# taz.de -- Klausurtagung der Grünen-Spitze: Unbequem ins neue Jahr | |
> Rückwärts nimmer: Während Aktivisten im Rheinland gegen die Grünen | |
> protestieren, beschwört die Parteispitze auf ihrer Klausur den Blick nach | |
> vorne. | |
Bild: Polizei in Lützerath: Die Grünen verteidigen ihren Kohlekompromiss | |
Berlin taz | Für die Grünen startet das Jahr mit unbequemen Bildern: Am | |
Sonntag lieferten sich Demonstrant*innen und Polizei in Lützerath erste | |
Auseinandersetzungen, am Mittwoch könnte [1][die Räumung des besetzten | |
Dorfes] im Rheinland beginnen. In Nordrhein-Westfalen und im Bund hatte die | |
Partei der Abbaggerung des Dorfes in einem Kompromiss zum Kohleausstieg | |
2030 zugestimmt – mit Beginn des Polizeieinsatzes könnte das Zugeständnis | |
jetzt auf sie zurückschlagen. | |
Am Rande ihrer Vorstandsklausur in Berlin zeigte die Parteispitze am | |
Montag, wie sie mit dem Problem kommunikativ umgehen möchte. Die alleinige | |
Verantwortung für die Räumung wollen die Grünen nicht übernehmen, vor allem | |
nicht für den Fall einer Eskalation. „Innerhalb der Landesregierung liegt | |
der Polizeieinsatz erst mal im Innenministerium von Herrn Reul“, sagte | |
Parteichefin Ricarda Lang mit Blick auf die schwarz-grüne Koalition in NRW | |
und CDU-Innenminister Herbert Reul. „Ich finde: Deeskalation aller | |
Beteiligten ist jetzt das Gebot der Stunde.“ | |
Inhaltlich verteidigte Lang den Kohlekompromiss dagegen, hielt sich aber | |
nicht lange an der Begründung auf, sondern warf stattdessen den Blick nach | |
vorne auf die absehbar nächsten klimapolitischen Konfliktpunkte. Sie habe | |
„Verständnis“ für die Demonstrant*innen, deren Frust und den Wunsch nach | |
mehr Klimaschutz. Es gehe jetzt darum, die Kräfte zu bündeln und „bis 2030 | |
bundesweit aus der Kohle“ auszusteigen. | |
Auf den Deal zum Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen müsste dafür eine | |
Einigung für die ostdeutschen Kohlegebiete folgen. Diese Forderung hatte | |
vorige Woche auch schon der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck zum | |
wiederholten Male aufgestellt. In den betroffenen Regionen und | |
Bundesländern [2][hält sich die Bereitschaft bisher aber in engen Grenzen]. | |
Weitere Schritte, mit denen die Grünen 2023 zum „Jahr des Klimaschutzes“ | |
machen wollen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien und die | |
energieeffiziente Sanierung von Gebäuden sollen beschleunigt werden – | |
beides Vorhaben, bei denen Habecks Wirtschaftsministerium im Zentrum steht. | |
Daneben macht die Partei aber vor allem Druck auf den Koalitionspartner: Im | |
Verkehrsbereich sei Deutschland „immer noch viel zu weit davon entfernt, | |
unsere Klimaziele einzuhalten“, so Lang. Zuständig dort: Verkehrsminister | |
Volker Wissing von der FDP. | |
## Wahlkampfhilfe für Berlin | |
Erkennbar nicht einlassen wollen sich die Grünen umgekehrt auf den Versuch | |
der Liberalen, die Diskussion über noch längere Laufzeiten der | |
Atomkraftwerke neu aufzumachen. Der Bundeskanzler habe dazu im Herbst ein | |
Machtwort gesprochen und das gelte weiterhin, so die knappe Antwort aus dem | |
Parteivorstand. | |
Zwei Tage dauert die Klausurtagung der Grünen-Spitze insgesamt. Zum Auftakt | |
hatte der Bundesvorstand für Montag Bettina Jarasch eingeladen, die | |
Spitzenkandidatin für die Berliner Abgeordnetenhauswahl im Februar. Die | |
Partei hofft, dass sie nach der Wahl Regierende Bürgermeisterin wird. Im | |
Wahlkampf ist aktuell aber [3][Amtsinhaberin Franziska Giffey von der SPD | |
präsenter], zuletzt in der Diskussion über Straftaten in der | |
Silvesternacht. | |
Jarasch spricht dieses Thema am Montag erst auf Nachfrage an. Einerseits | |
grenzt sie sich dann von der CDU ab, die die Gewalt als Migrationsproblem | |
sieht: Es geht, so Jarasch, um „unsere Berliner Jugendlichen“. Andererseits | |
kritisiert sie wenig subtil auch Giffey und deren für innere Sicherheit | |
zuständige SPD für fehlende Vorkehrungen vor dem Jahreswechsel: Sie hoffe, | |
„dass unsere Sicherheitskräfte zum nächsten Silvester rechtzeitig ein | |
Konzept haben, das sie schützt.“ | |
9 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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