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# taz.de -- Nahender Lambrecht-Rücktritt: Ende eines Missverständnisses
> Christine Lambrecht ist an keinem Skandal gescheitert, sondern an vielen
> Fehlern. Für Olaf Scholz ist der wohl anstehende Rücktritt gravierend.
Bild: Ihr endgültiger Abflug steht wohl bevor: Christine Lambrecht am Donnerst…
Die Nachricht, [1][dass Christine Lambrecht zurücktreten wird], hat am Ende
niemanden mehr überrascht. Eine Peinlichkeit hatte die nächste gejagt. Am
Tag nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ging die
SPD-Verteidigungsministerin ungerührt in ein Nagelstudio. Sie komme spät
ins Ministerium und gehe gerne früh, hieß es. Am Ende war [2][ihr bizarres
Handyvideo zu Silvester] der Tropfen, der das Fass überlaufen ließ.
Jeder Fauxpas der Ministerin wurde genüsslich durchgestochen, jede
Nato-Telefonschalte, die wegen eines privaten Termins verschoben wurde,
publik. Das war die – sicherlich auch sexistisch angehauchte – Rache des
mächtigen Apparats des Ministerium am Auftreten der Chefin. Das wurde als
herrisch und desinteressiert empfunden – eine fatale Mischung.
Lambrecht ist an keinem Skandal gescheitert, sondern an vielen kleinen
Fehlern. Die wiesen allerdings alle in die gleiche Richtung. Ihr fehlten
Gespür und Passion für das Amt. Die Verantwortung trägt auch Kanzler
Scholz, der ein paar Warnsignale übersehen hatte. Lambrecht hatte 2020,
damals Bundesjustizministerin, ihren Abschied aus der Politik angekündigt.
2020 glaubte kaum jemand an einen Wahlsieg der SPD.
Scholz hievte eine Genossin in den Bendlerblock, [3][die in doppelter
Hinsicht problematisch war]: Ihre Leidenschaft für Politik schien sehr von
Karriereaussichten abhängig – und sie wollte, wenn überhaupt,
Innenministerin werden und nicht für die Bundeswehr verantwortlich sein.
## An eigener Hybris gescheitert
Die Bundesrepublik ist eine eher unmilitärische Nation. In Frankreich und
den USA waren auch mal Generäle Verteidigungsminister; in Deutschland wäre
das kaum vorstellbar. Hierzulande bekamen Gewerkschaftsführer wie Georg
Leber oder „ungediente“ Politiker wie Peter Struck den Job. Lambrecht ist
nicht an der Kluft zwischen der militärischen Kultur der Bundeswehr und der
zivilen der Republik gescheitert. Sondern an eigener Hybris. Ihre Bilanz
ist zwiespältig. Sie hat das berüchtigte Beschaffungswesen der Bundeswehr
vorsichtig vereinfacht. Die überfällige Strukturreform des Ministeriums
bedeutete für sie angesichts von Ukrainekrieg und mehr Bundeswehr im
Baltikum eine Überforderung.
Und nun? Für Scholz ist dieser Rücktritt weit gravierender als der der
Grünen Anne Spiegel. Es ist ein Einschlag direkt neben ihm. Seit
Ukrainekrieg und 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen ist der Bendlerblock
nicht mehr bloß ein schwerfälliger, extrem schwierig zu managender
bürokratischer Apparat, sondern ein Schlüsselministerium. Es ist banal,
aber: Noch eine Fehlbesetzung kann Scholz sich nicht leisten.
Nachtrag: Am Montagvormittag kam die Meldung, [4][dass Lambrecht um ihre
Entlassung gebeten hat].
15 Jan 2023
## LINKS
[1] /Ruecktrittsplaene-von-Christine-Lambrecht/!5908724
[2] https://www.youtube.com/watch?v=iuIl_WFcTqk
[3] /Verteidigungsministerin-Lambrecht/!5851989
[4] /Kanzler-Scholz-ueber-Lambrecht-Ruecktritt/!5908819
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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