# taz.de -- Verteidigungsministerin Lambrecht: Qualifikation – nicht nötig | |
> Die Verteidigungsministerin ist eine Fehlbesetzung. Die Personalie zeigt, | |
> nach welchen merkwürdigen Kriterien MinisterInnen zu oft ausgesucht | |
> werden. | |
Bild: Die Kritik an Christine Lambrecht reißt nicht ab | |
Die neue Führungskraft macht erst einmal Urlaub, obwohl im Unternehmen die | |
Hütte brennt. Die Untergebenen stößt sie durch herrisches Auftreten vor den | |
Kopf. Sie kokettiert in der Öffentlichkeit mit ihrem Unwissen über ihre | |
Firma: [1][„Meine erste Frage war, ob ich mir das alles sofort merken | |
muss.“] Den Firmen-Hubschrauber nutzt sie für einen Urlaub mit ihrem | |
erwachsenen Sohn und begründet das so: „Ich bitte um Verständnis dafür, | |
dass es darum geht, eben auch den Kontakt zum Kind weiter | |
aufrechtzuerhalten.“ | |
Der Aufsichtsrat zieht schließlich die Reißleine und beendet vorzeitig das | |
Arbeitsverhältnis: Wir wünschen Ihnen für Ihre berufliche Zukunft alles | |
Gute, steht im Begleitschreiben zur Kündigung. Die Führungskraft ist | |
insgeheim erleichtert. Es war alles ein riesiges Missverständnis. | |
Es könnte so einfach sein, wäre das Verteidigungsministerium eine Firma und | |
hätte nicht der Oberboss, Olaf Scholz, die Führungskraft, nämlich | |
SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, selbst ausgewählt. Würde | |
er sie entlassen, wäre es das Eingeständnis seiner eigenen | |
Fehlentscheidung. Deswegen dürfte Kanzler Scholz vorerst an Lambrecht | |
festhalten, und das ist keine gute Idee. | |
Christine Lambrechts Performance wirft ein Schlaglicht darauf, wie | |
PolitikerInnen zu häufig an ein Ministerium kommen – Qualifikation ist | |
dabei keineswegs zwingend, siehe [2][Andreas Scheuer als | |
Bundesverkehrsminister], siehe diverse VerteidigungsministerInnen bereits | |
vor Lambrecht. | |
In den Koalitionsverhandlungen im Herbst war der SPD das Ressort | |
zugeschoben worden. Leider waren die wenigen SPD-Verteidigungsexperten wie | |
[3][Fritz Felgentreu] und Hans-Peter Bartels vom Fraktionsvorsitzenden Rolf | |
Mützenich zuvor vergrault worden (die paritätische Quote hätte man auch | |
durch andere Ministerinnenposten herstellen können). | |
Es geht nicht nur um Fachkompetenz | |
Dann sollte er oder sie bereits ein Ministerium geleitet haben. Warum | |
eigentlich? Peter Struck, der wohl letzte angesehene Verteidigungsminister, | |
war vorher SPD-Fraktionsvorsitzender. Also musste Lambrecht ran, obwohl sie | |
das Ressort gar nicht wollte. | |
Natürlich ist Fachkompetenz nicht das alleinige Kriterium und auch schwer | |
zu messen. Ein Chef oder eine Chefin eines großen Ministeriums sollte ein | |
politisches Schwergewicht sein, echtes Interesse haben und nicht nur aus | |
parteisoldatischem Pflichtgefühl Ja sagen. Auch Talent kann nicht schaden. | |
Das alles zeigt Annalena Baerbock, der deutlich sichtbare Gegenpol zu | |
Lambrecht im Kabinett. Die Öffentlichkeit kann praktisch live jeden Tag | |
miterleben, wie sie für ihre Aufgabe brennt, [4][andere mitreißen kann] – | |
und bereit ist, jeden Tag dazuzulernen. Sie nutzt klug das Wissen ihres | |
Ministeriums und weiß ihren Apparat zu schätzen. | |
Man muss die Bundeswehr nicht mögen, aber sie hat jemanden an der Spitze | |
verdient, der sich für sie ernsthaft interessiert – und keine | |
Verlegenheitslösung. | |
13 May 2022 | |
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[1] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/erstes-interview-mit-neu-… | |
[2] /U-Ausschuss-zum-Pkw-Maut-Desaster/!5765983 | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Felgentreu | |
[4] https://www.rnd.de/politik/annalena-baerbock-in-niger-lob-fuer-einen-besond… | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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