# taz.de -- WM-Analyse beim Deutschen Fußball-Bund: Auf verlorenem Posten? | |
> Bei der WM-Analyse des DFB muss vor allem Oliver Bierhoff um seinen Job | |
> bangen. Im Nachhinein wird deutlicher, was auch neben dem Platz | |
> schieflief. | |
Bild: Teammanager Oliver Bierhoff (l.) und Trainer Hansi Flick bei der WM in Ka… | |
Am Mittwoch kommt es wohl zu einer Elefantenrunde. DFB-Präsident Bernd | |
Neuendorf, sein Vize Hans-Joachim Watzke, [1][Bundestrainer Hansi Flick] | |
und Geschäftsführer Oliver Bierhoff wollen sich am Vormittag, so berichten | |
es verschiedene Medien, in Frankfurt am Main treffen. Bierhoff, der schon | |
18 Jahre in diversen Funktionen für den Deutschen Fußball-Bund arbeitet und | |
über ein Heer von 100 Angestellten verfügen soll, geht mit einem „sehr | |
guten Gefühl“ in das Gespräch. | |
Offenbar verlässt er sich auf seine Hausmacht, darauf, dass er in die | |
Strukturen von Fußballdeutschland hineingewachsen ist wie Mycel ins | |
Wurzelwerk eines Baumes. Doch Bierhoff („Fingertipping ist nicht | |
hilfreich“) wird kämpfen müssen um seinen Posten, denn nicht nur Watzke | |
gilt als Bierhoff-Kritiker, auch die deutsche Öffentlichkeit sucht | |
mehrheitlich die Schuld beim früheren Angreifer; in einer kicker-Umfrage | |
waren es 80 Prozent der Befragten. | |
Zur Sprache kommen natürlich auch [2][die Umstände des Vorrunden-Aus der | |
Nationalmannschaft.] In den Tagen nach der verfrühten Heimreise sind immer | |
mehr Details ans Licht gekommen, Informationen, die jene Erzählung, das | |
deutsche Team habe sich gemeinschaftlich für ein symbolisches Zeichen gegen | |
Homophobie und Diskriminierung ausgesprochen, in den Bereich der Fabel | |
verweisen. | |
Das Bild bekommt immer schärfere Konturen, und vorm ersten WM-Spiel der | |
DFB-Auswahl sind wohl sieben Führungsspieler zusammengekommen, um über die | |
Art des politischen Aktivismus in Katar zu beraten. Druck hätten vor allem | |
Leon Goretzka und Manuel Neuer gemacht. Im Raum stand, mit den Händen ein | |
Herz zu formen, was aber keine Mehrheit fand. In den offensichtlich | |
hitzigen Diskussionen um Sinn und Unsinn einer solchen Geste soll ein | |
Nationalspieler das Meeting verlassen haben, weil ihm die Vermengung von | |
Sport und Politik zu weit ging. | |
## „Überrumpelt“ und „instrumentalisiert“ | |
Man einigte sich schließlich auf die Mund-zu-Geste, die dann nicht nur von | |
den Fernsehjournalisten des katarischen Senders Al-Kass verballhornt wurde: | |
Man winkte hämisch zum Abschied und hielt sich den Mund zu. Der Rest der | |
Mannschaft wurde mit dem Ratschluss der Führungsspieler konfrontiert, und | |
das führte offenbar zu Friktionen. Sport 1 schreibt davon, wie sich der | |
eine oder andere „überrumpelt“ fühlte, „instrumentalisiert“ (ARD) gar… | |
ein Nationalspieler klagte über „Gruppendruck“. | |
Oliver Bierhoff soll in der Hochphase der One-Love-Bindendiskussion | |
wiederum Kontakt zu Raphael Brinkert gesucht haben. Brinkert, der beim | |
ersten Spiel der DFB-Auswahl in Doha dabei war, führt eine „Werteagentur | |
(!) für gesellschaftliche Kommunikation, Sport und ökosoziale | |
Transformation“ in Hamburg. BrinkertLück arbeitet eng mit dem DFB zusammen. | |
Brinkerts Einstieg ins Business lief über Jung von Matt/Sports, zusammen | |
[3][mit Christoph Metzelder]. Beide machten sich 2017 mit der | |
Agenturneugründung selbstständig, wollten groß ins Sportmarketing | |
einsteigen. Metzelder schied freilich nach seiner Bewährungsstrafe wegen | |
der Verbreitung kinderpornographischer Inhalte aus. Brinkert entwickelte im | |
September 2021 eine Impfkampagne für den DFB. | |
Zu den Testimonials der Kampagne gehörten unter anderem Bundestrainer Hansi | |
Flick („Schiri, ich hab schon gelb“), Nationaltorwart Manuel Neuer, | |
Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sowie weitere Nationalspielerinnen | |
und Nationalspieler. Die „Werteagentur“ designte darüber hinaus den | |
Wahlkampf der SPD („Aus Respekt für dich“). | |
Brinkert machte deutlich, wie seine Beratung in der Katar-Sache aussieht. | |
Auf Twitter schrieb er: „Wer von Spielern fordert, was Politik, Wirtschaft | |
und Sport nicht leisten, wer Spieler und Verbände beschimpft, die sich | |
engagieren, wer auf Unschuldige tritt, statt ihnen Mut zuzusprechen, der | |
ist vielleicht zu Recht blind vor Wut, macht aber genau das Falsche.“ Und | |
weiter: „Der Fußball gehört nicht den Funktionären, sondern Fußballern und | |
Fans. Mit dem Verbot der Spielführerbinde der westeuropäischen Nationen hat | |
die Fifa das letzte Fünkchen an Glaubwürdigkeit ihrer selbstauferlegten | |
Reform verloren. [4][Die Infantino-Fifa] ist eine Schande.“ | |
Besser hätte es DFB-Präsident Bernd Neuendorf auch nicht sagen können, | |
seines Zeichens SPD-Mitglied und früher Staatssekretär in NRW. Brinkert | |
berät auch noch Nationalspieler Leon Goretzka, der sich als Speerspitze des | |
Protestes im Luxusresort „Zulal“ etablierte und im Dezember 2021 von der | |
SPD auf die Mitglieder-Liste der nächsten Bundesversammlung gesetzt wurde; | |
Goretzka wählte den Bundespräsidenten, SPD-Politiker Frank-Walter | |
Steinmeier. „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten“, sagte der | |
FC-Bayern-Profi. „Wir müssen ein Zeichen setzen“, forderte Bernd Neuendorf. | |
Eine „echte Einheit“ wollte er in Katar gesehen haben. Agentursprech, | |
könnte man sagen, nicht mehr. | |
6 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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