# taz.de -- Wahlkampf der SPD in Berlin: Der Kanzler als Dienstleister | |
> Die SPD lädt Olaf Scholz ein, um die Kandidat*innen zum Wahlkämpfen | |
> zu mobilisieren. Giffey teilt derweil gegen CDU und Grüne aus. | |
Bild: Ist das etwa Walter Momper neben Giffey? Nein, der rote Schal ist ein Ges… | |
BERLIN taz | Am Ende muss der Kanzler die Kandidierenden über sich ergehen | |
lassen. 30 Minuten hat Olaf Scholz an diesem Montagabend im Berliner | |
Varieté „Wintergarten“ vor gut 100 SPD-Mitgliedern gesprochen und natürli… | |
[1][Spitzenkandidatin Franziska Giffey] gepriesen. Nun darf sich jede und | |
jeder mit ihm einzeln fotografieren lassen. Es wurde sogar extra ein | |
Fotograf nur dafür organisiert – soll ja auch gut aussehen. | |
Und so steht Olaf Scholz in der Menge und arbeitet stoisch die lange | |
Schlange ab. Auf den Lippen sein Olaf Scholz-Lächeln, in das man so | |
ziemlich alles hinein interpretieren kann: Heiterkeit, Gelassenheit, einen | |
Hauch Zynismus. Vielleicht hat er ganz still und leise sogar ein bisschen | |
geschlummert: Emotionale Regungen oder gar eine Umarmung für die eine oder | |
andere Kandidat*in waren jedenfalls nicht drin. Und wer deshalb | |
angesichts der zu erwartenden Fotoschwemme von Kanzlerbildern in sozialen | |
Medien argwöhnen wird, es sei gar nicht der echte Scholz auf den Fotos, | |
sondern [2][einer von Madame Toussaud], sei beruhigt: Alles echt bei der | |
SPD. | |
Seine Rede zuvor war emotionaler, wobei auch das bei Scholz ein natürlich | |
relativer Begriff ist. Aber er geht – ungewöhnlich lange für eine Rede im | |
Berliner Wahlkampf – auf den [3][Krieg Russlands gegen die Ukraine] ein und | |
verteidigt deren bisherige Unterstützung durch Deutschland. Es sei wichtig, | |
die Integrität der Ukraine zu verteidigen; Deutschland werde das, „so | |
lange, wie es notwendig ist“, unterstützen; man werde „auch nicht | |
nachlassen in der Unterstützung“. | |
„Deutschland ist ganz weit vorne bei der Unterstützung der Ukraine“, sagt | |
Scholz. Das gelte nicht nur für finanzielle und humanitäre Hilfe, sondern | |
auch für Waffenlieferungen. „Alleingänge“ Deutschlands lehnt er weiter ab. | |
„Alle können sich darauf verlassen, dass nicht die öffentliche Aufregung, | |
sondern das, was richtig ist in der Sache und gut ist für die Ukraine und | |
den Frieden in Europa, dass das von uns getan wird.“ Zuletzt hatten auch | |
Grüne und FDPler [4][eine Lieferung des Kampfpanzers Leopard II gefordert]. | |
Hier ist dann auch der Anknüpfungspunkt an den Wahlkampf: 20 bis 30 Prozent | |
seiner Zuhörer*innen bei Reden, so Scholz' eigene Schätzung, würden die | |
– für sie rhetorische – Frage stellen, ob denn Waffen überhaupt zum Fried… | |
beitragen könnten. Scholz teilt diese Auffassung bekanntlich nicht. „Es ist | |
notwendig, Waffen zu liefern, aber man muss es begründen: Deutschland muss | |
verantwortungsvoll handeln“, gibt er den SPD-Kandidat*innen im Publikum | |
Schützenhilfe. Dieser Krieg dürfe nicht zu einem Krieg zwischen Russland | |
und der Nato werden. | |
## Scholz, der Wohnungsbauer | |
Natürlich lobt der Kanzler die SPD-Spitzenkandidatin: „Franziska Giffey, du | |
bist die Richtige.“ Interessant ist aber auch, was er nicht erwähnt. So | |
stellt sich Scholz hinter das „Bauen, Bauen, Bauen“-Mantra der SPD in | |
Berlin und Bund. „Es gibt keinen anderen Weg: Wenn Wohnungen fehlen, müssen | |
neue gebaut werden.“ | |
Kein Wort aber dazu, dass die Ampelregierung im Bund sich bislang nicht zu | |
nachhaltiger Unterstützung für Mieter*innen durchringen konnte: Weder | |
wurde den Kommunen das Vorkaufsrecht für Häuser wieder zugestanden, noch | |
den Ländern die Kompetenz für Mietendeckel gegeben. Dabei war im Wahlkampf | |
2021 auch von der SPD vom Wohnen als „neuer sozialer Frage“ [5][die Rede | |
gewesen]. | |
Franziska Giffey nutzt ihren Auftritt, um Grüne und CDU für ihren Umgang | |
mit der Randale in der Silvesternacht zu kritisieren. Sie sprach von | |
Angriffen auf Feuerwehr und Polizei, „die in ihrer Brutalität ihresgleichen | |
suchen“. Trotzdem hätten sich die Grünen dazu ausgeschwiegen; die Union | |
wiederum habe versucht, mit ihrer unsäglichen Frage nach den Vornamen der | |
Festgenommen Kapital zu schlagen. Dabei sei doch Berlin die „Stadt, in der | |
Respekt für alle“ gelte. | |
Und auch gegen die Angriffe von bayerischen Politiker*innen wehrt sich | |
Berlins Regierende. So hatte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder | |
erklärt, Berlin würde sich zur „Chaosstadt“ entwickeln. „Ich habe nicht | |
gehört, wo die Lösungsansätze sind“, kontert Giffey. Es helfe auch nicht, | |
wenn sich Ministerpräsidenten irgendwelche Ratschläge erteilten. Und | |
genüsslich erklärte sie, dass das Wirtschaftswachstum in 2022 mit 2,5 | |
Prozent in Berlin deutlich höher sei als das in Bayern. | |
10 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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