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# taz.de -- Sondervermögen für die Bundeswehr: Eine praktische Lösung
> Ein Bundeswehr-Sondervermögen im Grundgesetz ist nicht schön, aber
> richtig. Die Union sitzt mit im Boot und kann nicht mehr von außen
> attackieren.
Bild: Gelingt ihr, woran ihre VorgängerInnen scheiterten? Verteidigungsministe…
Der Bundestag wird in ein paar Tagen [1][100 Milliarden Euro für die
Bundeswehr bereitstellen]. Dieser Schuldenberg, euphemistisch
Sondervermögen getauft, wird auch noch im Grundgesetz verankert. Anstatt
Geld in Wohnungen und den klimaneutralen Umbau der Gesellschaft zu stecken,
werden irrwitzig teure US-Kampfjets, Munition und Panzer gekauft. Der
[2][Aktienkurs des Rüstungskonzerns Rheinmetall] hat sich seit [3][Olaf
Scholz’ Zeitenwende-Rede] am 27. Februar verdoppelt.
Die Grünen, die ein paar Milliarden Euro für zivile Konfliktprävention
abzweigen wollten, haben sich nicht durchgesetzt. Der Slogan „In der
Rüstung sind sie fix, für die Bildung tun sie nix“ hat die Jahrzehnte der
Bundesrepublik wie ein Refrain begleitet. Gilt er gerade jetzt? Kann, wer
sich in der Tradition der militärkritischen Linken versteht, 100 Milliarden
Euro für die Bundeswehr gutheißen?
Ja, das kann man. Denn der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat fast
alles verändert. Wie weit die Ziele des russischen Imperialismus reichen,
ist spekulativ. Es ist nötig, mit dem Schlimmsten zu kalkulieren. Selbst
wenn es, wofür derzeit wenig spricht, einen Waffenstillstand in der Ukraine
geben sollte – Deutschland und die EU werden sich auf einer dauerhafte
Gewaltdrohung aus Russland einstellen müssen.
Deutschland muss für alle Fälle buchstäblich gerüstet sein und braucht als
Abschreckung eine funktionsfähige Armee. Entscheidend ist nun, wie viel von
dem Geldregen fürs Militär in verfilzten Strukturen versickert oder wegen
bürokratischer Überreglementierung ineffektiv eingesetzt wird. Man wird
sehen, ob SPD-Verteidigungsministerin [4][Christine Lambrecht] gelingt,
woran ihre VorgängerInnen scheiterten.
Aber Grundgesetzänderung – muss das sein? Prinzipiell nein, realpolitisch
gesehen ja. Die Ampel will das Wattekissen des ganz großen Konsenses, weil
die FDP das Ja der Union braucht. Denn die Liberalen fürchteten, wegen noch
eines Schattenhaushaltes böse unter Feuer zu geraten. Jetzt ist die Union
im Boot und diese Gefahr gebannt.
## 2-Prozent-Ziel nicht im Grundgesetz
In dieser machtpolitischen Konstellation wären alle anderen Möglichkeiten,
mehr Geld für Militär zu mobilisieren, weitaus schwieriger gewesen. Mehr
Geld für die Bundeswehr aus dem Haushalt zu finanzieren hätte bedeutet:
weniger Geld für Soziales, Klima, Wohnungen. Das hätte Fliehkräfte in der
Ampel ausgelöst.
Erfreulich ist schließlich, dass die Pflicht, dauerhaft zwei Prozent der
jährlichen Wirtschaftsleistung für Militär auszugeben, in der Verfassung zu
verankern, vom Tisch ist. Die Union wollte das, zum Glück wurde nichts
daraus. Kommenden Generationen vorzuschreiben, wofür der Staat Geld
auszugeben hat, ist kurzsichtig, ja übergriffig.
Der Weg über die Grundgesetzänderung für das Sondervermögen ist
verfassungsästhetisch gesehen hässlich, politisch aber praktisch. Es
verursacht am wenigsten Kollateralschäden. Für Kanzler Scholz ist diese
Einigung kostbar. Sie ist ein Erfolg. Davon gibt es derzeit nicht so viele.
30 May 2022
## LINKS
[1] /100-Milliarden-fuer-Bundeswehr/!5857536
[2] https://www.ariva.de/news/rheinmetall-aktie-leicht-im-plus-10169356
[3] /Bundestags-Sondersitzung-zur-Ukraine/!5835039
[4] /Verteidigungsministerin-Lambrecht/!5851989
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Bundeswehr
Olaf Scholz
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Brüssel
Bundeswehr
Christine Lambrecht
Bundestag
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