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# taz.de -- Hansi Flick bleibt Bundestrainer: Werkeln  im Kontinuum
> Beim DFB hält man an Hansi Flick fest. Ausschlaggebend sind alte
> Verdienste. Von einer Aufbruchstimmung ist nichts zu spüren.
Bild: Routinierter Anweiser: Flick bei seiner Arbeit an der Seitenlinie
„Das Bild, das der DFB abgibt, ist einfach jämmerlich. Die ganze Welt
schaut auf Deutschland und dann stellt die internationale Presse fest, dass
der deutsche Fußball ein Scherbenhaufen ist und sein Verband
orientierungslos. Dabei stehen wir zwei Jahre vor dem wichtigsten
Sportereignis, das in den nächsten 40 Jahren in diesem Land stattfindet.
Was augenblicklich passiert, kann nicht im Sinne des Landes, der Regierung
und der Fans sein.“ Dieses Zitat darf als untrüglicher Beweis gelten, dass
sich Fußballgeschichte wiederholt. Die Frage ist nur: als Farce oder
Tragödie?
Die Analyse stammt nicht etwa aus diesen Tagen, sondern aus dem Jahr 2004,
und angestrengt hat sie Jürgen Klinsmann, der zum damaligen Zeitpunkt
„kategorisch“ ausschloss, Bundestrainer werden zu wollen. Rudi Völler war
gerade zurückgetreten nach einem schmählichen Aus bei einem Großturnier:
1:2 gegen Tschechien. Völler, noch beliebter als Hansi Flick heute, wollte
den Weg freimachen für einen Typen, der „unbefleckt“ ist. Die unbefleckte
Empfängnis führte über Umwege zu Hansi Flick. Völler sagte damals völlig zu
recht, dass er keinen Rucksack schleppen wolle bis zur Heim-WM. Das gehe
nur schief.
Eine solche Last schultern [1][will nun ausgerechnet Flick], der bei seinem
ersten Turnierausflug in höchster Trainerverantwortung gleich scheiterte:
Der Deutsche Fußball-Bund unter seinem Präsidenten Bernd Neuendorf sprach
am Mittwoch bei einer Krisensitzung unter Beisein von DFB-Vize Aki Watzke
dem alten neuen Bundestrainer das Vertrauen aus – oder jedenfalls
irgendetwas in dieser Richtung. Er darf jedenfalls weitermachen.
[2][Oliver Bierhoff dient dem DFB als Bauernopfer], soll die Öffentlichkeit
beruhigen, Flick aber, der über die Fähigkeit verfügt, den Sturm der
(gedämpften) Entrüstung an sich vorbeiziehen zu lassen, werkelt weiter in
einem Kontinuum, das nun schon viel zu lange dauert. Die Ära
Löw/Bierhoff/Flick hätte nun, da ihr Zenit sichtlich überschritten ist,
beendet werden können. So bleibt die Entscheidung halbgar, unentschieden.
Und sie scheint einem Populismus von Zögerlichen zu entspringen, die Angst
haben vor dem großen, befreienden Schnitt und die nach einem Taxieren von
zweifelhaften Beliebtheitswerten am Bekannten festhalten.
## Vorliebe für Bayern-Spieler
Aber ist Flick wirklich noch der richtige Mann, um das Team erfolgreich in
die EM 2024 im eigenen Land zu führen? Kann er ein Momentum kreieren? Für
neue Aufbruchstimmung sorgen? Das Weiter-so wurde völlig uninspiriert in
einer Pressemitteilung unter die Medien gebracht, die Verantwortlichen
hielten es nicht einmal für nötig, sich auf ein Podium zu setzen und so zu
tun, als hätten sie etwas vor. Kein Nationalspieler machte sich öffentlich
stark für seinen Trainer, nicht einmal die Bayern-Spieler, die Flick
notorisch und ohne Rücksicht auf andere Nationalspieler stets auf die
besten Positionen geschoben hat.
Der eine oder andere Auswahlspieler muss sich fragen, ob das
Leistungsprinzip in der Auswahl überhaupt noch gilt oder ob es reicht, das
rote Hemd der Münchner zu tragen, um vom ehemaligen Bayerntrainer Flick in
die Startelf beordert zu werden. Bringt dieses meritokratische Verständnis
von Personalpolitik noch etwas? Ist Flick nicht auch viel zu konfliktscheu,
um Umstrukturierungen anzugehen?
Es reichte über viele Jahre, die Gutverdiener aus den Topvereinen bei Laune
zu halten, [3][ihnen ein Wohlfühlambiente zu garantieren.] Der Druck der
Öffentlichkeit disziplinierte die vielen kleinen Ich-AGs schon irgendwie.
Aber auch das hat bei dieser WM nicht mehr funktioniert, weil die
Öffentlichkeit sich in moralischer Überheblichkeit desinteressiert zeigte.
Oder das Sportliche negierte.
Zur EM 2024 wird wieder national getrötet, die Maschinerie für die
Event-Hipster und Ereignis-Mitläufer angeworfen. Und das ist die einzige
gute Nachricht für Hansi Flick. Dass er wieder in einem Klima des Hypes
arbeitet und seine Schützlinge den „Ernst der Lage“ auch ohne Wundertaten
des Trainers Flick erfassen.
8 Dec 2022
## LINKS
[1] /Nach-Bierhoff-Aus-beim-DFB/!5896739
[2] /Abgang-von-DFB-Teammanager-Bierhoff/!5896744
[3] /Die-Staerken-des-FC-Bayern-Trainers/!5689376
## AUTOREN
Markus Völker
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Hansi Flick
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