# taz.de -- Abgang von DFB-Teammanager Bierhoff: Der Macher macht nicht mehr | |
> Oliver Bierhoff hat als Manager der Nationalmannschaft ausgedient. Nach | |
> 18 Jahren hinterlässt er ein beinahe zu Tode vermarktetes Gebilde. | |
Bild: Keine weiteren Erklärungen: Oliver Bierhoff arbeitet nicht mehr für den… | |
Mehr als vier Millionen Deutsche sind im Herbst des Jahres 2006 in die | |
Kinos gegangen, um sich noch einmal an der Deutschen Nationalmannschaft zu | |
erfreuen. „Deutschland. Ein Sommermärchen“ hieß der Film, dem ihr Interes… | |
galt. Der Auftritt des DFB-Teams und der schwarz-rot-goldene Vollrausch | |
während der Heim-WM 2006 wirkten noch nach. Die Dokumentation von Sönke | |
Wortmann zeichnete den Weg der deutschen Mannschaft von einer übel | |
beleumundeten Truppe Rumpelfüßler zu einem Weltklasseteam nach, das es auf | |
Platz drei geschafft hatte. | |
Schon in den ersten Einstellungen ist Oliver Bierhoff zu sehen. Am | |
Schreibtisch hinter einem Laptop sitzend erklärt er, was geschehen ist. Die | |
Bilder zeigten ihn, der 2004 als Teammanager der Nationalmannschaft | |
installiert worden war, als Mastermind hinter dem Erfolg bei der Heim-WM. | |
Jürgen Klinsmann motivierte die Elf mit billigen Sprüchen, Joachim Löw | |
durfte Spielzüge erklären, aber er, Bierhoff, er war der Macher. | |
Nun wird er erst mal nichts mehr machen. Bierhoff hat keine Woche [1][nach | |
dem WM-Aus der deutschen Auswahl] seinen Posten als Geschäftsführer | |
Nationalmannschaften im DFB zur Verfügung gestellt. 18 Jahre lang war er | |
als Manager für das DFB-Team verantwortlich, länger als Helmut Kohl Kanzler | |
war. Die Erzählung, nach der Erfolg im Nationalmannschaftsfußball planbar, | |
von Bierhoff planbar ist, hat sich als Mär erwiesen. 2014 hat sie noch | |
verfangen. | |
Da wurden die Deutschen in Brasilien Weltmeister. Und Bierhoff, der die | |
Mannschaft in einem noblen Resort im abgelegenen Bahia untergebracht hat, | |
das von einer Firma aus der Münchner Immobilienoligarchie zum WM-Turnier | |
in Brasilien fertiggestellt worden ist, ließ sich als Manager des vierten | |
Sterns auf dem Trikot für den vierten Weltmeistertitel einer deutschen | |
Mannschaft feiern. Joachim Löw war der Trainer, Bastian Schweinsteiger der | |
Blut opfernde Finalheld und Oliver Bierhoff, klar, der Macher. | |
## Bierhoffs Markenfetisch | |
Es war der Höhepunkt einer Entwicklung, die mit der Installierung von | |
Jürgen Klinsmann als Bundestrainer begonnen hatte. Die Nationalmannschaft | |
hatte sich vom biederen Verband emanzipiert. Sie durfte weitgehend ihr | |
eigenes Ding machen. Dem hat im DFB, der von ehrenamtlichen Funktionären | |
aus den Landesverbänden getragen wird, auch deshalb niemand widersprochen, | |
weil es sich gelohnt hat. | |
Man hat Oliver Bierhoff walten lassen, weil mit dem sportlichen Erfolg auch | |
die Geschäfte immer besser gelaufen sind. Die Nationalmannschaft war eine | |
starke Marke geworden. Und Bierhoff tat alles, um möglichst viel aus ihr | |
herauszuholen. Letztlich ist es der Drang, aus einer Sportmannschaft eine | |
Marke zu machen, um diese ausschlachten zu können, an der Bierhoff am Ende | |
gescheitert ist. | |
Er hat der Auswahl eine Corporate Identity übergestülpt, die am Ende nicht | |
mehr glaubwürdig war. Mit dem Claim „Die Mannschaft“ oder dem Hashtag | |
#ZSMMN hat er seine Arbeit selbst der Lächerlichkeit preisgegeben. Als dem | |
DFB-Team nach dem peinlichen Ausscheiden bei der WM 2018 Arroganz | |
vorgeworfen wurde, da wollte Bierhoff Nahbarkeit managen und hat nicht viel | |
mehr zuwege gebracht als ein öffentliches Training vor Nachwuchskickern. | |
Und als er merkte, dass die Akzeptanz für eine WM in Katar nicht gerade | |
groß ist in Deutschland, sah er die Geschäfte bedroht. Seine Lösung: | |
irgendwas mit Haltung. | |
Am Ende steht der Verdacht im Raum, [2][es seien PR-Agenturen gewesen], | |
welche die Nationalspieler unter so etwas wie einen gemeinsamen | |
Haltungsnenner zusammengefasst haben. Sich mit Malerfarbe „Human Rights“ | |
auf die Aufwärmjacken zu pinseln, war eine dieser Ideen. Die letzte war die | |
Mund-zu-Geste, nachdem die Fifa dem DFB-Team verboten hatte, ihren Kapitän | |
mit einer symbolisch bunten Binde auflaufen zu lassen. Immer wurde so | |
getan, als sei es der gemeinsame Wille der Mannschaft gewesen, der zu den | |
Aktionen geführt habe, und nicht der einer Agentur mit Auftrag von | |
Bierhoff. | |
Mit den ausbleibenden sportlichen Erfolgen wurde immer deutlicher, dass die | |
Nationalmannschaft eine Fußball spielende Werbetruppe mit PR-kompatiblen | |
Haltungseinsprengseln geworden ist. Mitte November ist die | |
Nationalmannschaft mit einem Flugzeug des DFB-Partners Lufthansa zur WM | |
nach Katar geflogen. „Diversity Wins“ war darauf gepinselt. Wieder so eine | |
Botschaft, die [3][umso peinlicher wirkt, wenn das Team dann gar nichts | |
gewinnt]. In der Sommermärchenerzählung war Bierhoff der Macher. Nach | |
dieser Logik ist Bierhoff auch der Macher der Winterdepression, in der der | |
DFB nun steckt. Sein Abgang ist da nur folgerichtig. | |
6 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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