer Zeit sein – und doch werden mit dem Abstrakten | |
| Expressionismus nach wie vor [6][hauptsächlich die Namen ihrer männlichen | |
| Kollegen] wie Jackson Pollock, Willem de Kooning oder Robert Motherwell | |
| verbunden. Auch die Kuratoren der Louis-Vuitton-Stiftung waren wohl nicht | |
| bereit, das ganze Museum für sie freizuräumen. Der männliche Superstar im | |
| Pantheon der Kunst muss her, um Mitchell die Aufmerksamkeit zuteilwerden zu | |
| lassen, die ihr zusteht. | |
| Die Kernausstellung ist aber – das muss man zugeben – klug konzipiert. 70 | |
| großformatige Malereien, 35 von Mitchell und 35 von Monet. Ein Coup ist der | |
| radikale Schritt, Monets Werke ohne Rahmen zu zeigen. So hängen nun die | |
| nackten, geradezu entthronten Monets neben den ohnehin rahmenlosen | |
| Malereien von Mitchell. Wie grob auch der Pinselstrich Monets war, wie | |
| farblich nuanciert die Abstraktionen Mitchells. Sie sprach von Gefühlen | |
| („feelings), er von Empfindungen („sentiments“), wenn es jeweils um ihren | |
| künstlerischen Ansatz ging. In manchen Räumen fällt es auf den ersten Blick | |
| fast schwer, die Bilder zuzuordnen. | |
| Im letzten Raum werden zehn von Mitchells einundzwanzig Bilder umfassender | |
| und zwischen 1983 und 1984 entstandener Serie „La Grande Vallée“ gezeigt, | |
| die so noch nie zusammen zu sehen waren. Die Farbpracht und immer wieder | |
| überraschend dynamische Komposition dieser Bilder lassen den riesigen | |
| Ausstellungsraum vibrieren. Ästhetisch ist die Ausstellung „Monet – | |
| Mitchell“ unbedingt gelungen. Den Bildern beider Künstler tut der Dialog | |
| gut, lässt sie gestärkt hervortreten. Und doch bleibt dieser fade | |
| Nachgeschmack, dass der Mut gefehlt hat, Mitchell einfach alleine wirken zu | |
| lassen. | |
| 3 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Verena Harzer | |
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